Fachkräfte und Nachfolge Was Unternehmen beim Recruiting besser machen können

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Mediation hilft bei Nachfolge-Konflikten

 

Stephanie Huber aus dem Allgäu verfolgt einen anderen Ansatz. Die Mediatorin kümmert sich ausschließlich um die höheren Etagen in den KMU, wo Unternehmensnachfolgen anstehen oder bereits umgesetzt wurden. Nicht immer geht das reibungslos – ein Umstand, den sich die Unternehmen nicht nur wegen des Mangels an alternativen Kandidaten nicht leisten können. „Wenn sich der Senior und der designierte Nachfolger nicht verstehen, fließt häufig ihre ganze Energie in den Konflikt, statt in die Geschäfte“, sagt Huber, die sich als Geschäftsführerin der Beratung „Consensation“ in Memmingen ganz auf Mediation bei Nachfolgekonflikten verlegt hat.

Mehr als die Hälfte der familiengeführten Unternehmen will laut Huber eine Übergabe innerhalb der Familie hinbekommen. In der Praxis ist das nicht immer einfach, selbst wenn die Führung der Geschäfte von Vater oder Mutter auf Sohn oder Tochter abgegeben werden soll. Nicht alle Söhne und Töchter wollen die Unternehmensnachfolge antreten. Und wenn, dann verfolgen sie manchmal andere Ansätze.

Dem Senior fällt es umgekehrt manchmal schwer loszulassen, auch wenn er es sich womöglich vorgenommen hat. „Das eigene Unternehmen ist ihr Leben, ihr ‚Baby‘“, sagt Stephanie Huber. Nicht selten läuft es dann so ähnlich wie beim Loriot-Klassiker „Pappa ante Portas“ – nur, dass der Senior statt in den heimischen Haushalt weiter in die Amtsgeschäfte hineinfunkt.

Vorbeugen können frühzeitige Planung und ein gemeinsamer Fahrplan für die Übergabe, beispielsweise mit einer klar definierten Übergangsphase. Wie das gelingen kann, zeigt das Beispiel von Maximilian Viessmann aus dem nordhessischen Allendorf. Das Familienunternehmen Viessmann ist auf Heiz- und Kühlsysteme spezialisiert. Vater Martin Viessmann übergab bereits 2016 im Alter von 63 Jahren einen Teil der Geschäfte an seinen Sohn und seinen damaligen Stellvertreter. Im vergangenen Sommer übernahm das junge Duo die Geschäftsführung, der Senior redet aber noch mit. Einmischung? Konflikte? „Solche Klischees können wir nicht bedienen“, sagt Maximilian Viessmann im WiWo-Interview.

Soll ein externer Nachfolger gefunden werden, liegen die Dinge noch schwieriger. Portale wie Jobify können nur eine Ergänzung sein, meint der Managementberater Frank Rechsteiner. „Die Zeiten von ‚post and pray‘ sind vorbei“, sagt er und meint damit die altgediente Praxis, Stellenanzeigen zu schalten und auf Bewerbungen zu warten. Wenn Unternehmen das noch nicht erkannt hätten, müssten sie sich sehr beeilen. Rekrutierung von Mitarbeitern und Führungskräften wandle sich zu einer Aufgabe, bei der die Arbeitgeber mittlerweile den aktiveren Part einnehmen müssen. „Seit etwa drei Jahren beobachten wir, dass aus dem Arbeitgebermarkt ein Arbeitnehmermarkt geworden ist“, sagt Rechsteiner.

Was früher Aufgabe der Bewerber war – sich präsentieren, Vorzüge hervorheben und Angebote machen – muss nun Teil der Überlebensstrategie von KMU werden. „Ich beobachte eine gewisse Hilflosigkeit“, sagt Frank Rechsteiner. Die Probleme fangen an, wenn die Managementebene damit konfrontiert ist, die „neue aktive DNA“ zur Selbstdarstellung zu definieren. Und wer glaube, Anzeigen einfach nur online statt in der Zeitung schalten zu müssen, habe schon die nächste Entwicklung verschlafen. „Unternehmen müssen im Grunde die Aufgaben von Headhuntern übernehmen.“ Rekrutierung wird noch mehr als bisher von Beziehungen abhängen – nur, dass jetzt die Arbeitgeber diese spielen lassen müssen, um an die richtigen Mitarbeiter zu kommen.

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