Chief Digital Officer, kurz CDO, sind in Deutschland bisher rar gesät: Nur rund zwei Prozent der deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern haben laut einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom einen CDO - meist sind es große Konzerne wie VW oder die Deutsche Bank. Was dagegen mehrere Unternehmen haben, sind CIOs, also Chief Information Officer.
Die spielten in der Vergangenheit eine wichtige Rolle als Verantwortliche für Informationstechnologie und Computersysteme in ihren Unternehmen. Auch CIOs können der notwendige Impulsgeber für den Wandel sein.
Auf die Fähigkeiten kommt es an
„Die Herausforderung für CIOs besteht darin, die IT-Infrastruktur auf aktuellstem Stand zu halten und gleichzeitig neue, innovative Technologien einzuführen“, erklärt Martin Hofmann, CIO des Volkswagen-Konzerns, seinen Job. Diese Anforderung einer „bimodalen IT“ lasse den CIO zu einem Transformationsmanager werden.
Und Alexander Bockelmann, CIO und CDO beim Versicherungsunternehmen UNIQA sagt: „CIOs müssen künftig immer mehr in der Lage sein, verschiedene Rollen einzunehmen und sich strategisch wie praktisch bei technologiebasierten Geschäftsmodellen einzubringen.“
Alles eine Frage der Position also? Wer den richtigen Chief Irgendwas Officer im Betrieb hat, bekommt den Kulturwandel frei Haus? „Man braucht nicht zwangsläufig einen CDO oder einen CIO oder beide. Man braucht die richtigen Fähigkeiten“, sagt Lars Gollenia. Er ist Berater bei der Spencer Stuart, einer Unternehmensberatung, die sich auf die Vermittlung von Top-Führungskräften spezialisiert hat. Er ist überzeugt, dass auch ein altgedienter IT-Leiter der Schlüssel zur digitalen Zukunft eines Unternehmens sein kann – wenn er seine Fähigkeiten im Bereich Führung, Planung und Kommunikation erweitert.
Fünf Typen von CDO
Was ihn auszeichnet: Er fokussiert sich auf die Entwicklung der digitalen Strategie und fördert Innovation im Unternehmen. Seine Kernaufgabe besteht darin, das existierende Geschäft durch den Einsatz von digitalen Technologien zu transformieren und auf dem Weg zu einem weitgehend digitalen Unternehmen neue Impulse zu geben.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Industrieunternehmen sowie eher traditionelle Betriebe in der Chemie-, Öl-, Gas- und Bergbau-Branche.
Was ihn auszeichnet: Im Gegensatz zum Progressive Thinker geht dieser CDO bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle mit einer zupackenden Mentalität vor, um neue Umsätze zu erschließen. Er bringt Ideen und Technologien von außerhalb der Industrie ins Unternehmen ein und fördert damit neues Denken. Er scheut auch nicht davor zurück, das existierende Geschäftsmodell zu kannibalisieren oder in Frage zu stellen.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Gerade für Unternehmen, die wegen der Digitalisierung vor extremen Veränderungen stehen – etwa verbraucherorientierte Branchen –, können sie eine wertvolle Stütze sein.
Was ihn auszeichnet: Er fokussiert sich vor allem auf die Kundenzufriedenheit und denkt marktorientiert. Er verbindet die digitale mit der analogen Welt und garantiert nahtlose Multichannel-Kundenerfahrung. Für ihn stehen der Online-Verkauf und weitere digitale Services rund um das physische Produkt im Vordergrund.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Das wahre Kundenbedürfnis ist stets sein zentraler Bezugspunkt. Daher ist er insbesondere für kundenorientierte Branchen wie Banken, Handel oder Tourismus geeignet.
Was ihn auszeichnet: Seine Vorgehensweise kommt der des innovativen und businessfokussierten Chief Information Officers oder Chief Technology Officers sehr nahe. Er ist davon überzeugt, dass der effiziente Einsatz digitaler Technologien eine Grundvoraussetzung für die Realisierung neuer (disruptiver) Geschäftsmodelle ist.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Für welche Unternehmen er sich eignet: Gerade Unternehmen aus der produzierenden Industrie, die ihre Lieferketten optimieren und digitale Technologien in ihren Fabriken einführen, profitieren von diesem Typus.
Was ihn auszeichnet: Er ist sicherlich der anspruchsvollste unter den fünf Archetypen, da er alle zentralen Aspekte der digitalen Transformation verantwortet und über Fachkenntnis in mehreren Bereichen verfügt: Marketing, Technologie und Change Management. Sein Arbeitsspektrum erstreckt sich von der Entwicklung digitaler Strategien und Geschäftsmodelle über digitales Marketing bis hin zur Implementierung neuester Technologien.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Er empfiehlt sich vor allem für all diejenigen Unternehmen – egal aus welcher Branche –, die bisher wenig in ihre digitale Transformation investiert haben und die dadurch den Anschluss verpassen könnten. Denn sie brauchen eine Führungskraft, die sich schnell und umfassend der digitalen Themen annimmt.
Denn in Zukunft brauche ein Manager viel mehr als nur technisches Verständnis, um zum Treiber der Digitalisierung zu werden, so Gollenia: „Ein CDO muss das, was in der Vergangenheit an IT aufgebaut wurde, weiterführen, Kosten senken und neue Technologien integrieren. Er muss aber auch gestalten, proaktiv auf andere zugehen, neue Talente ins Unternehmen einbringen und die vorhandenen weiterentwickeln. Und er muss neue, digitale Geschäftsfelder entwerfen und umsetzen.“ Das könne nicht jeder CIO.
„Während der CIO im Normalfall die Machbarkeitsbrille aufhat, trägt der CDO die Möglichkeitsbrille“, sagt Gollenia. Und auf letztere kommt es beim neuen Denken an. Wer deshalb seinem CIO noch einen CDO vor die Nase setzen will, braucht allerdings Fingerspitzengefühl. Seiner Erfahrung nach tue sich die Mehrheit der IT-Chefs schwer, wenn ein Chef-Digitalisierer ins Unternehmen geholt werde. Wer Reibereien vermeiden will, siedelt deshalb beide Positionen auf gleicher Ebene an.