Fachkräftemangel Deutschland ist bei Arbeitskräften aus dem Ausland beliebt wie nie

Fachkräftemangel in Deutschland Quelle: imago images

Unternehmen suchen Fachkräfte, der heimische Arbeitsmarkt hat zu wenige - es könnte so gut zusammenpassen, dass Deutschland Arbeitnehmer aus aller Welt anzieht. Welche Probleme bevorstehen, zeigt eine Studie.

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Obwohl in Berlin derzeit kein Thema so umstritten ist wie die Einwanderungspolitik der Bundeskanzlerin, dürften sich die Streithähne in einem Punkt einig sein: Der deutsche Arbeitsmarkt braucht Zuwanderung. Ohne sie wird Deutschland langfristig nicht in der Lage sein Wachstum und Wohlstand zu erhalten. Schon heute gibt es zum Beispiel in der Pflege und im Handwerk zu wenige Fachkräfte. Unternehmen in der Provinz finden für so manche Stelle keine geeigneten Bewerber. 

Umso mehr Grund zur Freude liefert eine neue Befragung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) und der Onlinestellenbörse Stepstone. Sie haben weltweit 366.000 Menschen gefragt, in welchen Staaten sie gerne arbeiten würden. Und siehe da, Deutschland ist bei ausländischen Arbeitnehmern so beliebt wie kaum ein anderes Land. Nur die USA liegen im Kampf um Arbeitskräfte vor der Bundesrepublik.

Etwa jeder vierte Studienteilnehmer kann sich demnach vorstellen, hierzulande zu arbeiten. „Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands und die guten Arbeitsbedingungen sind weltweit bekannt“, begründet Stepstone-Geschäftsführer Sebastian Dettmers das Ergebnis. Hinzukomme der exzellente Ruf als Technologieland. Bei der Vorgängerumfrage aus dem Jahr 2014 musste Deutschland noch Kanada und Großbritannien den Vortritt lassen, landete nur auf dem vierten Platz der beliebtesten Arbeitsdestinationen.

Seitdem hat sich einiges geändert. Während das Vereinigte Königreich den Brexit vorantriebt und damit ausländische Arbeitskräfte verunsichert, hat sich Deutschlands Image gewandelt. „Die deutsche Willkommenskultur macht uns bei Arbeitnehmern in Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten beliebt“, sagt Rainer Strack, Senior Partner und Personalexperte bei BCG. Auch Dänen, Polen, Rumänen oder Spanier, die 2014 noch am liebsten nach Großbritannien gehen wollten, haben sich diesmal überwiegend für die Bundesrepublik entschieden. Und das obwohl die englische Sprache immer noch häufig als Kriterium für die Arbeitsplatzwahl herangezogen wird.

Doch vor allem gut ausgebildete Leute scheint die Sprachbarriere nicht abzuhalten. In einer gesonderten Analyse haben die Studienautoren untersucht, wohin es die heißbegehrten Talente zieht. Und siehe da: Auch bei den unter 30-Jährigen, Masterabsolventen, Promovierten und Digitalexperten rangiert Deutschland auf dem zweiten Platz direkt hinter den USA. „Um diese Talente reißt sich die ganze Welt“, sagt Strack. Die Voraussetzungen sind also gut. Nun müssen Wirtschaft und Politik zu sehen, dass diese Beliebtheit auszunutzen und die benötigten Fachkräfte ins Land zu locken.

Denn trotz der positiven Ergebnisse gibt die Studie auch Hinweise auf mögliche Probleme, die in den nächsten Jahren auf deutsche Unternehmen zukommen könnten. Insgesamt nimmt die Bereitschaft nämlich ab, für den Job in ein anderes Land zu ziehen. Waren 2014 noch 64 Prozent der Befragten bereit ihre Heimat für eine Stelle im Ausland zu verlassen, sind es in diesem Jahr nur noch 57 Prozent.

Vom diesem Rückgang besonders stark betroffen sind Länder, die in den vergangenen Jahren an wirtschaftlicher Stärke hinzugewonnen haben. Etwa Polen, Rumänien, Ungarn und Kroatien – Staaten aus denen traditionell viele Arbeitskräfte nach Deutschland kommen. Das könnte für den deutschen Arbeitsmarkt zum Problem werden. „Wenn sich dieser Trend fortsetzt“, warnt Strack von BCG, „könnten Deutschland künftig benötigte Fachkräfte fehlen.“ Denn schon heute würden viele dieser osteuropäischen Arbeitnehmer in so genannten Engpassberufen zum Beispiel als Pflegekraft oder IT-Spezialisten arbeiten.

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