Wer in einer konservativen Branche wie dem Bankensektor arbeitet, hat es als Mann in Sachen Outfitfragen leicht: Dunkler Anzug, weißes Hemd, dezent gestreifte Krawatte und passende schwarze Schuhe. Schon ist das Outfit für den Berufsalltag perfekt. Während in Lifestyle-orientierten Branchen wie dem Marketing, der PR oder aufstrebenden Internetunternehmen auch durchaus eine bunte Stoffhose zum dunklen Jackett getragen werden kann, dominieren in konservativen Bereichen wie der Bank, der Unternehmensberatung oder bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften klassische Farben und Schnitte. Zwei Stilberater und Experten aus der Modebranche verraten, wie Mann trotz Kleidungsvorschriften Gespür für Eleganz beweisen kann und ein wenig neue Farbe in den modisch doch eher tristen Büroalltag bringt.
So kleiden Sie sich richtig
Wie kleidet man sich ordentlich? Dabei geht es um mehr als die Frage, ob mit oder ohne Krawatte. Welche Aussagen lassen sich durch welche Kleidung transportieren? Das ist keineswegs Jacke wie Hose. Ein Crashkurs.
Im Englischen heißt es „it fits“, wenn etwas passt. Daher das Wort „Outfit“. Ihre Kleidung sollte in drei Kategorien passen: Dem Anlass entsprechend, dem Typ entsprechend und der individuellen Aussage entsprechend. Genau in der Schnittmenge liegt das für sie optimale Outfit.
Anzug oder Kostüm sollten Werte wie Vertrauen und Sicherheit widerspiegeln. Das gilt auch für Mitarbeiter im Back-Office. Ein Ziel ist Understatement. Die Kleidung sollte modern und nicht bieder wirken; dunkle Business-Farben wirken am besten.
Es gilt, einen Tick schicker zu sein als im klassischen Business. Hosen mit Pullover gehen maximal in der Werbebranche. Ansonsten eher kompletter Hosenanzug oder Blazer-Hose-Kombi für Damen, Anzüge und Kombinationen für Herren. Anspruchsvoll, gehobene Qualität und dunklere Farben.
Professioneller Look ist hier unabdingbar. Klassische Kostüme, Anzüge und Kombinationen in mittleren bis dunkleren Farbtönen. Farben dürfen nicht ins Auge springen, sollten aber modern sein.
In der Werbung oder bei den Medien darf es bunter und ausdrucksstark zugehen. Hier ist Nähe angesagt und schwarze Kleidung ist da sehr hinderlich.
Für besonders große Männer empfehlen sich farbliche Unterteilungen. Also zum Beispiel blaue Hose oder roter Pullover. Das unterbricht die Größe und lässt Sie weniger lang wirken. Männer mit langen Beinen tragen am besten längere Jacken und Ärmel.
Ist Ihr Körper insgesamt kurz, empfiehlt sich farblich Ton in Ton. Farbliche Unterteilungen würden die Kürze betonen. Haben Sie kurze Beine, sollten Sie von Hosenaufschlägen absehen – und auch davon, Ärmel aufzukrempeln.
Tiefsinnige und Kreative wollen sich ausdrücken. Die Erscheinung darf Außergewöhnliches bieten, also kreativer Kragen, Schmuck, extravagante Brille oder bunte Farben. Bodenständige Typen verwenden besser natürliche Materialien und Erdtöne. Dramatiker und Extrovertierte mögen vielleicht asymmetrisch geschnittene Kleidung – sie sollten dann aber darauf achten, dass sie niemals billig wirkt. Zu sportlichen Typen passen Blau und Grün.
Sollten Sie eine schlanke Frau sein und Kleidergröße 32 bis 34 tragen, sehen Röhrenjeans super aus. Ab Kleidergröße 40 sehen Sie mit ihnen dicker aus. Es liegt also stets an der Form ihres Körpers.
Sind Schulter, Taille und Hüfte gleich breit, empfiehlt sich eine gerade Hose oder ein gerader Rock.
Die Schulter ist schmaler als die Hüfte. Hier sollten Sie Hosen und Rücke in der sogenannten A-Linie mit kurzen Oberteilen kombinieren.
Die Schulter ist breiter als die Hüfte: Hier empfehlen sich Caprihosen, Röhrenhosen und enge Röcke. Die schmalen Hosen lassen sich gut in Stiefel stecken.
Die Figur ist wie eine 8 geformt. Sie ist eine sehr weibliche Figurform. Die Röcke sind konisch geschnitten, sie werden zum Knie hin schmaler. Passende Hosen sind Hosen in Bootcut-Schnitten.
Der Anzug
„Wer im Berufsalltag modisch sein will, geht weniger über die Farbe des Anzugs, als über dessen Schnitt“, erklärt Oliver Rauschmayer. Er ist Leiter des Maßateliers beim Moderiesen Breuniger. Der gelernte Schneider berät seit vielen Jahren Männer in Sachen Mode für den Job und meint: „Vor allem auf die Details kommt es an.“ So rät er modebewussten Männern zu einem Anzug in einem eleganten Blau. Diese Farbe sei sehr schick und hebe sich gut von klassischen Anzügen in gedeckten Farben wie Anthrazit und Grau ab. „Blau ist in gewissem Rahmen modern und modisch, wohingegen grau als Anzugfarbe sehr klassisch ist.“ Ähnlich sieht das Bernhard Roetzel, Buchautor und Stilkritiker im Bereich der klassischen Herrenmode: „Gerade ein etwas helleres Blau als das bekannte Marineblau, das sogenannte Neapolitanerblau, ist sehr modisch ohne dabei übertrieben zu wirken.“ Auch seien Musterungen wie Hahnentritt oder Glencheck erlaubt, sofern sie in dezenten Farben gehalten sind.
Darauf sollten Sie beim Anzug achten
Hände weg von Synthetik: Polyester, Polyacryl und Co. bringen den Träger nur ins Schwitzen. „Gentleman“-Autor Bernhard Roetzel rät zu 100 Prozent Naturfasern, im Idealfall Schurwolle. Diese ist im Gegensatz zu einfacher Wolle frisch geschoren und zeichnet sich daher durch besonders feine Fasern aus. Stoffe aus Schurwolle sind elastisch, glatt und fallen besser. In vielen Fällen können Anzugkäufer die Stoffqualität auch dadurch ausmachen, indem sie einmal zupacken und schauen, wie stark der Stoff knittert. Das ist aber nicht immer ein Qualitätshinweis: Leinen knittert beispielsweise immer.
Billiganzüge haben meist ein synthetisches Futter aus Kunstfasern. Bessere Anzüge sind mit Viskose gefüttert. Das ist zwar auch synthetisch, wird aber aus Holz hergestellt und weist somit gleiche Eigenschaften auf, wie Baumwolle. Im besten Fall ist das Futter jedoch aus Seide.
Je billiger der Anzug, desto weniger Stiche weisen die Nähte auf. Wichtig ist vor allem, dass sie ordentlich und gerade verlaufen. Wer dafür keinen Blick hat, kann einfach den ausgewählten Anzug mit einem teuren High-Ende-Modell vergleichen. Wichtig ist hierbei auch die Hose auf links zu drehen und die inneren Nähte zu begutachten.
Billiganzüge verzichten gerne auf einen ordentlich verarbeiteten Saum. Dadurch fransen die Stoffränder schnell aus.
An Knöpfen lässt sich die Qualität eines Anzugs kaum ausmachen. Diese sind in so gut wie allen Preisklassen aus Kunststoff. Lediglich am oberen Ende haben Anzüge Knöpfe aus Büffelhorn, Steinnuss oder Perlmutt. „Das sind aber eher traditionelle Qualitätsmerkmale“, sagt Stilexperte Bernhard Roetzel.
Einig sind sich die beiden Modefachmänner beim Schnitt des Anzugs: Ein perfekter Sitz ist Pflicht. Das heißt zunächst einmal, dass die Ärmel des Sakkos nicht zu lang sein dürfen, etwa ein Finger breit müssen die Manschetten des Hemdes noch zu sehen sein. Und auch bei der Hosenlänge ist eine exakte Länge wichtig. Dabei sollte sie Hose leicht auf dem Schuh aufsetzen und eine sogenannte „Nase“ an der Vorderseite, also einen leichten Knick bilden. Von sehr kurz geschnittenen Hosen, die den Schuh nur touchieren und gerade in der Modebranche sehr beliebt sind, rät Oliver Rauschmayer allerdings ab: „Das wirkt dann schnell übertrieben und in einem konservativen Arbeitsumfeld nicht angemessen.“
"Der Anzug bildet den Rahmen für Hemd und Krawatte"
Neben Arm-und Beinlänge ist der gute Sitz des Sakkos entscheidend. Hier empfiehlt Bernhard Roetzel stilbewussten Männern einen schmalen Schnitt, das Sakko darf jedoch auch nicht zu eng anliegen. „Hier ist dann das Geschick des Verkäufers gefragt, gleich von Anfang an die passende Konfektionsgröße für den Kunden zu wählen“, so Roetzel. Aber auch hier gilt: Modischer, schmaler Schnitt ist erlaubt, von übertrieben eng und kurz geschnittene Jacketts und Hosen sollte man im Berufsalltag lieber die Finger lassen. Stattdessen rät Roetzel lieber zu Variationen im Design des Jacketts. So erleben Zweireiher, Anzüge die statt einer Knopfleiste zwei haben, eine Renaissance und ließen sich sehr gut im Berufsalltag tragen. Ähnlich sieht es mit dem Revers des Jacketts aus. So könnten modebewusste Männer statt Jacketts mit einem klassischen, nach unten gerichteten Revers durchaus auch zur Anzugjacke mit spitzem Revers greifen, ohne direkt als übertrieben modisch abgestempelt zu werden.
So sollte der optimale Anzug für den modebewussten Büromenschen gut sitzen und nicht zu auffällig sein. „Der Anzug bildet immer eine Art Rahmen für Hemd und Krawatte, hier gibt wesentlich mehr Variationsmöglichkeiten“, sagt Roetzel.
Die Krawatte:
Hier hat Mann die meisten Spielmöglichkeiten - sowohl in Sachen Farben und Materialien. So seien Krawatten in Strickoptik für den Berufsalltag durchaus erlaubt, auch bei der Breite gebe es Variationsmöglichkeiten. „Allerdings sollte sich die Breite der Krawatte zunächst an der Breite der Brust bemessen“, erklärt Bernhard Roetzel. Das heißt im Klartext: Je breiter die Brust, auf der die Krawatte aufliegt, desto breiter dieselbe.
Es muss also nicht immer die klassische Krawatte mit diagonalen Streifen sein, kleine Tupfen und ähnliche Muster sind selbst im strengen Businessdresscode erlaubt. Bei der Krawattenalternative Nummer eins, der Fliege, scheiden sich die Meinungen der Modeexperten jedoch. Während Oliver Rauschmayer vom Fliegetragen tendenziell abrät, da dies oftmals zu modisch sei und eher zur klassischen Abendgarderobe gehöre, sieht Roetzel in der Fliege eine Alternative für die klassische Krawatte: „Sie müssen sich allerdings bewusst sein, dass sie damit eher auffallen und mit möglichen Kommentaren gut umgehen können.“ Wer sich jedoch sicher ist, dass er der richtige Typ für eine Fliege sei, der könne ohne Probleme auch damit im Büro auflaufen.
So verschieden die Meinungen der Experten zur Fliege, so einig sind sie sich über die Frage, ob es im Büroalltag auch ganz ohne Krawatte, nur mit offenem Hemdkragen geht. „Davon würde ich generell abraten, egal in welcher Position im Unternehmen man steht“, sagt Bernhard Roetzel. Auch Oliver Rauschmayer sieht eine gewisse Krawattenpflicht: „Selbst im höheren Management gehört eine Krawatte dazu. Denn was ein Manager trägt, repräsentiert in gewisser Weise auch das Unternehmen und ist gleichzeitig modische Leitlinie für alle Mitarbeiter.“
Die Schuhe:
Ähnlich einig sind sich die beiden Modeexperten bei der Frage des richtigen Schuhwerks: An Lederschnürern führt kein Weg vorbei, Turnschuhe und Sneakers sind beim Anzug tabu. Stattdessen sollten Sie darauf achten, dass der Schuh von seiner Wertigkeit und seinem Aussehen dem gesamten Outfit entspricht. Billige Schuhe mit dicker Sohle aus dem Kaufhaus zum teuren Maßanzug sind also ein Fauxpas. Variationsmöglichkeiten gibt es jedoch in der Materialwahl: „Wer es konservativ mag, greift zum schwarzen Glattlederschuh, aber auch dunkelbraune Wildlederschnürer können einen dezente Eleganz vermitteln“, sagt Roetzel. Wichtig bei der Schuhwahl: Der Gürtel sollte eine ähnliche Farbe und ein ähnliches Material wie die Schuhe besitzen. Ob die Schuhe allerdings eine dünne Gummisohle brauchen oder lieber doch mit der klassischen Ledersohle ausgestattet sein sollte, ist Geschmacksfrage, so Oliver Rauschmayer.
Guter Sitz ist ein Muss
Das Hemd:
Beim Hemd gilt ähnliches wie beim Anzug: Ein guter Sitz ist ein Muss für den erfolgreichen Auftritt im Berufsalltag. Dabei raten die Experten zu den klassischen Farben Weiß und hellblau, auch feine Musterungen sind möglich. Doch auch beim Hemd zeigt sich der modebewusste Träger weniger durch auffallende Farben, als durch den Schnitt. „Gerade der sogenannte Haifischkragen sieht elegant und gleichzeitig modern aus“, sagt Bernhard Roetzel. Ebenso könnte ein Hemd mit Umschlagmanschette, in die dann Manschettenknöpfe gesteckt werden, für das besondere Etwas im sonst so schnöden Businessoutfit sorgen. Neben dem guten Sitz sollten Sie beim Kauf auch auf das Material achten: „Mit einem reinen Baumwollhemd sind sie immer auf der sicheren Seite“, so Oliver Rauschmayer.
Die Accessoires:
Auch wenn sogenannter Herrenschmuck im Berufsalltag wenig zu suchen hat, gibt es einige Accessoires, die dem Businessoutfit die persönliche Note verleihen. So kann ein passendes Einstecktuch für die persönliche Note sorgen. Wichtig dabei: Das Tuch sollte sauber gefaltet sein und sich dem Stil und Farbe der Krawatte anpassen. Unter Kennern gilt ein Tuch, das aus dem exakt gleichen Material wie die Krawatte gearbeitet ist, allerdings als Stil-und einfallslos.
Ähnlich sieht es mit Manschettenknöpfen aus: „Die Manschettenknöpfe sind das klassische Accessoire in der Herrenmode und können im Büro zweifelsohne getragen werden“, sagt Rauschmayer. Manschettenknöpfe erleben in den vergangenen Jahren eine enorme Renaissance, in Onlineshops gibt es die Knöpfe, die den Hemdsärmel zusammenhalten sollen in allen Formen, Farben und Funktionen. Vom USB-Stick in Manschettenknopfform bis zum extravaganten Goldnugget-Knopf ist alles dabei. Bei diesem Überfluss an Auswahl rät Bernhard Roetzel zu Zurückhaltung: „Wenn Sie stilsicher rüberkommen wollen, tragen Sie massive Knöpfe oder leichte, farbige Baumwollknötchen als Manschettenknöpfe. Zu viel Spielerei sollten Sie hingegen vermeiden.“
Und auch bei den Socken hat Mann heutzutage einen gewissen Spielraum. Während früher Kniestrümpfe in Schwarz Pflicht waren, kommt heute zunehmend Farbe ans Bein des Büroarbeiters. „Hier können Sie beispielsweise mit dunkelroten Socken, und einer farblich passenden Krawatte punkten“, so Roetzel. Solche dezenten Kombinationen fielen modeinteressierten Männern positiv auf, „wer an diesem Thema kein Interesse hat, wird solch ein Detail hingegen gar nicht bemerken.“ Neben Dunkelrot seien auch flaschengrüne Socken ein gutes Detail, um dezent das eigene Gespür für Mode zu beweisen.
So hat sich in Sachen Mode in deutschen Büros in den vergangenen Jahren nicht viel geändert. Wer jedoch genauer hinschaut erkennt, dass es durchaus feine Unterschiede gibt. So zeichnet sich ein perfektes Businessoutfit durch einen guten Sitz, fein abgestimmte Farben und kleine Details aus. So seien gerade Outfits, die zunächst unaufregend und dezent aussähen, oft die besten, aber auch diejenigen, die schwer umzusetzen seien.