Kreativität Wie sich Einfallsreichtum fördern lässt

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Dieter Kurz Quelle: Illustration: Birgit Lang

Mehr noch: Eine repräsentative Umfrage der Leipzig Graduate School of Management ergab, dass gerade einmal 3,4 Prozent der Deutschen finden, ihr Arbeitsumfeld fördere Kreativität. Auch deshalb, weil gezielte Techniken dafür nur selten zum Einsatz kommen.

Deutschland, das Land der Tüftler und Erfinder? Von wegen! „Gute Einfälle sind Geschenke des Glücks“, behauptete einst der deutsche Dichter Gotthold Ephraim Lessing. Das ist nur die halbe Wahrheit – denn Führungskräfte können viel dafür tun, das Kreativ-Gen ihrer Belegschaft zu fördern. Vorausgesetzt, sie verfügen über die „Innovatoren-DNS“, wie sie Clayton Christensen nennt.

Kreative sind bereit, Dinge zu verändern

Der Ökonomie-Professor der Harvard Business School hat in den vergangenen sechs Jahren analysiert, welche Gemeinsamkeiten besonders kreative Unternehmer und Führungskräfte auszeichnen. Mit über 3000 Managern und Gründern haben er und seine Kollegen in dieser Zeit gesprochen. Vor allem fünf Führungsqualitäten hält Christensen für entscheidend:

Beobachten. Als etwa der Amerikaner Scott Cook noch beim Konsumgüterkonzern Procter & Gamble arbeitete, bemerkte er, dass seine Frau kaum die Übersicht über die Finanzen behalten konnte. Das inspirierte ihn zum Programmieren der Finanzsoftware Quicken.Experimentieren. Von dem berühmten Erfinder Thomas Edison stammt der Ausspruch: „Ich bin nicht gescheitert. Ich habe einfach nur 10.000 Möglichkeiten gefunden, die nicht funktionieren.“ Genau das macht für Christensen den Geist der Kreativen aus.Hinterfragen. Kreative Führungskräfte seien jederzeit dazu bereit, Dinge zu verändern. Zum Beispiel der Softwareunternehmer Michael Dell, der sich einst darüber wunderte, dass ein Computer das Fünffache der Summe seiner Teile kostete – und daraufhin beschloss, sie billiger zu produzieren.Verknüpfen. Pierre Omidyar wollte seiner Verlobten vor einigen Jahren ein Geschenk machen, fand es im lokalen Anzeigenmarkt aber nicht. 1995 gründete er das Online-Auktionshaus Ebay.Vernetzen. Jeffrey Immelt, CEO von General Electric, hat im Konzern die „Reverse Innovation“ eingeführt. Seitdem werden viele Produkte in Ländern wie China und Indien entwickelt, vertrieben werden sie in den USA.

Unnötige Oasen

Gewiss, nicht jeder Büroangestellte hat so bahnbrechende Geistesblitze wie die Gründer von Milliardenunternehmen oder Top-Manager von Weltkonzernen. Dennoch können auch deutsche Abteilungsleiter viel davon lernen, da sich ihr Ideenreichtum häufig auf das reichlich antiquierte betriebliche Vorschlagswesen reduziert.

Fest steht: Unternehmen müssen die Büros nicht gleich zu Wohlfühloasen umbauen, wie es zum Beispiel der Internet-Konzern Google in seinem Forschungs- und Entwicklungszentrum in Zürich getan hat – mit Entspannungsräumen, Massageliegen oder einer Rutschbahn in die Kantine. Ebenso wenig ist es zwingend, ein Fitnessstudio mit eigenen Trainern und einen Fußballplatz einzurichten – so geschehen in der Hauptzentrale des Modeunternehmens Hugo Boss im schwäbischen Metzingen. Alles schön und gut – viel wichtiger aber ist das Klima auf den Fluren.

Kreativforscher sind sich inzwischen sicher: Die Mitarbeiter brauchen das Gefühl, dass ihr Arbeitgeber Einfallsreichtum fordert und fördert – dann werden sie auch kreativer. Ein Weg dorthin sind Berufsbilder, deren Aufgabe darin besteht, sich um die Geistesblitze der Belegschaft abseits von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen zu kümmern.

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