Karriere First Ladies

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Töchter verstehen es, diplomatisch neue Elemente ins Unternehmen zu bringen. Während der Gründervater oft in einer bestimmten Technologie zu Hause ist, konzentriert sich die gut ausgebildete Nachfolgerin auf Marketing oder Personal. Folglich haben Vater-Tochter-Duos keine Probleme damit, das Unternehmen jahrelang gemeinsam zu führen; die Ablösung vollzieht sich reibungslos. Das klassische Nachfolge-Dilemma, bei dem der Senior » sich nicht genügend wertgeschätzt fühlt, bleibt aus. Söhne dagegen beharren meist auf einem festen Ausstiegspunkt:  Du oder ich! Das fordern sie nicht aus Respektlosigkeit, klar, sondern um sich aus der Dominanz des Seniors zu befreien. Aber das birgt Sprengstoff genug.

Jedoch etablieren sich auch Nachfolgerinnen im Familienbetrieb nur, wenn sie ihre Position von der des Vaters abgrenzen – als Führungskraft und nicht als Tochter.

Sophia von Rundstedt holte sich taktisch klug die Unterstützung von Dritten. Die Juristin nimmt Bruder Constantin mit zum Nachfolgeforum des Bundes Junger Unternehmer, um das Thema „strukturiert“ anzugehen. Reibungslos gewinnt sie den Bruder für ihr Vorhaben, die Frau an der Spitze zu werden. Gemeinsam überzeugen die beiden anschließend den Vater. Danach ziehen die von Rundstedts noch eine Beraterin vom Institut für Familienstrategie hinzu, für die „Rollenklärung“.

Demnach wird Sophia sich in der Geschäftsführung um den Zweig Beratung kümmern, der Vater ums Kaufmännische. Der Bruder übernimmt eine Führungsaufgabe in der Tochtergesellschaft Rundstedt Transfer, die Personalabbauten begleitet.

Wie den Herrenabend, zu dem Viktoria in den Münchner Shop einlud, mit nur männlichen Gästen, Whisky und Poker-Tischen. Eine Party ohne Frauen – klappt nie, wettete der Vater. Und verlor: Die erste Veranstaltung endete mit ihm, Viktoria und Boris Becker um 4 Uhr morgens. Inzwischen waren bei weiteren Männer-runden Fußballmanager Oliver Bierhoff oder Linde-Chef Wolfgang Reitzle zu Gast, Anzüge gehen bei den „Gentlemen’s only“-Abenden reihenweise über den Ladentisch.

Auch Antje von Dewitz und Vater Albrecht sehen „richtigen Mehrwert“ darin, zu streiten: Beim gemischten Doppel sei eben „nicht so viel Testosteron im Spiel“, erklärt die künftige Vaude-Chefin trocken.

Weibliche Führungsqualitäten weiß der Mittelstand besser zu nutzen. Während fast jeder dritte der rund 3,4 Millionen mittleren Unternehmen von einer Frau geführt wird, stagniert der Anteil der Managerinnen in Konzernen bei zehn Prozent. Bis zum Alter von 30 liegen Frauen hier mit Männern in Führungspositionen gleich auf. Doch nach der Familiengründung fallen sie zurück. In Familienunternehmen dagegen ist die Vereinbarkeit von Kind und Karriere von hohem Wert.

„Meine Tochter ist meine Chefin“, sagt Randolf Rodenstock, ehemals Geschäftsführer des Brillenherstellers Rodenstock, voller Stolz. Die Familienanteile am Traditionsunternehmen hat er mittlerweile verkauft. Jetzt arbeitet der 59-Jährige unter anderem in der Unternehmensberatung seiner Tochter. Zur Nachfolge im Familienbetrieb ist es für Beatrice Rodenstock, die Chefin in vierter Generation geworden wäre, nicht gekommen. Zu jung war sie, als der Vater um 2000 herum erwog, das Unternehmen an Investoren zu veräußern. Dafür predigt er der Tochter und dem Sohn: „Schlagt den Weg ein, der zu euch passt.“

Beatrice findet ihn über Umwege: Im Inhouse-Consulting von DaimlerChrysler entdeckt sie ihr „Unternehmerblut“ und gründet in München eine eigene Beratung namens Naviget. Mittelständler unterstützt sie bei der Nachfolge mit Vater Randolf. Als „entspannt und inspirierend“ beschreibt die 35-Jährige die Zusammenarbeit.

Und wenn sie ihren zweijährigen Sohn mit ins Büro bringt, ist auch die Betreuungsfrage geklärt: „Geh mal zum Opa.“ 

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