Karriere

Das sind die Bewerbungstrends 2016

Simone Janson Freie Autorin

Was ändert sich bei der Jobsuche im kommenden Jahr? Und worauf müssen Bewerber achten? Ein Überblick der wichtigsten Bewerbungstrends. Eine Kolumne.

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Die fiesesten Fragen im Vorstellungsgespräch
„Wie viele Briefkästen der Deutschen Post stehen auf den Straßen Deutschlands?“ Quelle: dpa
„Wie viele Smarties passen in einen VW-Bus?“ Quelle: dpa
„Sie steigen in den Aufzug ein und im Aufzug befindet sich der CEO. Was würden Sie ihm sagen, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen?“ Quelle: REUTERS
Wenn Sie alle Wohnungen in NRW mit Parkett ausstatten wollen würden, wie viel Holz müsste im Schwarzwald abgeholzt werden?“ Quelle: dpa
„Wie viele Cappuccinos werden täglich in Manhattan verkauft?“ Quelle: dpa
„Wenn der Schokoriegel „Mars” eine Person wäre, wie wäre sie?” Quelle: dpa
Der Leiter der Lufthansa Cargo Animal Lounge, Axel Heitmann, hält am Flughafen in Frankfurt am Main einen Regenwurm aus China in seiner Hand Quelle: dpa

Die Zukunft Personal ist Europas größte Personalfachmesse. Jedes Jahr im Herbst lassen sich in Köln die wichtigsten Entwicklungen der Zukunft beobachten. In diesem Jahr war das Schlagwort „Arbeiten 4.0“ besonders prominent vertreten. Auch 2016 wird der digitale Wandel der Arbeitswelt das wichtigste Thema sein.

Allmählich ist die Digitalisierung auch im kleinsten Betrieb angekommen, doch dort verbreitet sie häufig Angst – vor einem Arbeitsplatzverlust durch Roboter und Automatisierung. Diese Angst ist allerdings übertrieben.

20 fiese Fragen, 20 clevere Antworten im Vorstellungsgespräch

In einem Interview wurde ich kürzlich gefragt, ob Lebensläufe künftig in einen Tweet passen, ob mobile Bewerbungen und Apps wie Truffls oder Selfiejobs 2016 ihren Durchbruch erleben oder ob mehr Vorstellungsgespräche per Skype geführt werden. Das zeigt, wie sehr technische Spielereien und Hype-Themen die Diskussion um die Arbeitswelt von morgen dominieren. Viel entscheidender ist, wie es den Menschen in dieser Arbeitswelt geht.

Schon 2015 wurde das Jahr der Kandidaten ausgerufen. Der Begriff suggeriert, dass junge Berufstätige alle Auswahlmöglichkeiten haben und Arbeitgeber verzweifelt auf der Suche sind – Stichwort Fachkräftemangel. Das stimmt aber nur für diejenigen Kandidaten, die die passenden Qualifikationen mitbringen. So sprach etwa der Verein Deutscher Ingenieure, der lange eine Fachkräftelücke prognostiziert hatte, in diesem Jahr plötzlich vom Gegenteil. Und auch hier ist die Digitalisierung Schuld, die schneller voranschreitet als Ausbildungsgänge nachkommen – da täte so manches Unternehmen gut daran, in die Weiterbildung der Mitarbeiter zu investieren anstatt ständig nur zu klagen.

Bewerbungsstrategien für den Traumjob

Oft liegt es auch am Mismatching zwischen Bewerbern und Unternehmen, sagt der Verkaufstrainer Oliver Schumacher: „Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen scheuen sich vor klaren Stellenbeschreibungen, in welchen steht, welche konkreten Aufgaben von den Mitarbeitern erwartet werden. Doch woher sollen Mitarbeiter wissen, was genau zu ihren Aufgaben gehört – und was nicht?“ Und genau das werden sich in Zukunft immer weniger Unternehmen leisten können. 

Auch ein schönes Schlagwort ist Jobsharing, ausdrücklich auch für Führungspositionen: Zwei qualifizierte Mitarbeiter bewerben sich gemeinsam auf eine Stelle und füllen diese dann zu je 50 Prozent aus. Der Berater Jan Thomas Otte kritisiert die praktische Umsetzung lakonisch: „Wäre ja schön, wenn das Jobsharing klappt. Bisher heißt das Teilzeit, zweimal 75 Prozent – der Chef hat eine halbe Stelle eingespart und tut gleichzeitig was fürs familienfreundliche Image.“ Die große Herausforderung für 2016 wird indes die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt sein. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang die Kreativität und das Engagement von vielen Initiativen, Helfern und Unternehmen, die Flüchtlinge bei Bildung und Integration unterstützen.

Die nächste Generation der Industrie wird den Arbeitsmarkt umkrempeln. Skeptiker fürchten Stellenstreichungen, doch tatsächlich entstehen mit der Digitalisierung völlig neue Beschäftigungsbereiche. Die Jobs der Zukunft.

Hat der Lebenslauf ausgedient?

Ganz sicher auf dem Vormarsch ist People Analytics. Mit Hilfe von Algorithmen wollen Personaler das Verhalten oder die Eignung von Mitarbeitern für bestimmte Aufgaben voraussagen. Auch wenn die Aussagekraft solcher Algorithmen umstritten ist und sowohl ethisch als auch datenschutzrechtlich problematisch ist, klingt es doch zu verlockend, aufs Knöpfchen zu drücken, um eine vermeintlich perfektes Persönlichkeitsprofil zu erhalten. Das läuft schon heute so. Zum Beispiel beim „Klout Score“, mit dem Personalabteilungen gerne mal überprüfen, wie viele Likes und Shares ein potentieller Mitarbeiter in den Sozialen Netzwerken erhält. Dabei ist das Tool recht einfach zu manipulieren und somit nicht verlässlich. Doch Bequemlichkeit siegt.

Übergänge gut begründen

Diesen Trend zur Kürze sollten daher auch Bewerber nutzen. So empfiehlt Bewerbungsberaterin Maja Skubella ein Deckblatt, das als „QuickReader“ dem eigentlichen  Lebenslauf vorgelagert ist und Entscheider zum Weiterlesen motivieren soll: „Stichpunktartig werden die wichtigsten Fakten gebündelt. Was ist wirklich wichtig für den Leser? Erkennt er klar Ihre Positionierung? Beschränken Sie sich auf fünf bis sieben Punkte.“

Überhaupt hat der klassische Lebenslauf ausgedient, man darf auch mal Mut zur Lücke haben – etwa durch Sabbaticals oder Pflegezeiten in der Familie. Das bestätigt auch Sophia von Rundstedt, Geschäftsführerin der Karriereberatung v.Rundstedt & Partner: „Fünf Jahre ist man Führungskraft in einem Unternehmen, darauf folgen zwei Jahre Projekteinsatz und dann eine längere Auszeit für die Familie, bevor man wieder in leitender Position einsteigt oder sich selbstständig macht.“

Dieses Verhalten nervt die Personaler

Dabei sollte man die  Übergänge aber gut begründen, sagt Anke Wiesner, Senior Manager Brand & Candidate Marketing bei der Online-Stellenbörse Monster: „Ein konkretes berufliches Ziel vor Augen ist immer besser. Doch auch mit dem einen oder anderen Branchenwechsel können Sie eine positive Wirkung erzeugen. Wichtig ist, dass Sie ihre Flexibilität und das gewachsene, breite Wissen betonen.“ Berater Mario Neumann empfiehlt Bewerbern daher, immer ehrlich gegenüber sich selbst sein – erst recht bei Führungsaufgaben: „Bin ich tatsächlich bereit für den Job? Habe ich neben dem fachlichen Können auch die soziale Kompetenz? Und beherrsche ich den Spagat zwischen Einfühlung und Konsequenz?“

Reputationsmanagement als Zukunft der Bewerbung?

Wie sieht sie aber denn nun aus, die Zukunft der Bewerbung? Mobil den Lebenslauf einfach ins Bewerbermanagement-System einzuspeisen – das klingt theoretisch gut, aber praktisch müssen viele Firmen spätestens seit dem Google Update ihre mobilen Karriere-Seiten nachbessern. Und in Sachen mobile Bewerbung haben sie noch mehr Nachholbedarf, die meisten Systeme sind für die schnelle mobile Nutzung von unterwegs nicht geeignet.

Bewerbungen via Xing und LinkedIn könnten hier die praktischere Alternative sein. Beide Business-Netzwerke verändern sich derzeit enorm. Facebook wird weiterhin eher ein privates Netzwerk bleiben, das sehen auch Personalabteilungen so. Und WhatsApp wurde 2015 erstmals von Unternehmen für die Kommunikation mit Bewerbern genutzt, ist allerdings als Bewerbungskanal etwas unhandlich – auch aus Datenschutzgründen, benötigen Unternehmen doch hier die Handynummer der Kandidaten.

Was bleibt also? Doch weiterhin Bewerbungen über Online-Stellenbörsen? Oder vielleicht am Ende gar keine Bewerbung? Immer mehr Unternehmen installieren Mitarbeiter-Empfehlungsprogramme: Wer erfolgreich einen neuen Kollegen vermittelt, bekommt einen Bonus. Und das aus gutem Grund, sagt Managementexpertin Anne Schüller : „Die durch eine Empfehlung gewonnenen Mitarbeiter sind meist die wertvollsten: Sie kommen schneller an Bord, sie passen besser, sie integrieren sich reibungsloser, sie bleiben länger, sie arbeiten engagierter, sie sind produktiver, und sie werden selbst eher als Empfehler aktiv.“

Es menschelt also in Unternehmen, und das Reputationsmanagement ist auf dem Vormarsch. Brauchen wir da überhaupt noch Arbeitszeugnisse? Für Tanja Merkens, Gutachterin der Plattform Arbeitszeugnis-bewerten.de sind diese mit ihren antiquierten Geheimcodes ein Relikt längst vergangener Tage. Der Trend gehe zu guten, fairen und transparenten Zeugnissen: „Arbeitsleistung sollte jährlich dokumentiert werden! Beurteilungsbögen sind in größeren Unternehmen längst üblich, aber auch für KMU sinnvoll. Denn die Fremd- und Selbsteinschätzung erfolgt gemeinsam mit den Beschäftigten und spart so bei der Zeugniserstellung viel Aufwand. “

Ausblick

Transparenz, Fairness, Vertrauen und gute Zusammenarbeit – vielleicht sind das ja, unbenommen aller technischer Spielereien,

die wahren Trends für die Arbeitswelt 2016. Oder wie Coach Ulrike Stahl sagt: „Indem wir teilen, Verbundenheit und Vertrauen schenken, werden wir auch öfter den Weg der Kooperation wählen, bessere Ergebnisse erzielen und vielleicht auch Vorbilder werden, die unsere Arbeitswelt und Gesellschaft so dringend braucht.“

Die Autorin betreibt das Blog "Berufebilder". Sie können auch über Twitter mit ihr in Kontakt treten.

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