Kündigungstipps für Vorgesetzte Wie Sie kündigen ohne ihr Gesicht zu verlieren

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Vor welchen Reaktionen der betroffenen Mitarbeiter sich die Chefs am meisten fürchten

Ist die Vorbereitung abgeschlossen, sind für das eigentliche Gespräch drei Fragen entscheidend: Wer? Wann? Und wie? „Kündigen sollte immer der direkte Fachverantwortliche im persönlichen Gespräch“, sagt Heike Cohausz. Alles andere könnten die Betroffenen als herabwürdigend empfinden. Sinnvoll ist zudem, wenn dem Gespräch ein Personaler beiwohnt. Und sei es nur als Zeuge.

Der ideale Zeitpunkt sei indes der Wochenanfang sowie der Vormittag. Wer gerade gefeuert wurde, wird den Betriebsrat oder seinen Anwalt anrufen wollen. Beides gelingt am späten Nachmittag oder am Wochenende nur schwer. Auch die Chance auf ein kurzfristiges Nachgespräch wird so verbaut.

Für die Kündigung selbst gilt die Faustformel: präzise formulieren, fair, aber souverän bleiben. Die eigentliche Botschaft sollte in den ersten drei Sätzen fallen – als Ich-Botschaft. Wischiwaschi-Formulierungen mit einem neutralen „man“ klingen verdächtig distanziert und unsicher. Auch sollte der Chef nicht von „beruflichen Perspektiven“ faseln, sondern klipp und klar aussprechen: „Hiermit kündige ich Ihnen fristgerecht zum...“ Ebenso klar sollte der Trennungsgrund benannt werden. Eine gehörige Portion Wertschätzung darf dabei nicht fehlen. Wer seinen Hut nehmen muss, will wenigstens hören, dass seine bisherigen Anstrengungen wahrgenommen wurden.

Wie fair der Prozess erlebt wird, hängt aber auch von den Abfindungsmodalitäten ab. Pekuniäre Trostpflaster wirken kontraproduktiv. Sie hinterlassen nur den schalen Eindruck, dass versucht wird, die Leute selbst beim Abgang über den Tisch zu ziehen. Wer dagegen ein großzügiges Angebot macht, beweist Würde und spart Zeit und – bezogen auf die Imagewirkung – viel Geld.

Gekündigten helfen, Pluspunkte für das Betriebsklima sammeln

„Ich habe seinerzeit viel Zeit investiert, bis ich mit unserem Konzept zufrieden war“, sagt Renate Münter, Personalleiterin bei der Globale Rückversicherung in Köln, einer ehemaligen Gerling-Tochter. Seit 2002 ist das Unternehmen damit beschäftigt, seine Mitarbeiterzahl zu reduzieren und nur noch die bestehenden Verträge abzuwickeln. Von 465 Mitarbeitern in 2002 ist die Belegschaft auf heute 98 geschrumpft. Für das Vertragsvolumen sind das aber immer noch zu viele, 20 weitere Kollegen müssen deshalb dieses Jahr betriebsbedingt entlassen werden.

„Das war zwar absehbar“, sagt Renate Münter, „trotzdem wollte ich hinterher noch in den Spiegel schauen können.“

Entsprechend bekommen die Betroffenen nun Aufhebungsverträge angeboten, Laufzeit: bis zum 31. Dezember. „So haben alle genug Zeit, sich umzuorientieren“, sagt Renate Münter. Zudem bekommt jeder ein Garantieprogramm bei einer Outplacement-Beratung. Das heißt: Die Betreuung endet erst mit einem neuen Job. Das Konzept kommt an, „jedenfalls signalisieren mir alle, dass sie sich gut aufgehoben und menschlich fair behandelt fühlen“, sagt Renate Münter.

Für die Motivation der verbleibenden Mitarbeiter ist diese empfundene Gerechtigkeit entscheidend. Sie ist der Lackmustest für den Mythos Sozialauswahl. Wer spürbar einiges unternimmt, um Gekündigten zurück in den beruflichen Sattel zu helfen sowie mit den Verbleibenden gemeinsam nach neuen Erfolgsstrategien sucht, sammelt Pluspunkte für das Betriebsklima.

Auch die Führungskräfte sollten bei den Nachgesprächen nicht vergessen werden – selbst wenn sich einige scheuen, „weil sie nicht über entstandene Gefühle sprechen wollen“, sagt Trennungsexperte Andrzejewski. Von ihrer Motivation und Ausstrahlung hängt der künftige Erfolg schließlich ebenso ab.

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