Körpersprache der Chefs Das sind die Zeichen der Macht

Körpersprache des Chefs. Quelle: Getty Images

Wer Autorität ausstrahlen will, muss Gestik, Mimik und Sprache unter Kontrolle haben. Welche prominente Führungskraft Schwierigkeiten damit hat und wie Chefs ihre Körpersprache sogar dazu nutzen, um Macht auszuüben.

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WirtschaftsWoche: Wie lange braucht ein Mitarbeiter, um sich einen ersten Eindruck von seinem Chef zu machen?
Martina Kloepfer: Seinen künftigen Vorgesetzten sieht der Mitarbeiter in der Regel das erste Mal beim Vorstellungsgespräch. Da dauert nur zehn bis 20 Sekunden, bis er unterbewusst einen ersten Eindruck von seinem neuen Vorgesetzten hat.

Und der Chef gibt sich sofort als solcher zu erkennen?
Meistens ist er viel präsenter als die Mitarbeiter und nimmt in der Regel mehr Raum ein. Das teilt sich oft auf den ersten Blick mit.

Hört sich abstrakt an. Wie macht er das?
Der Oberkörper wird in der Regel gerade und aufrecht sein. Wenn er ein Jackett trägt, wird die Breite der Schultern zusätzlich unterstützt. Dann gibt es noch das, was Experten den Präsenzpunkt nennen: Das ist ein Punkt, der zirka eineinhalb Hand breit unterm Schlüsselbein auf der Brust liegt. Dieser Präsenzpunkt ist bei Führungskräften durch eine aufrechte Haltung sichtbar. Wenn die Ellbogen beim Sprechen leicht vom Körper entfernt sind, geht die Gestik mehr in den Raum.

Zur Person

Welche Rolle spielt die Mimik?
Eine Führungskraft fokussiert ihr Gegenüber in der Regel ganz genau, sie sucht den Blickkontakt, sodass der Mitarbeiter oft das Gefühl haben kann, dass er förmlich gescannt wird. Das kann je nach Situation seitens des Vorgesetzten echtes Interesse sein, aber auch ein Ausdruck von Macht.

Genauso wichtig ist sicherlich die Sprache.
Genau. Viele Führungskräfte prononcieren ihre Botschaften. Soll heißen: Mit kurzen Sätzen kommt er schneller auf den Punkt. Dadurch wird die Stimme automatisch etwas tiefer.

Muss der Chef immer sachlich nüchtern sprechen, auch in Extremsituationen?
Von einer Führungskraft wird verlangt, dass sie führt – vor allem in Extremsituationen. Hier ist Besonnenheit gefragt. Für große börsennotierte Unternehmen kann ein unbedachtes Wort oder eine emotionale, spontane Geste große Folgen haben. Das kann vom Imageschaden bis zu Verlusten am Aktienmarkt reichen. Hier sei an das Victory-Zeichen von Josef Ackermann im Gerichtsaal erinnert, das Michael Jackson kopieren sollte, aber als bloßes Bild im Kontext des Prozesses in der breiten Öffentlichkeit eine katastrophale Wirkung entfaltet hat.

Was Ihre Gesten über Sie verraten

Klingt nach einem distanzierten, nicht gerade sympathischen Chef. Ist das die klassische Körpersprache einer Führungskraft?
Es kommt auf die Situation an und das Ziel, das die Person verfolgt. Die Körpersprache, die ich beschreibe, ist für einen traditionellen Führungsstil typisch – wo der sichtbare Ausdruck von Macht noch eine größere Rolle spielt. Als Führungskraft wird dann versucht, so wenig wie möglich von sich preiszugeben – die Form der Kommunikation wird stark kontrolliert. Bei einem moderneren Führungsstil wird die Person hinter der Führungskraft erkennbar – Vorgesetzte und Mitarbeiter begegnen sich eher auf Augenhöhe. Aber auch hier wird eine aufrechte Haltung seitens der Führungskraft zu beobachten sein.

Gibt es, egal ob alter oder junger Führungsstil, sogenannte Signale der Macht?
Auf jeden Fall. Das kann das Pokerface, aber auch die Hand, die der Chef seinem Mitarbeiter auf die Schulter legt, sein. Beim Pokerface erhält das Gegenüber durch die fehlende oder unterdrückte Mimik keinerlei Hinweise darauf, was der Gesprächspartner in der Situation denkt oder fühlt. Das kann sehr verunsichernd wirken – nicht nur bei Mitarbeitern. Lange Sprechpausen oder gar Schweigen verstärken den Stress und ein Mitarbeiter kann dazu verleitet werden, mehr zu reden und von sich preiszugeben als beabsichtigt, um die unangenehme Situation zu überbrücken – zum Beispiel bei einem Bewerbungsgespräch oder bei Gehaltsverhandlungen. Das ist ein richtiger Verhandlungstrick.

Was Gesten über Sie verraten
Ein Mann verschränkt die Hände hinter dem Kopf Quelle: Fotolia.com
Vermutlich Angela Merkel mit verschränkten Händen Quelle: dpa
Eine Frau mit verschränkten Armen Quelle: Fotolia.com
Eine Frau fasst sich an den Hals Quelle: Fotolia.com
Eine Hand berührt den Ärmel am Anzug der anderen Hand Quelle: Fotolia.com
Eine Frau zeigt mit "zur Pistole" geformten Fingern auf den Betrachter Quelle: Fotolia.com
Eine Frau fasst sich an die Nase Quelle: Fotolia.com

Warum ist die Hand auf der Schulter kein Zeichen der Verbundenheit, sondern der Macht?
Das kommt ganz auf die Situation und natürlich auf das Hierarchiegefälle an. Wenn der Chef seinen Mitarbeiter an der Schulter oder am Unterarm berührt, zum Beispiel mit den Worten "Das sehen Sie doch auch so...", kann das sehr übergriffig sein und die Persönlichkeitssphäre des Mitarbeiters verletzen. In Mitteleuropa ist es üblich, einen Abstand zwischen 80 Zentimetern und einem Meter zu fremden Menschen einzuhalten. Manche Vorgesetzte halten diesen Abstand ganz bewusst nicht ein, um deutlich zu machen "Ich bin der Chef im Raum".
Weitauslandende Gesten können hier ein zusätzliches Macht-Signal sein: Wenn sich der Vorgesetzte beispielsweise während einer Gehaltsverhandlung in seinem Bürostuhl weit zurücklehnt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Hier wird stumm mitgeteilt, dass sich der Betreffende absolut sicher fühlt und nichts vom Gegenüber befürchtet. Allein am Schreibtisch oder beim Telefonieren sind diese Bequemlichkeitsgesten kein Problem. Vor allem in Stresssituation kann diese Körpersprache aber schnell arrogant wirken – selbst wenn keine Absicht dahinter steckt.

Deutet denn jeder Mitarbeiter die Gesten gleich?
Die Gesten können in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich wirken. In Unternehmen, in denen ein kollegiales Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern herrscht, kann eine Berührungsgeste vollkommen harmlos sein.

Woran merken Angestellte, dass sie nicht harmlos ist?
Mitarbeiter sollten misstrauisch werden, wenn der Vorgesetzte Gesten ausführt, die für ihn unüblich sind.

Diese Fehler macht VW-Chef Matthias Müller

Chefs müssen also auf vieles achten: Haltung, Mimik, Gestik, Stimme. Klappt das überhaupt bei allen Führungskräften?
Ich fürchte nicht (lacht). Es klappt bei einigen sehr gut, bei anderen muss es noch geübt werden.

Können Sie prominente Beispiele nennen?
Wenn man den Ex-VW-Chef Martin Winterkorn mit seinem Nachfolger Matthias Müller vergleicht, fallen deutliche Unterschiede auf. Winterkorn verkörpert die klassische Führungskraft: Seine Haltung ist immer aufrecht, der Präsenzpunkt ist immer da, er stützt sich in der Öffentlichkeit nie irgendwo ab – und wenn bleiben Oberkörper und Kopf aufrecht. Müller bewahrt zwar auch eine aufrechte Haltung – bei Fotos oder Videos fällt aber schnell auf, dass er seine Statements abliest, die glaubhafter wären, würden sie frei vorgetragen werden.

Häufig stützt er die Ellenbogen auf, so dass die Schultern nach vorne geneigt sind, womit der Oberkörper verkleinert und die Präsenz verringert wird. In einer normalen Mitarbeiterbesprechung kein Problem, in einer wichtigen Pressekonferenz zum Abgas-Skandal allerdings ungünstig.

Ist Müller also ein eher schlechter Chef?
Das kann man nicht nur von der Körpersprache abhängig machen. Er könnte meiner Meinung nach allerdings präsenter wirken, um damit glaubwürdig zu vermitteln, dass er eine neue Ära bei VW einleiten will. Nonverbale Botschaften sind gerade in solchen Situationen ein wichtiges Kommunikationsmittel.

Gibt es Tipps, wie die Führungskraft sich in kniffligen Situationen – wie Gehaltsverhandlungen – verhalten kann?
Bei Gehaltsverhandlungen und in kniffligen Situation ist es ratsam, Haltung einzunehmen und zur Unterstützung ein Jackett zu tragen. Für die Antworten sollte man sich als Führungskraft ausreichend Zeit nehmen, um unter Druck unüberlegte Aussagen zu vermeiden. Trotz des eigenen Standpunktes ist es nützlich, dem Gegenüber zu signalisieren, offen für dessen Ansicht zu sein – und möglicherweise seine Meinung zu revidieren. Unter Druck nimmt man oft unterbewusst eine Abwehrhaltung ein – das ist ganz menschlich, kann aber den Gesprächsverlauf durchaus negativ beeinflussen.

Dieses Verhalten in schwierigen Situationen muss der Chef natürlich erst einmal lernen – zum Beispiel in Seminaren. Wirkt die angelernte Körpersprache nicht schnell unnatürlich?
Nicht unbedingt. Im Verlauf unseres Lebens und unserer Karriere verändert sich die Körpersprache häufig ganz automatisch. Das gilt auch, wenn eine Führungsposition eingenommen wird. Mit der neuen Position sind auch zunehmend Repräsentationsaufgaben verbunden. Man repräsentiert die Funktion, eine Abteilung oder das ganze Unternehmen. Das "Private" – auch in der Körpersprache – trittzunehmend in den Hintergrund.

Es muss nicht sonderbar wirken, wenn eine Führungskraft ein Coaching besucht. Hier kann trainiert werden, die individuelle Körpersprache zu erkennen und zu nutzen, um mehr Präsenz auch in großen Räumen zu entwickeln, ohne zu übertreiben – zum Beispiel bei einer Aktionärsversammlung oder Präsentation. Hierstellt sich oft die Frage: "Wie erreiche ich die letzte Reihe des Publikums, obwohl ich die Gesichter schon gar nicht mehr sehe?" Eine stimmige Körpersprache muss manchmal genauso gelernt werden wie andere Aufgaben in der neuen Führungsposition.

Wie unterscheidet sich die Körpersprache von weiblichen und männlichen Chefs?
Zwischen den Geschlechtern gibt es Unterschiede – wobei man sie längst nicht verallgemeinern darf. Manchen Frauen fällt es zum Beispiel schwer, wenn sie die Karriereleiter nach oben steigen, Präsenz im Raum zu zeigen und zu halten. Sie müssen in meinen Kursen erst einmal ein Gefühl dafür entwickeln, was eine aufrechte Haltung auszeichnet.

Frauen wird gerne nachgesagt, dass sie mehr reden als Männer. Fällt es ihnen schwer, ihre Botschaften kurz zu halten?
Dieses Vorurteil stimmt so nicht – auch wenn manche Frauen eher als Männer dazu neigen, sich zu erklären, um Verständnis zu werben als mal eine Aussage stehen zulassen. Männer mögen zwar den Eindruck haben, dass Frauen mehr reden, aber es gibt Studien, die sogar belegen, dass die Redezeit der Männer in Meetings oder Talkrunden länger ist als die der Frauen. Sowohl männlichen als auch weiblichen Chefs fällt es am Anfang ihrer Führungskarriere schwer, kurze und präzise Botschaften zu vermitteln.

Gesten, die im Ausland unbeliebt machen
A young France's fan with the face painted in national flag colors shows victory sign as he waits for the start of the Group D Euro 2012 soccer match against Sweden Quelle: REUTERS
Nicole (8) streckt am Dienstag (21.06.2005) in einem Freibad in Gelsenkirchen dem Fotografen die Zunge heraus. Quelle: dpa/dpaweb
Der deutsche Tennisspieler Tommy Haas zeigt am Sonntag (17.06.2012) bei den Gerry Weber Open in Halle (Westfalen) im Finale gegen den Schweizer Federer mit dem Zeigefinger zur Seite. Quelle: dpa
Mann mit der Hand am Hals Quelle: Fotolia
A newly commissioned second lieutenant gives a thumbs up at the Air Force Academy Quelle: REUTERS
A fan wearing a mask gives the thumbs up as he enters the venue of the concert of US singer Madonna Quelle: dpa
Köchin zeigt mit ihren Händen "okay" Quelle: Fotolia

Welche Gesten sollten Chefs noch vermeiden?
Sich in der Körpergröße klein machen. Frauen neigen oft dazu, den Kopf schräg zu halten, um Verständnis zu zeigen.

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