Die richtige Kommunikation ist in Konfliktsituationen also der Schlüssel zum Erfolg. Dabei hilft es, zu wissen, was die verschiedenen Typen im Streitfall brauchen. Der Nähetyp braucht Wertschätzung, die Dauer- und Distanzmenschen vor allem Sachlichkeit und der Wechseltyp ein gewisses Maß an Freiheit.
Aber wie schafft man es, konstruktiv zu kommunizieren, wenn man eigentlich auf 180 ist? "SAG ES", antwortet Moritz. Wobei das S für 'Sichtweise schildern' steht. A für 'Auswirkungen beschreiben', G für 'Gefühle nennen'. E dafür, die Sichtweise des anderen zu erfragen und S dafür, eine Schlussfolgerung zu vereinbaren. Besonders das Erfragen ist wichtig. Denn oft verstehen wir eine Aussage ganz anders, als sie gemeint ist. Deshalb hilft es, den Dialog zu verlangsamen, um sicherzustellen, dass das Gesagte auch richtig verstanden wird.
In Rollenspielen üben wir das jetzt, mit Ich-Botschaften, Nachfragen und Empathie. Wie fühlt sich der andere? Noch einmal gehen wir unsere Konfliktsituationen durch. "Was für eine unangenehme Person!", stellt die junge Chefin, die lieber alles selbst macht, über sich selbst fest. "Da bieten mir meine Mitarbeiter ihre Arbeitsleistung an, und ich motze rum." Die Kolleginnen aus der Projektgruppe betrachten ihre Arbeitssituation mit den Augen ihres Chefs. Wie fühlt es sich an, wenn man gleich zwei Projekte verantwortet und als männlicher Chef einer starken Frauentruppe gegenübersteht, die Konflikte nicht offen anspricht? "Der hat es mit uns gar nicht so einfach."
Mit Rückfragen die Perspektive des anderen erschließen
Nach soviel Selbsterkenntnis bleibt die Frage: Wie können wir nun mit unseren Streitgegnern reden? Ein Konfliktgespräch will sorgfältig vorbereitet werden, soviel ist schnell klar. Was ist das Ziel, was wäre als Kompromiss akzeptabel? "Nicht zu lange rumreden, sondern lieber sachlich auf den Punkt kommen", empfiehlt die Trainerin außerdem. Erst recht wenn man noch wütend ist. Unsere Körpersprache verrät das ohnehin. Und immer wieder Rückfragen stellen. Ist die Antwort wirklich so gemeint, wie sie aufgefasst wird? Wenn alles gut läuft, erwächst daraus eine Lösung. "Ganz zum Schluss sollte man noch einmal schauen, ob alles besprochen wurde und das Gespräch reflektieren", sagt Moritz. "Diese Metakommunikation festigt auch die professionelle Zusammenarbeit – und daran ist jeder Chef interessiert."
Am Ende von zwei Seminartagen nehmen wir eine Reihe Selbsterkenntnisse und einen Schwung Vorsätze mit. Die junge Chefin will die Methoden ihrem Team beibringen, mehr delegieren und ihre Mitarbeiter loben. Ich will in Konflikten künftig häufiger die Perspektive des anderen erfragen. Die Projektgruppe hat einen Leitfaden für das Konfliktgespräch mit dem Chef vorbereitet. Die Frauen sind zuversichtlich. "Und wenn es nicht klappt, kommen wir mit dem Chef wieder." Bei mir hat es tatsächlich geklappt. In Team-Besprechungen verwende ich die SAG-ES-Methode. Ich höre aktiv zu, frage nach, wie ein Kollege eine Aussage meint, bevor ich mich voreilig über das aufrege, was bei mir angekommen ist. Das Leben ist ein bisschen einfacher geworden. Streiten kann man also wirklich lernen.
Dieser Artikel ist zuerst auf zeit.de erschienen.