Karrierechancen, Entwicklungsmöglichkeiten und hohes Gehalt versprechen die unterschiedlichsten Stellenanzeigen. Aber sind das überhaupt die richtigen Lockmittel für Fachkräfte? Eine Studie des Portals meinestadt.de bringt Zweifel auf. Was für Akademiker wichtige Aspekte bei der Jobwahl sein mögen, sei für Nicht-Akademiker noch lange nicht zwingend attraktiv. Schon eine Auswertung im März hatte gezeigt, dass Fachkräften vor allem die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes, ein gutes Betriebsklima und ein pünktliches Gehalt wichtig sind.
Daraus ergeben sich auch andere Anforderungen an Stellenausschreibungen. Warum mit einer hohen Vergütung und Karrieremöglichkeiten werben, wenn die angesprochenen Bewerber einen unbefristeten Vertrag und gute Stimmung im Team bevorzugen? Wer einmal eine solche Stelle gefunden hat, braucht gute Argumente, um dennoch zu wechseln.
Die von vielen Unternehmen für akademische Bewerber entwickelten Standard-Versprechen gehen an der Zielgruppe mit Berufsausbildung zum Teil komplett vorbei. Schon der Name „Karriere“ als Bereich auf der Unternehmenswebseite sei eigentlich falsch gewählt, moniert die Studie. Eine Pflegekraft sei weniger an Karriere interessiert als an einem Beschäftigungsverhältnis mit fairen Bedingungen.
Die Top 3 unter den wichtigsten Sicherheitsfaktoren für Fachkräfte sind ein unbefristeter Vertrag, pünktliches Gehalt sowie ein gesundes und stabiles Unternehmen. Bei der Bewerbersuche wären Unternehmen daher gut beraten, genau diese Punkte hervorzuheben. Sicherheit kann auch heißen, dass eine Branche als zukunftweisend erachtet wird. Wenn sich Arbeitgeber unsicher sind, was eigentlich bei der eigenen Belegschaft die wichtigsten Bleibegründe sind, kann eine interne Befragung helfen, die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens zu identifizieren – und damit offensiv in Stellenanzeigen zu werben.
Konkrete Versprechen können bei Bewerbern größeres Interesse auslösen: Steht in einer Stellenanzeige etwa, dass Urlaubsgeld oder Sonderzahlungen zusätzlich zum Gehalt gezahlt werden oder werden konkrete familienfreundliche Arbeitsmodelle skizziert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die gefragten Fachkräfte bewerben.

Eine andere Umfrage hatte jüngst ergeben, dass Arbeitnehmer mit Berufsausbildung außerdem sehr viel Wert auf Freizeit legen. Das hat Sinn: Wer nicht auf Karriere, sondern Sicherheit aus ist, wer nicht viele Überstunden schieben will, weil Aufstieg gar nicht das Ziel ist, der möchte auch jenseits der Arbeit noch etwas vom Leben haben. Deshalb ist auch dies ein Punkt, der in Stellenausschreibungen hineingehört.
Ein Blick auf die Gründe, warum stabilitätsliebende Fachkräfte die Stelle wechseln, offenbart größere Baustellen im mittleren Management. Zwei Drittel der Befragten, die aktuell in ihrem Job unzufrieden sind, geben als Grund mangelnde Wertschätzung durch die Vorgesetzten an. Für Unternehmen ergibt sich daraus, dass es sich durchaus lohnt, Führungskräfte in Kommunikation und anderen Fähigkeiten zu schulen.
10 Tipps zum Employer Branding für Fachkräfte
Nicht-akademische Zielgruppen sind in vielen Branchen gefragt – und immer mehr nicht-akademische Fachkräfte wissen, dass sie als Mitarbeiter begehrt sind. Arbeitgeber sollten hier von „Selektion“ auf „Gewinnen“ umschalten und entsprechende Argumente entwickeln.
„Attraktive Karrierechancen“, „hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten“, die Standard-Leistungsversprechen von Arbeitgebern gehen an Fachkräften mit Berufsausbildung schon im Ansatz völlig vorbei. Die Employer-Branding-Theorie und kommunikative Routinen wurden anhand von akademischen Zielgruppen entwickelt. Deshalb sollten Verantwortliche alles für unbrauchbar erachten, was sie seit Jahren für akademische Zielgruppen mit der größten Selbstverständlichkeit benutzen - und noch einmal neu nachdenken.
Arbeitgeber versprechen häufig, ihr Unternehmen sei der passende Ort für „Karriere“. An den Bedürfnissen der meisten nicht-akademischen Zielgruppen geht das vorbei. Fachkräfte mit Berufsausbildung werden dennoch immer wieder mit Sätzen wie „Jetzt ist die Karriere dran!“ gelockt.
Fachkräfte ziehen Sicherheit anderen Faktoren wie Aufstiegschancen oder Gehalt vor. Arbeitgeber können darauf bereits in der Jobbeschreibung eingehen und unbefristete Verträge, pünktliche Gehaltszahlungen und die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens explizit benennen.
Nicht-akademische Fachkräfte haben Gemeinsamkeiten, sind aber keine homogene Gruppe. Arbeitgeber sollten ihre Kernzielgruppen unter den Fachkräften genau kennen lernen und mit ihnen ins Gespräch darüber kommen, warum sie zu einem Arbeitgeber kommen und warum sie wieder gehen.
Nicht mal jeder Zehnte findet aktuelle Stellenanzeigen sehr überzeugend. Was gut ankommen: Sätze, die konkret auf Urlaubsgeld, Sonderzahlungen oder familienfreundliche Arbeitsmodelle eingehen. Abstrakte und austauschbare Versprechen wie „freuen Sie sich auf eine spannende, vielseitige und verantwortungsvolle Tätigkeit“ fallen durch.
Über Arbeitsatmosphäre und interne Kommunikation wird zwar viel gesprochen, jedoch mangelt es häufig an der Umsetzung. Fast zwei Drittel der Befragten, die aktuell unzufrieden sind in ihrem Job, geben als Grund mangelnde Wertschätzung durch die Vorgesetzten an.
Fachkräfte sind Teamplayer. Fast die Hälfte der Befragten geben an, dass die Arbeit ihnen Sinn verleiht, wenn sie sich als Teil einer Gemeinschaft erleben. Darauf sollten Arbeitgeber eingehen und dieses Bedürfnis ernst nehmen.
Über die Hälfte der befragten Fachkräfte möchte im Job etwas Gutes bewirken. Das ist ein enormes Potenzial für Arbeitgeber, denn es belegt die hohe Motivation der Mitarbeiter. Unternehmen sollten daher die Sinnhaftigkeit der jeweiligen Tätigkeit thematisieren.
Nähe zur Heimat oder zur vertrauten Umgebung spielt besonders für nicht-akademische Fachkräfte eine große Rolle. Kein Krankenpfleger wird von Nürnberg nach Köln, keine Busfahrerin von Essen nach Berlin ziehen, wenn sie nicht private Gründe treiben. Fachkräfte haben in immer mehr Mangelberufen heute die Wahl – auch vor der eigenen Haustür.
Quelle: meinestadt.de
Als attraktiv wahrgenommen werden auch Arbeitgeber, die das Gemeinschaftsgefühl stärken. Fast die Hälfte der Befragten gibt an, dass sie ihre Arbeit dann als sinnvoll erleben, wenn sie sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen. Dieses Bedürfnis ernst zu nehmen, kann für Arbeitgeber der entscheidende Vorteil bei der Fachkräftesuche sein. Teamevents, gute interne Kommunikation und ein ehrlicher Umgang miteinander sollten mehr Bedeutung einnehmen als bisher. Empfehlenswert kann es auch sein, eine Art Unternehmenscharta zu verfassen – gemeinsame Werte, die man in der Firma hochhält.
Bei alldem sollten Arbeitgeber aber nicht einfach nur zwischen Akademiker und Nicht-Akademiker unterscheiden. Gerade Fachkräfte sind keine homogene Gruppe, die genannten Trends sind lediglich die auffälligsten Gemeinsamkeiten. Eine Pflegefachkraft hat andere Interessen als eine aus dem Einzelhandel. So sollten Unternehmen genau analysieren, wie ihre Kernzielgruppe tickt und was bei der Rekrutierung genau dieser Leute wichtig ist. Auch hierfür lohnt es sich, die bereits beschäftigten Fachkräfte im Unternehmen zu befragen.