In der vergangenen Woche geisterte eine Geschichte durch verschiedene amerikanische Blogs, die zeigt, wie man einen Job garantiert nicht bekommt. Das 1924 gegründete Nazareth College in New York hatte eine Lehrstelle zu vergeben und machte einer amerikanischen Philosophie-Studentin ein entsprechendes Angebot. Eine große Chance für einen Berufseinsteiger ohne viel Praxiserfahrung, könnte man meinen. Die Kandidatin schaffte es jedoch, sich mit einer einzigen E-Mail zu disqualifizieren.
"Wie Sie wissen, kann ich mich sehr dafür begeistern, bei Ihnen zu arbeiten. Wenn Sie mir einige der folgenden Punkte garantieren können, würde das meine Entscheidung noch leichter machen.
- Eine Gehaltserhöhung auf 65.000 Dollar. Das entspricht dem durchschnittlichen Gehalt von Philosophielehrern in den letzten fünf Jahren.
- Ein Semester Mutterschaftsurlaub
- Ein Sabbatical in der Mitte meiner Amtszeit
- Nicht mehr als drei neue Klassen pro Jahr innerhalb der ersten drei Jahre
- Ein Eintrittsdatum im Jahr 2015, damit ich meinen Postdoc beenden kann.
Ich weiß, dass einige Punkte leichter zu garantieren sind als andere. Lassen Sie mich wissen, was Sie davon halten."
Die Leitung des Nazareth Colleges hielt offenbar nicht viel davon.
"Wir danken Ihnen für Ihre E-Mail.
Das Komitee hat Ihre Vorschläge diskutiert. Auch der Dekan und der Vizepräsident für Akademische Angelegenheiten haben darüber beraten. Wir haben festgestellt, dass Ihre Forderungen im Ganzen zeigen, dass Sie für eine Universität mit einem Forschungsschwerpunkt besser geeignet sind als für eine Hochschule wie unsere, die sich sowohl auf die Lehre als auch auf die Schüler konzentriert. Deshalb haben wir uns entschlossen, unser Angebot an Sie zurückzuziehen.
Wir danken Ihnen für Ihr Interesse am Nazareth College und wünschen Ihnen, dass Sie eine geeignete Stelle finden."
Ein klarer Fall von zu hoch gepokert. Frechheit siegt eben nicht immer. In Deutschland scheinen Bewerber ihre Forderungen allerdings nicht ganz so forsch zu vertreten. "So ein Anschreiben habe ich noch nie gesehen", bestätigt Maja Skubella, Kommunikationswirtin und Karriereberaterin bei Karriere & Entwicklung. Ihrer Erfahrung nach wird hierzulande eher tief gestapelt: "Unverschämte Bewerber gibt es eher weniger, im Gegenteil: Die meisten trauen sich zu wenig zu."
Das ist zwar ebenfalls nicht optimal, aber im Zweifelsfall besser, wie Martin Wehrle, Karrierecoach und Autor des Buches "Geheime Tricks für mehr Gehalt" bestätigt. "Wer als Einsteiger auf dicke Hose macht, blitzt aus Prinzip ab", sagt er. Wer sich nicht sofort selbst disqualifizieren will, sollte seine Forderungen auf den eigenen Marktwert abstimmen. Und der unterscheidet sich - je nach dem, ob man nun Philosophie oder Ingenieurswissenschaften studiert hat - gewaltig. "In der Automobilbranche, dem Fahrzeugbau und in der Elektrotechnik können sich Bewerber ein forsches Auftreten erlauben, weil dort Fachkräfte gesucht werden. In der Bankbranche sieht es schon anders aus", so Skubella.