Gaming Diese Videospiele gehören in den Lebenslauf

Gamer lernen manche Fähigkeiten spielend, wie hier auf der Videospielmesse Gamescom in Köln.  Quelle: dpa

Videospiele genießen noch immer einen zweifelhaften Ruf. Zu unrecht. Denn in den richtigen Spielen lernen Gamer Führungsstärke, strategische Weitsicht – und bisweilen auch Frustrationstoleranz.

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Für viele Eltern könnte dieser Text zum pädagogischen Problem werden. Denn normalerweise sind Computer- und Videospiele in der Kindererziehung etwas, das verboten, begrenzt und argwöhnisch beobachtet wird. Doch glaubt man wissenschaftlichen Studien und praktischen Erfahrungen, sollte sich das ändern. Menschen, die in virtuellen Welten Abenteuer erleben, haben dabei nicht nur Spaß haben, sondern lernen viele Dinge, die für die Karriere hilfreich sein können. Sie können damit zunehmend auf Verständnis hoffen: Da mittlerweile mehr als die Hälfte der Deutschen zumindest gelegentlich spielt, sitzen auch an den personalentscheidenden Stellen in Unternehmen immer häufiger Gamer. Die folgenden Fähigkeiten, die in der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts wichtig sind, können Videospieler perfektionieren.

Führungsfähigkeiten 

Im Rollenspiel World of Warcraft bevölkern gleichzeitig viele tausend menschliche Spieler die Fantasiewelt von Azeroth und bestehen gemeinsame Abenteuer. Spieler schließen sich zu so genannten Gilden zusammen und koordinieren über Wochen und Monate ihre Strategien, um die mächtigsten Gegner zu erledigen. Dabei nehmen sie unterschiedliche Rollen ein, stehen ständig im Austausch – ähnlich wie in einem virtuellen Team im Unternehmen. Die Anführerinnen und Anführer der Gilden bestimmen nicht nur die Kampftaktiken, sondern sorgen auch für gute Stimmung im Team, falls jemand mit seiner Rolle nicht zufrieden ist – und motivieren ihre Mitstreiter auch am Wochenende früh morgens zur Schlacht zu erscheinen. 

Ökonomisches Verständnis

Wie verändert sich die Nachfrage nach Schwermetallen, wenn in einem Sternensystem ein Krieg ausbricht? Was passiert mit der Spielwährung, wenn viele neue Spieler in den Markt eintreten? Und welche Rohstoffe sind nötig, um ein Raumschiff der Titan-Klasse zu bauen – und wie kann man sie in galaxieweiten Tauschgeschäften bekommen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Spieler der Weltraumsimulation Eve Online. 

Statt in waghalsige Flugmanövern im Vakuum stürzen sie sich in endlose Tabellen und Warenstatistiken, um für ihre aus vielen Hundert menschlichen Mitspielern bestehende Fraktion einen Vorteil zu erwirtschaften. Bei der größten Schlacht der Spielegeschichte wurden übrigens Schiffe vernichtet, in welche die Teilnehmer zuvor virtuelle Spielwährung im realen Wert von einer Viertelmillion Euro investiert hatten Wer diese Ökonomie durchschaut, kann das auch im echten Leben für Banken und Forschungsinstitute tun.

Strategische Weitsicht 

Jeder Mensch kann in Geschichtsbüchern nachlesen, wie die größten Zivilisationen der Menschheit entstanden und zerfallen sind. In Strategiespielen wie Europa Universalis 4 oder Civilization übernehmen die Teilnehmer selbst die Schalthebel ganzer Nationen und Weltreiche. Spieler steuern die Geschicke eines Staates über viele hundert Jahre und mehrere Epochen. Dabei treffen sie Entscheidungen über Religion, Handel oder die Staatsform, ziehen in Kriege und handeln Friedensverträge aus. Wer aus dem osmanischen Reich eine Weltmacht entstehen lässt oder das mittelalterliche Kastilien in die Moderne führt, dem kommt der Arbeitsalltag in der heutigen Unternehmenswelt unterkomplex vor. Insbesondere für das Spiel Civilization haben Managementforscher um Alexander Simons von der Universität von Liechtenstein in einer Studie einen Zusammenhang zwischen Spiel- und Managementfertigkeiten gefunden. 

Frustrationstoleranz

Ein normaler Impuls jeder Spielerin und jedes Spielers ist es, in Momenten des Scheiterns die Maus oder den Controller an die Wand werfen zu wollen. Allein schon aus Kostengründen lernt man dabei schnell, dass es sich nicht lohnt, das teure Spielgerät zu zerstören – sondern einfach besser zu werden. „Get good" ist ein häufiger Rat in Onlineforen, wenn frustrierte Einsteiger sich über die Schwierigkeit eines Spiels beklagen. Und meistens stimmt es: Videospiele sind nie so designt, dass sie nicht zu meistern wären. Wer besser wird, schafft auch die anfangs unüberwindbar scheinenden Hürden. Und nimmt diese Lektion mit in den Berufsalltag. 

Geschick am Rechner

Wer auf einem guten Niveau Strategiespiele wie Starcraft oder Actionrollenspiele wie League of Legends spielt, bringt auch seinen Körper an die Leistungsgrenze. Auf mehrere Hundert Aktionen pro Minute, also Klicks und Tastendrucke, bringen es die besten Spieler. Auch die als Ballerspiele verpönten Counter-Strike oder Call of Duty schulen körperliche Fähigkeiten wie das räumliche Vorstellungsvermögen, die Hand-Auge-Koordination und die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit schnell und gezielt zu steuern. Wissenschaftler von der Radboud Universität Nijmegen haben diese Vorteile in einem Forschungspapier zusammengefasst. Jeder der am Rechner arbeitet (und dazu gehören heute die meisten Wissensarbeiter), kann davon profitieren. Besonders natürlich in grafischen Berufen, also etwa Designer und Konstrukteure.

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