Mitarbeiter werben Mitarbeiter Wenn der Kumpel zum Kollegen wird

PwC tut es, Sanofi tut es, Trenkwalder und viele andere tun es auch: Sie zahlen ihren Mitarbeitern Prämien, wenn die einen Freund anwerben, damit er zum Kollegen wird. Die Methode lohnt sich, kann aber Nachteile haben.

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40 Prozent der Unternehmen setzten auf das Konzept Mitarbeiter werben Mitarbeiter. Quelle: Fotolia

In Deutschland herrscht unter Fachkräften annähernd Vollbeschäftigung. Die günstige Situation am Arbeitsmarkt scheint die Deutschen zu beflügeln: Jeder Vierte plant im Jahr 2016 einen Jobwechsel. Weitere 28 Prozent behalten interessante Stellenausschreibungen im Blick, obwohl sie keine konkreten Wechselabsichten haben. Das hat die Online-Jobbörse StepStone in einer gemeinsamen Studie mit dem Marktforschungsinstitut TNS im Oktober 2015 herausgefunden, bei der über 1.000 Menschen zu ihrer aktuellen Karriereplanung befragt wurden.

Demnach planen nur drei Prozent, innerhalb des eigenen Unternehmens aufzusteigen. Fast 60 Prozent gehen davon aus, gute Chancen am Jobmarkt zu haben. "IT-Spezialisten, Gesundheitsexperten und Mitarbeiter aus technischen Berufen sind aktuell besonders gefragt", sagt StepStone-Geschäftsführer Sebastian Dettmers. Und um an die heranzukommen, müssen Unternehmen kreativ sein. Nur ein stattliches Gehalt auszuloben, reicht mitunter nicht aus. Gerade wenn jemand mit seinem Job und seinem Arbeitgeber ganz zufrieden ist, wird es schwierig, ihn abzuwerben.

Was Mitarbeiter an Arbeitgeber bindet

Da kann das Wort eines guten Freundes eine hilfreiche Unterstützung sein. "Wir haben da eine Stelle in unserer Abteilung frei, die wäre genau das richtige für dich."

Man kennt es vom Fitnessstudio, dem Mobilfunkbetreiber oder dem Zeitschriften-Abo: Kommt die Empfehlung von einem guten Bekannten, schaut man sich das Angebot eher an. Wer dagegen in der Fußgängerzone einen Flyer für das gleiche Sportstudio in die Hand gedrückt bekommt, wirft den Zettel eher weg. Das Unternehmen profitiert von der freundschaftlichen Empfehlung gleich doppelt: Es spart Kosten für Werbung und hat einen neuen Kunden an Land gezogen. Im Gegenzug bekommt der, der seinen Bekannten angeworben hat, ein kleines Geschenk. Dieses "Freunde werben" zahlt sich somit für alle Seiten aus.

Bis zu 2000 Euro pro erfolgreicher Vermittlung

Mit einem ganz ähnlichen Konzept besetzen zahlreiche Unternehmen ihre Vakanzen. Laut Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) nutzen 40 Prozent der Unternehmen die Netzwerke der eigenen Leute, um Stellen zu besetzen. Sie bitten ihre Mitarbeiter, Freunden und Bekannten den eigenen Arbeitgeber zu empfehlen. Wird der beste Kumpel dann tatsächlich Teil des Unternehmens, bekommt der werbende Mitarbeiter eine entsprechende Prämie oder eine Sachleistung wie ein Tablet oder ein Smartphone.

Je nach Verzweiflungsgrad des Unternehmens fällt diese höher oder niedriger aus. Bei der Deutschen Bahn hatte man 2012 ein nach Qualifizierung gestaffeltes Belohnungsmodell eingeführt: Wer der Deutschen Bahn einen Azubi vermittelte, bekam 400 Euro, für einen ausgebildeten Techniker gab es eine Prämie in Höhe von 1000 Euro und wer einen Akademiker zum Bahner machte, wurde mit dem Doppelten belohnt.

2000 Euro sind kein schlechtes Entgelt für einen kleinen Tipp an den Kegelbruder oder den alten Studienkamerad. Aber Achtung: Die Prämie muss versteuert werden.

Trotzdem könnte man von einer Win-Win-Situation reden: Da die Angestellten am besten wissen, was bei ihnen im Team gefragt ist, vielleicht auch schon einmal mit den Empfohlenen zusammengearbeitet haben, passen die Freunde in der Regel sehr gut ins Unternehmen. Außerdem spart das nicht nur den Aufwand für das Recruiting, sondern vielleicht sogar die Kosten für einen Headhunter. Und der dürfte in der Regel teurer sein, als die gängigen 1000 Euro Prämie für das Einreichen von Lebenslauf und eventuell Arbeitsproben des Kumpels.

Es gibt jedoch einen nicht zu unterschätzenden Haken: den Ähnlichkeitseffekt. Der Mensch umgibt sich gerne mit Menschen, die ihm ähnlich sind. Die einen ähnlichen sozialen Status haben, ein ähnliches Bildungsniveau, aus der gleichen Altersklasse kommen und die gleichen Interessen teilen. Darunter leidet die Vielfalt im Team. Es gibt zwar vermutlich wenig Reibereien im Team, aber aus Reibereien entstehen nun mal häufig neue Ideen.

Wenn alles in Ordnung ist, muss niemand etwas neues erfinden und wenn ein Vorschlag von allen gelobt und nicht kritisiert wird, wird er eben auch nicht verbessert, die Idee nicht weitergedacht. Für Innovationskultur ist Gleichförmigkeit der Tod.

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