Ungeliebte Banker Finanzbranche hat Nachwuchssorgen

Ungeliebte Banker: Die Finanzbranche hat in der Krise einiges an Attraktivität eingebüßt und sich bislang nicht davon erholt. Das führt unter anderem zu Nachwuchssorgen: Bei Banken und Versicherern will keiner arbeiten.

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Niemand will mehr Banker werden. Quelle: Fotolia

Versicherungen sind langweilig und spießig und Banker sind gierige Schmierlappen, die alten Omas das Geld aus der Tasche ziehen: Spätestens seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 ist eine Banklehre oder allgemein ein Job in der Finanzindustrie richtig unsexy. Schon 2012 sagte ein Vorstand eines großen deutschen Geldhauses: "Der Bankkaufmann ist schon lange kein Traumjob mehr". Daran hat sich auch in diesem Jahr nichts geändert, wie die "Student Banking Survey" der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte belegt. Demnach wollen nur sieben Prozent der Wirtschaftsstudenten später bei einer Bank arbeiten. Und wer will es ihnen verübeln?

Neben der Deutschen Bank und HypoVereinsbank zücken auch andere Institute im großen Stil den Rotstift: Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Bain & Company müssen die Banken wegen schlechter Zahlen in den kommenden zehn Jahren in Deutschland 125.000 Stellen abbauen. Weitere 115.000 Arbeitsplätze, so schätzt das Beratungsunternehmen, werden in Servicegesellschaften ausgelagert. Diese Jobs existieren dann zwar noch, aber nicht mehr in den Banken selbst – und bieten deutlich schlechtere Konditionen für die Arbeitnehmer. Darauf hat nun wirklich niemand Lust.

Das Thema Nachwuchs beschäftigt in Deutschland Institute aller drei Bankengruppen - Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken. Am größten sind die Sorgen aber bei letzteren, weil viele von ihnen besonders in der Kritik stehen und das Image durch Skandale wie den um Zinsmanipulationen stark gelitten hat. Den Verlust an Attraktivität merken die Banken nicht nur bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen, sondern auch von anderen Positionen. "Früher gab es auf 30 offene Stellen 500 Bewerbungen, heute sind es maximal 50 und viele davon sind qualitativ dünn", sagt ein Vertreter eines ausländischen Geldhauses. Und Absolventen mit Gründer- und Unternehmergeist, die kreativ arbeiten wollen, haben erst Recht keine Lust auf Finanzhäuser.

Womit die Finanzindustrie punkten kann, ist das Geld: im Investmentbanking winken Einkommen, die 20 Prozent über dem Durchschnitt liegen. Doch allein damit lassen sich die Wirtschaftsstudenten nicht locken: Fast 60 Prozent der von Deloitte befragten Absolventen ist eine Ausgewogenheit von Beruf und Freizeit wichtig. Rund die Hälfte will Aufstiegschancen in Führungsaufgaben, etwa 40 Prozent sucht anspruchsvolle Aufgaben, gefolgt von internationalen Karrierechancen bei gut einem Drittel. Für 30 Prozent sind schließlich ein kreatives Umfeld und Unternehmertum entscheidend.

Was das angeht, stehen Banken in Konkurrenz zu FinTechs, wie die Studie "The Future of Financial Services" von Deloitte und dem World Economic Forum zeigt. Neue Marktteilnehmer machen ihnen Anteile streitig – von Retailbanking über Investmentmanagement bis hin zum Kapitalmarktgeschäft. Deshalb müssen Banken noch eine Schippe drauflegen, was das Werben um Studenten angeht, so Hans-Jürgen Walter, Partner und Leiter Financial Services Industry bei Deloitte. "Viele Banken haben bereits begonnen, ihre Attraktivität als Arbeitgeber durch gezielte Initiativen zu steigern. Den Wettbewerb um die besten Köpfe können die Banken noch deutlicher zu ihren Gunsten beeinflussen, indem sie weiterhin in ein kreatives und innovatives Umfeld investieren und ihr Image als attraktiver Arbeitgeber mit anspruchsvollen Aufgaben, Entwicklungsmöglichkeiten sowie der Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit weiter entwickeln."

Denn gerade in der aktuellen Situation brauchen sie die besten Köpfe, so Walter. "Sie stehen vor anspruchsvollen Aufgaben wie Digitalisierung, zunehmenden regulatorischen Anforderungen sowie aufsichtsrechtlichen Veränderungen."

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