Jobsuche "Bewerbungsgespräch ist wie ein Rendezvous "

Vor dem Bewerbungsgespräch bekommt der Bewerber oft Tipps, wie er sich zu verhalten hat. Nicht immer sind sie hilfreich. Zwei Personalexperten erzählen, welche Regeln zu beachten sind und was im Gespräch wichtig ist.

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Personaler legen im Gespräch wert auf eine gute Vorbereitung. Quelle: Unsplash

Die Jobsuchmaschine Jobrapido hat fünf vermeintlich hilfreiche Tipps zusammengestellt, mit deren Hilfe der Bewerber beim Vorstellungsgespräch einen guten ersten Eindruck hinterlassen soll. Die Personalexperten Felicitas von Kyaw und Jürgen Hesse ordnen ein, wie hilfreich diese Tipps wirklich sind und worauf es ihnen bei Bewerbern ankommt.

Aufs Gespräch vorbereiten

Jobrapido rät dazu, sich vorab auf der Homepage des Unternehmens oder in sozialen Netzwerken über das Unternehmen zu informieren. Im Gespräch biete das die Möglichkeit, mit gezielten und wohlüberlegten Fragen zu zeigen, dass man die Branche kenne. Zudem hinterlasse es einen guten Eindruck, wenn man die Antworten notiert habe. So zeige man seinem Gegenüber, dass man Wert auf seine Informationen lege.

Zur Person

„Grundsätzlich ist es richtig, sich Fragen zu überlegen und mitzuschreiben“, sagt Hesse. Allerdings müsse man dabei den richtigen Rahmen finden: „Der Personaler sollte nicht das Gefühl bekommen, protokolliert zu werden.“

Felicitas von Kyaw erwartet mehr Vorbereitung: „Eine einfache Onlinerecherche reicht nicht aus.“ Auch der Bewerber müsse sich überlegen, was er selber will und von dem Unternehmen als Arbeitgeber erwartet. „Der Bewerber sollte sich ein ganzheitliches Bild verschaffen, sich auch über seine Motivation, die Position und Aufgaben im Unternehmen bereits im Vorfeld Gedanken machen.“ Immerhin müsse auch der Bewerber dann in dem Gespräch feststellen, ob das Unternehmen und die Rolle tatsächlich zu ihm passt. Von Kyaw kommt es in diesem Zusammenhang auf die Fragen an: „Stellt ein Bewerber im Gespräch keine, fällt mir das negativ auf. Es ist eine ungenutzte Chance.“


Die richtige Kleidung

Der nächste Tipp dreht sich um das Outfit. Jobrapido empfiehlt, nicht nur auf ein gepflegtes Äußeres zu achten, sondern sich auch modisch der Stelle anzupassen, auf die man sich beworben hat. So sollten Leute, die bei einer Bank vorsprechen, auf Jeans verzichten. Bewerber für Kreativagenturen sollten hingegen nicht im Anzug erscheinen.

Hesse und von Kyaw stimmen zu: „Die richtige Kleiderwahl gehört zu den grundlegenden Umgangsformen, die eingehalten werden sollten", sagt von Kyaw. Dafür gibt es aber keine pauschale Lösung, man sollte sich am Umfeld und der Rolle orientieren.


Selbstbewusstsein zeigen

Wenn es nach Jobrapido geht, sollte der Bewerber im Gespräch ein „gesundes Selbstbewusstsein“ zeigen – das sei der Schlüssel zu einem erfolgreichen Vorstellungsgespräch. Ein großer Teil der Wirkung würde mit der Körperhaltung erzielt: Am besten sei es, auf eine gerade Haltung zu achten, die Arme nicht zu verschränken und es sich nicht zu bequem auf dem Stuhl zu machen. Dabei sei allerdings viel Fingerspitzengefühl gefragt, um nicht gleich steif oder sogar überheblich zu wirken. Das Ganze heiße aber natürlich nicht, dass man seine eigene Persönlichkeit verstecken oder sich völlig verstellen solle.

„Bei Souveränität geht es nicht nur um Körperhaltung", sagt Hesse. Wichtig sei das Gesamtpaket: „Sie können einen Professor Doktor vor sich sitzen haben, wenn er schlecht riecht, stellen sie ihn auch nicht ein.“ Um souverän zu wirken, sei es nicht nur wichtig, selbstbewusst zu sein, man sollte auch andere Kriterien wie Aufgeschlossenheit, Kleidung oder Pünktlichkeit erfüllen.

Auch von Kyaw achtet bei Souveränität nicht nur auf Körperhaltung: „Um souverän zu wirken, ist die Vorbereitung wichtig. Gute Selbstreflexion und eine vernünftige Selbsteinschätzung gehören dazu.“ Dazu gehöre auch, sich klar zu machen, was man sich von dem Unternehmen und der konkreten Position erhofft. Um sich nicht selbst zu loben sei es hilfreich, andere Menschen in Bezug auf sich zu zitieren. Aber auch kleine Fauxpas seien kein Drama: „Ich persönlich sehe darüber hinweg, wenn jemand anfangs aufgeregt ist. Das ist doch nur natürlich“, sagt von Kyaw. Denn nicht nur Souveränität, auch die persönliche Note, Menschlichkeit und Enthusiasmus seien wichtige Einstellungskriterien: „Es ist okay, Humor zu zeigen und gemeinsam zu lachen, wenn eine Kaffeetasse umfällt.“

Schwächen (nicht immer) zugeben

Jobrapido legt dem Bewerber nahe, Lücken im Lebenslauf nicht zu vertuschen oder zu schönen, sondern lieber schlüssig zu erklären. Man sollte gleichzeitig keine Eigenschaften angeben, die man später im Job nicht vorweisen könnte. Lügen seien „ein Kartenhaus, das schnell zusammenfallen kann.“

„Man muss grundsätzlich nicht alles erzählen“, sagt Hesse. Ehrlichkeit sei so eine Sache: die eine Hälfte der Personaler würde sie honorieren, die andere nicht. „Ein Bewerbungsgespräch ist ein bisschen wie ein Rendezvous, man wirbt für sich. Da zählt man nicht schon am Anfang seine Schwächen auf.“ Grundsätzlich müsse man abwägen, wie offen und ehrlich man über seine Probleme redet. „Kein Personaler glaubt einem, dass man der Tollste und Beste ist“, sagt Hesse. „Da muss man ja nicht nochmal extra die Schwächen aufzählen.“

„Der Bewerber muss sich darüber im Klaren sein, dass er mit dem Unternehmen eine Beziehung eingeht“, sagt von Kyaw. Die Frage sei, ob er wolle, dass die Beziehung von Anfang an auf Lügen basiere. Von Kyaw würde zur Gradlinigkeit raten. Lücken im Lebenslauf seien zunehmend Normalität, der Bewerber sollte dann eher versuchen hervorzuheben, wie er damit umgegangen ist. Grundsätzlich sollte der Bewerber natürlich versuchen, die Dinge in den Vordergrund zu rücken, die für ihn sprechen.


Handy ausschalten

Ein Vibrationsalarm oder lautes Handyklingeln während des wichtigen Termins seien kein Kavaliersdelikt, warnt die Jobsuchmaschine – und ans klingelnde Handy ranzugehen erst recht nicht. Man suggeriere dem Personalchef damit, dass man ihn nicht wirklich respektiere. „In der Regel kann man die Stelle, für die man sich beworben hat, nach einem solchen Auftritt im Vorstellungsgespräch abschreiben.“

Hesse stimmt zu: „Sobald ich die Firma betrete, mache ich das Handy aus.“

Für von Kyaw dagegen ist ein klingelndes Handy kein Ausschlusskriterium, wenn der Rest stimmt: „Grundsätzlich dient ein Vorstellungsgespräch dazu sich bewusst füreinander Zeit zu nehmen, dabei stört ein Handy. Wenn es doch klingelt, einfach ausmachen und kurz entschuldigen.“ Deutschland sei in dieser Hinsicht noch etwas konservativ: „In anderen Ländern liegen die Handys in Besprechungen immer auf dem Tisch.“

Fazit

Grundsätzlich raten die Bewerbungsexperten, das Gespräch entspannt anzugehen. Das Allerwichtigste sei die gute Vorbereitung: „Vieles ist ganz einfach, wenn man es mal richtig durchdenkt“, sagt Hesse. Es gehöre dazu, bei einem Vorstellungsgespräch nervös zu sein, das wüssten die Personaler auch. Auch von Kyaw rät dem Bewerber gelassen zu bleiben: „Der Arbeitsmarkt wird immer offener und die Rollen verändern sich.“ Ein Arbeitsverhältnis sei wie ein Tanz, den man nur zusammen gut tanzen könne. Das sei auch den Unternehmen klar.

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