




"Mein Fahrrad hatte einen Platten, also musste ich die letzten anderthalb Kilometer rennen." Martin Osterloh steht vor dem Move-Well-Kursraum in einem Fitnessstudio am Potsdamer Platz in Berlin. Er trägt ein grünes Muskelshirt und schwarze Shorts. Ein bisschen erinnern seine stark trainierten Arme an die Marvel-Figur Hulk, nur dass sein Gesicht zarter und natürlich nicht grün ist. Auf den Wangen blitzen ein paar Tropfen. "War ja klar, dass es auch noch regnen musste", sagt er und verschwindet in den Kursraum zu dreißig Minuten hochintensivem Intervalltraining.
Martin Osterloh ist das, was viele Menschen als Fitnessfreak bezeichnen würden. Der 35-jährige Projektmanager am Klinikum Osnabrück geht sechsmal in der Woche ins Fitnessstudio. Die Wege zur Arbeit oder zum Sport erledigt er mit dem Fahrrad. Einmal pro Woche gibt er selbst einen Kurs. Nicht des Geldes wegen, sondern "aus Leidenschaft", wie er sagt.
Auch wenn Osterloh Bürotage mit bis zu zwölf, dreizehn Arbeitsstunden hat - das Training lässt er nur in den seltensten Fällen ausfallen. "Es wirkt nach außen vielleicht wie Stress. Aber wenn ich zum Sport gehe, dann mache ich zum ersten Mal am Tag etwas für mich."
Was bei der Arbeit stresst
Was sorgt im Büro für Stress? Der Personaldienstleister Robert Half hat im höheren Management nach den wichtigsten Gründen gefragt. Dabei gaben 18 Prozent der Befragten zu viel Verantwortung oder ständiges an die-Arbeit-denken auch in der Freizeit als Grund für Stress bei der Arbeit an. Nur in Tschechien können die Beschäftigten außerhalb des Arbeitsplatzes schwerer abschalten - dort gaben 28 Prozent an, dauernd an die Arbeit denken zu müssen. Auf der anderen Seite der Skala ist Luxemburg: nur fünf Prozent haben dort dieses Problem.
Keinen Stress haben dagegen nur sieben Prozent der deutschen Befragten. Genauso niedrig ist der Anteil derer, die ihren aktuellen Job nicht mögen.
Unangemessener Druck vom Chef nannten 27 Prozent der Befragten hierzulande als Stressgrund. In Brasilien sind es dagegen 44 Prozent.
Wenn der Chef sich eher um sein Handicap kümmert, statt ordentlich zu führen: 28 Prozent der Befragten sind mit der Managementfähigkeit des Chefs unglücklich. Das Unvermögen des führenden Managers, das zu Stress führt, scheint in Luxemburg relativ unbekannt zu sein - nur 11 Prozent der Befragten sind dort mit den Befragten unglücklich, in Dubai sind es gar neun Prozent.
Dass unangenehme Kollegen oder fieser Büroklatsch zu Stress führen kann, ist allgemein bekannt. Dementsprechend führen auch 31 Prozent der Befragten das als Stressgrund an - der Anteil derer, die das ähnlich sehen, liegen in allen anderen Ländern fast gleich hoch - außer in Brasilien: 60 Prozent der Befragten geben unangenehme Kollegen und fiesen Büroklatsch als Stressgrund an.
Ein weitere Stressgrund: personelle Unterbesetzung. 41 Prozent der Befragten sehen das als wichtigen Grund für Stress bei der Arbeit an - ein Wert, der fast in allen Ländern ähnlich ist.
Doch am problematischsten, laut der Studie: die hohe Arbeitsbelastung. 51 Prozent der Befragten gaben dies als Stressgrund an. Deutschland liegt damit im Schnitt, auch in den anderen elf Ländern ist ein ähnlich hoher Anteil der gleichen Meinung.
Osterloh ist kein Einzelfall. Gerade unter hochrangigen Managern und CEOs gehört Sport zum guten Ton. Virgin-Chef Richard Branson steht seit Jahren um fünf Uhr morgens auf, um sich beim Tennis, Kitesurfen oder Schwimmen den Puls hochzutreiben. Bei Ex-Metro-Chef Hans-Joachim Körber klingelt der Wecker vor vier Uhr, damit genug Zeit für Pilates oder Jogging vor der Arbeit bleibt. Ähnlich handhaben es Apple-Chef Tim Cook, Oracle-Chef Marc Hurd oder Starbucks-CEO Howard Schultz.
Alles nur Zufall oder macht Sport wirklich erfolgreich? Jain, sagt Christian Zepp, sportpsychologischer Experte der Sporthochschule Köln. Sport sei zwar kein Garant für Erfolg. Jedoch entwickele regelmäßiges Training genau jene Eigenschaften, die auch Erfolg im Job bedingen. "Sportler können sich disziplinieren. Sie sind ehrgeizig und haben oft ein höheres Selbstwertgefühl", erklärt Zepp.
Als Sportler lerne man Probleme zu lösen. Wettkampfsituationen helfen, die Psyche in den Griff zu kriegen. „Ein Athlet kann durch den regelmäßigen Stress im Wettkampf trotz hoher Erwartungen und Druck optimale Leistungen erbringen.“
Ehrgeiz, Disziplin und Durchhaltevermögen sind Eigenschaften, die auch auf Annette Winkler zutreffen. Die Smart-Chefin, die zuerst das Familienunternehmen A. Winkler Sohn GmbH & Co KG und dann den Smart vor dem Untergang rettete, gilt über Unternehmensgrenzen hinweg als echtes Energie-Bündel und als besonders ehrgeizig.
Als sie ein Kollege bei MAN vor ein paar Jahren auf eine technische Wissenslücke hinwies, machte Winkler innerhalb von neun Tagen den LKW-Führerschein: "Anstatt beleidigt zu reagieren, sollte man sich Herausforderungen stellen.“