Erkenne dich selbst Warum so viele Manager auf Self-Awareness setzen

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Rendite und blinde Flecken

Wie aussagekräftig dieser Vergleich ist und wie wichtig er für Unternehmen sein kann, zeigt eine Studie der Personalberatung Korn Ferry. Eine Stichprobe, in der 6977 Mitarbeiter in 486 Unternehmen ihre eigenen Fähigkeiten bewerten sollten, verglichen die Autoren mit der Bewertung der gleichen Mitarbeiter durch Kollegen. Erkannte ein Mitarbeiter eine Stärke, wo Kollegen eine Schwäche sahen, nannten die Forscher das einen blinden Fleck. Die Häufigkeit dieser Flecken in einem Unternehmen setzten sie dann ins Verhältnis zu dessen Rendite. Das Ergebnis: Firmen mit einer geringen Zahl blinder Flecken – und damit einem hohen Anteil an Mitarbeitern mit guter Selbstwahrnehmung – waren im beobachteten Zeitraum profitabler als Firmen mit vielen blinden Flecken.

Für Hans Langer ist das Grund genug, die Zahl der blinden Flecken in seinem Unternehmen möglichst klein zu halten. Der CEO des 3-D-Druck-Unternehmens EOS Group sagt, er sei es als Physiker sowieso gewohnt, sich stark mit seinen eigenen Gedanken zu beschäftigen. Dabei schreckt er auch vor ganz grundlegenden Fragen nicht zurück: Was ist meine Berufung? Was ist für mich wichtig? Warum tue ich das, was ich tue? Und deshalb kennt er mittlerweile auch seine Stärken und Schwächen: „Ich bin als Gründer eher Visionär“, sagt Langer, „Ich umgebe mich daher mit einem Team, das mich bei der Umsetzung unterstützt.“

Seitdem er weiß, dass ihm das Hinterfragen der eigenen Fähigkeiten und der eigenen Motivation wertvolle Einsichten bescheren kann, verlangt er das auch von seinen Mitarbeitern: „Bei unseren Führungskräften bestehe ich darauf, dass sie sich mit diesen Fragen befasst haben“, so Langer, „Das Gleiche erwarte ich auch von den Gründern der Start-ups, in die wir als Gruppe investieren.“

Wegen ihrer vielen Vorzüge feiern die Verfechter der Self-Awareness die grenzenlose Selbstbespiegelung. Doch wer lange genug sucht, gräbt in den Tiefen des eigenen Bewusstseins zwangsläufig auch Dinge aus, die nicht unbedingt weiterhelfen. In einer Studie aus dem Jahr 2015 fanden Forscher um Anna Sutton von der Manchester-Metropolitan-Universität zwar heraus, dass eine bessere Selbstwahrnehmung mit individuellem Wohlbefinden und verbessertem Miteinander mit Kollegen einhergeht.

Allerdings berichteten ein paar der 88 Studienteilnehmer nach einem Selbstwahrnehmungsworkshop auch von negativen Effekten. Ein Teilnehmer fühlte sich etwa besonders verletzlich und war demnach bei der Arbeit wenig effektiv. Zu sehr ins Grübeln sollte man auf dem Weg zur Selbsterkenntnis also nicht geraten.

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