Körpersprache der Chefs Das sind die Zeichen der Macht

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Diese Fehler macht VW-Chef Matthias Müller

Chefs müssen also auf vieles achten: Haltung, Mimik, Gestik, Stimme. Klappt das überhaupt bei allen Führungskräften?
Ich fürchte nicht (lacht). Es klappt bei einigen sehr gut, bei anderen muss es noch geübt werden.

Können Sie prominente Beispiele nennen?
Wenn man den Ex-VW-Chef Martin Winterkorn mit seinem Nachfolger Matthias Müller vergleicht, fallen deutliche Unterschiede auf. Winterkorn verkörpert die klassische Führungskraft: Seine Haltung ist immer aufrecht, der Präsenzpunkt ist immer da, er stützt sich in der Öffentlichkeit nie irgendwo ab – und wenn bleiben Oberkörper und Kopf aufrecht. Müller bewahrt zwar auch eine aufrechte Haltung – bei Fotos oder Videos fällt aber schnell auf, dass er seine Statements abliest, die glaubhafter wären, würden sie frei vorgetragen werden.

Häufig stützt er die Ellenbogen auf, so dass die Schultern nach vorne geneigt sind, womit der Oberkörper verkleinert und die Präsenz verringert wird. In einer normalen Mitarbeiterbesprechung kein Problem, in einer wichtigen Pressekonferenz zum Abgas-Skandal allerdings ungünstig.

Ist Müller also ein eher schlechter Chef?
Das kann man nicht nur von der Körpersprache abhängig machen. Er könnte meiner Meinung nach allerdings präsenter wirken, um damit glaubwürdig zu vermitteln, dass er eine neue Ära bei VW einleiten will. Nonverbale Botschaften sind gerade in solchen Situationen ein wichtiges Kommunikationsmittel.

Gibt es Tipps, wie die Führungskraft sich in kniffligen Situationen – wie Gehaltsverhandlungen – verhalten kann?
Bei Gehaltsverhandlungen und in kniffligen Situation ist es ratsam, Haltung einzunehmen und zur Unterstützung ein Jackett zu tragen. Für die Antworten sollte man sich als Führungskraft ausreichend Zeit nehmen, um unter Druck unüberlegte Aussagen zu vermeiden. Trotz des eigenen Standpunktes ist es nützlich, dem Gegenüber zu signalisieren, offen für dessen Ansicht zu sein – und möglicherweise seine Meinung zu revidieren. Unter Druck nimmt man oft unterbewusst eine Abwehrhaltung ein – das ist ganz menschlich, kann aber den Gesprächsverlauf durchaus negativ beeinflussen.

Dieses Verhalten in schwierigen Situationen muss der Chef natürlich erst einmal lernen – zum Beispiel in Seminaren. Wirkt die angelernte Körpersprache nicht schnell unnatürlich?
Nicht unbedingt. Im Verlauf unseres Lebens und unserer Karriere verändert sich die Körpersprache häufig ganz automatisch. Das gilt auch, wenn eine Führungsposition eingenommen wird. Mit der neuen Position sind auch zunehmend Repräsentationsaufgaben verbunden. Man repräsentiert die Funktion, eine Abteilung oder das ganze Unternehmen. Das "Private" – auch in der Körpersprache – trittzunehmend in den Hintergrund.

Es muss nicht sonderbar wirken, wenn eine Führungskraft ein Coaching besucht. Hier kann trainiert werden, die individuelle Körpersprache zu erkennen und zu nutzen, um mehr Präsenz auch in großen Räumen zu entwickeln, ohne zu übertreiben – zum Beispiel bei einer Aktionärsversammlung oder Präsentation. Hierstellt sich oft die Frage: "Wie erreiche ich die letzte Reihe des Publikums, obwohl ich die Gesichter schon gar nicht mehr sehe?" Eine stimmige Körpersprache muss manchmal genauso gelernt werden wie andere Aufgaben in der neuen Führungsposition.

Wie unterscheidet sich die Körpersprache von weiblichen und männlichen Chefs?
Zwischen den Geschlechtern gibt es Unterschiede – wobei man sie längst nicht verallgemeinern darf. Manchen Frauen fällt es zum Beispiel schwer, wenn sie die Karriereleiter nach oben steigen, Präsenz im Raum zu zeigen und zu halten. Sie müssen in meinen Kursen erst einmal ein Gefühl dafür entwickeln, was eine aufrechte Haltung auszeichnet.

Frauen wird gerne nachgesagt, dass sie mehr reden als Männer. Fällt es ihnen schwer, ihre Botschaften kurz zu halten?
Dieses Vorurteil stimmt so nicht – auch wenn manche Frauen eher als Männer dazu neigen, sich zu erklären, um Verständnis zu werben als mal eine Aussage stehen zulassen. Männer mögen zwar den Eindruck haben, dass Frauen mehr reden, aber es gibt Studien, die sogar belegen, dass die Redezeit der Männer in Meetings oder Talkrunden länger ist als die der Frauen. Sowohl männlichen als auch weiblichen Chefs fällt es am Anfang ihrer Führungskarriere schwer, kurze und präzise Botschaften zu vermitteln.

Gesten, die im Ausland unbeliebt machen
A young France's fan with the face painted in national flag colors shows victory sign as he waits for the start of the Group D Euro 2012 soccer match against Sweden Quelle: REUTERS
Nicole (8) streckt am Dienstag (21.06.2005) in einem Freibad in Gelsenkirchen dem Fotografen die Zunge heraus. Quelle: dpa/dpaweb
Der deutsche Tennisspieler Tommy Haas zeigt am Sonntag (17.06.2012) bei den Gerry Weber Open in Halle (Westfalen) im Finale gegen den Schweizer Federer mit dem Zeigefinger zur Seite. Quelle: dpa
Mann mit der Hand am Hals Quelle: Fotolia
A newly commissioned second lieutenant gives a thumbs up at the Air Force Academy Quelle: REUTERS
A fan wearing a mask gives the thumbs up as he enters the venue of the concert of US singer Madonna Quelle: dpa
Köchin zeigt mit ihren Händen "okay" Quelle: Fotolia

Welche Gesten sollten Chefs noch vermeiden?
Sich in der Körpergröße klein machen. Frauen neigen oft dazu, den Kopf schräg zu halten, um Verständnis zu zeigen.

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