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Karriereleiter

Wie Sie auf Diskriminierung bei der Jobsuche reagieren

Simone Janson Freie Autorin

Frauen sollten am Herd stehen, Ossis und Migranten haben bei der Bewerbung weniger Chancen und mit 35 ist man für manchen Job schon zu alt - klingt absurd, kommt aber noch viel zu häufig vor. Was können Bewerber tun?

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Hier verdient „Frau“ weniger als „Mann“
Versicherungskauffrau/-mannWenn frau Versicherungen verkauft, dann nicht für denselben Lohn wie ihre Kollegen. Das zeigt der Gehaltscheck der Hans-Böckler-Stiftung. Während Versicherungsfrauen monatlich einen Bruttolohn von 3012 Euro erhalten, bekommt ihr männlicher Arbeitskollege für dieselbe Tätigkeit über Tausend Euro mehr, nämlich 4160 Euro. Die Differenz zwischen den Gehältern liegt somit bei 28 Prozent. Quelle: dpa
Köchin/KochWer in Restaurants oder Kantinen den Kochlöffel schwingt und noch dazu weiblich ist, für den fällt die Lohnabrechnung am Monatsende eher gering aus. Nur 1800 Euro brutto verdienen Köchinnen, während ihre männlichen Kollegen fast 400 Euro mehr bekommen, nämlich 2179 Euro. Die Differenz liegt dadurch bei 17 Prozent. Quelle: dpa/dpaweb
Sozialarbeiter/-inAuch bei Sozialarbeitern wird die Gehaltsschere zwischen den Geschlechtern immer größer und liegt nun bei 16 Prozent Unterschied. Während Männer monatlich 3326 Euro brutto verdienen, bekommen Sozialarbeiterinnen nur 2808 Euro für ihren Job. Rechnet man alle Berufe zusammen stehen bei Frauen übrigens durchschnittlich 4291 Euro brutto auf der Lohnabrechnung am Monatsende, bei Männern sind es 5337 Euro. Quelle: dpa
Chemiker/-inAuch im Labor hat „frau“ schlechte Karten. Chemiker verdienen monatlich rund 5237 Euro brutto pro Monat, ihre weiblichen Kollegen müssen sich dagegen mit rund eintausend Euro weniger (4291 Euro) begnügen. Damit verdient „mann“ in diesem Beruf 18 Prozent mehr als „frau“. Quelle: obs
Bauleiter/-inDer Bau ist nach wie ein männerdominierter Beruf – bei den großen Gehaltsunterschieden in dieser Branche kaum verwunderlich. Frauen verdienen als Bauleiter rund 500 Euro weniger pro Monat (3133 Euro) als ihre männlichen Kollegen (3614 Euro). Quelle: AP
Bankkauffrau/-mannAuch in der Bankenbranche sind die Gehaltsunterschiede weiterhin groß. Während Bankkaufmänner durchschnittlich 4055 Euro pro Monat verdienen, kommen Bankkauffrauen nur auf 3290 Euro und verdienen somit 19 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Quelle: dpa
Krankenschwester/-pflegerErstaunlich gering sind die Lohndifferenzen bei Krankenpflegekräften. Krankenschwestern kommen durchschnittlich auf ein Gehalt von 2425 Euro brutto pro Monat, Krankenpfleger auf 2613 Euro. Damit besteht nur 7 Prozent Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern. Quelle: dpa

Kürzlich wurde in den sozialen Netzwerk der Fall von Anne-Luise diskutiert. Die hatte in einem offenen Brief auf Edition F die Diskriminierung, die ihr bei einer Bewerbung widerfahren war, publik gemacht: In der dritten Bewerbungsrunde hatte sie den Job an einen männlichen Bewerber verloren. Der Grund: ihre zwei Kinder. Der männliche Konkurrent habe zwar auch ein Kind, da aber bleibe die Frau zu Hause, teilte man ihr hinter vorgehaltener Hand mit. Dass Anne-Luises Kinder durch Kita und Ehemann betreut werden, zählte nicht. Denn Frauen und Mütter gehören an den Herd - zumindest für diesen Personaler.

Leider nur ein Beispiel, wie stark Vorurteile noch immer wirken - Willkommen im Absurdistan deutscher Personalabteilungen. Dabei betrifft die Diskriminierung längst nicht nur Frauen, sondern zum Beispiel auch Migranten.

Diese Unternehmen bieten die besten Karrierechancen für Frauen

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration etwa verschickte für seine Studie "Diskriminierung am Arbeitsmarkt" jeweils zwei Bewerbungen an 1794 Unternehmen - eine von einem türkischen und eine von einem deutschen Bewerber. Die deutschen Bewerber erhielten deutlich öfter Einladungen zum Vorstellungsgespräch.

2010 sorgte ein außergewöhnlicher Streitfall vor dem Landgericht Stuttgart für Aufsehen: Eine Bewerberin war nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden und hatte daraufhin ein Fensterbauunternehmen wegen Diskriminierung verklagt. Der Grund: Die Frau aus Ostdeutschland hatte mit der Absage des Arbeitgebers ihre Bewerbungsmappe mit der Post zurückerhalten. Auf den Unterlagen stand in fetter Schrift das Wort „OSSI“ geschrieben – daneben prangte ein dickes Minus-Zeichen. Der Streit endete damals mit einem Vergleich.

Wäre es nicht so traurig, man möchte darüber lachen. Zwar soll das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) "Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität" verhindern. Es führt in der Praxis jedoch dazu, dass Bewerber viel zu selten überhaupt den Grund für eine Ablehnung erfahren. Die Unternehmen haben Angst, verklagt zu werden - auch wenn ein Verfahren den Bewerber Zeit, Geld und Nerven kostet.

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