Und das ist nur allzu verständlich, denn jeder Wandel bedeutet Ungewissheit, jede Ungewissheit bedeutet Angst.
Experten wie der Soziologe Christoph Kucklick sprechen im Zuge der Digitalisierung längst von den größten Umwälzungen am Arbeitsmarkt seit der industriellen Revolution, bei der die Erfindung der Dampfmaschine 90 Prozent aller Jobs in der Landwirtschaft vernichtete.
Dennoch sind Fachleute überzeugt: Die Belegschaft bremst Innovationen nicht per se aus. Vielmehr hängt der Erfolg des Wandels vom Management ab. Mit diesen vier Methoden können Sie die Belegschaft für den Neuanfang begeistern:
1. Schlüsselfiguren überzeugen
Wer ist im Unternehmen unverzichtbar? Wer kann den Wandel blockieren? Und wer hat den größten Einfluss auf seine Kollegen? Die Antworten auf diese Fragen sind essenziell. Denn nur wer die Schlüsselfiguren in seiner Belegschaft identifiziert und begeistert, kann große Veränderungen durchsetzen.
Wie gehen Sie mit Stress und Ärger um?
Denken Sie darüber nach, welche Faktoren Stress auslösen und bringen Sie diese in eine Rangfolge. Nicht alle Gründe wiegen gleich schwer. Stressauslöser, die bisher als unumgänglich gelten, könnten zu körperlicher und seelischer Beeinträchtigung führen.
In kritischen Situationen spontan regieren zu können, ist nicht nur auf der Straße wichtig. Auch im Büro sollte die Bedeutung des Bauchgefühls nicht unterschätzt werden. Wer in Situationen mit Kollegen und Kunden zu kopflastig reagiert, kann sie in Sekunden vergraulen. Laut Conen ist Intuition lernbar – und kann wieder erweckt werden, falls man dazu bereit ist.
Jede Veränderung schenkt ein Stück neues Leben. Dennoch ist nicht jeder Unmut Grund genug, alles über den Haufen zu werfen. Veränderung ist kein Allheilmittel. Tiefen durchzustehen ist das eine, chronischer Frust das andere.
Viele vermeiden es über Jahre, sich Erschöpfung einzugestehen. Ein Burnout kann ein schleichender Prozess sein. Jahrelanger Medikamenten, Alkoholmissbrauch, Autoimmunerkrankungen oder psychische Auffälligkeiten weisen auf Erschöpfung hin.
Lernen Sie ihre Sinne wieder einzusetzen. Riechen und fühlen Sie die Natur oder konzentrieren Sie sich auf die verschiedenen Bestandteile ihres Essens. Verlangsamen Sie eine Aktivität wenn es möglich ist und genießen Sie den Augenblick. Versuchen Sie die Umgebung abzuscannen und sich einzuprägen.
Das Chamäleon sollte das Tier dieses Jahrhunderts werden. Es zeigt alle Fähigkeit, die heute notwendig sind. Vor allem kann es sich auf veränderte Bedingungen einstellen. Es geht nicht darum, seine Authentizität zu verlieren. Es geht darum, sich nicht mehr zu wünschen, dass alles wieder so wird, wie es mal war. Das macht unglücklich. Wagen Sie in der Jobkrise den Sprung in eine zweite Karriere.
Hinterfragen Sie, wo Sie wie viel Energie investieren und ob es sich lohnt. Hinterfragen Sie Ihre innere Motivation und konzipieren Sie um. Schaffen Sie es Ihr Energielevel unter Kontrolle zu halten, bleibt mehr für die Freizeit über.
Achten Sie nicht nur darauf, was Personen in Ihrem Umfeld sagen, sondern auch, wie sie es sagen. Die Wechselwirkung mit dem Gegenüber und die Umstände einer Konversation beeinflussen das Ergebnis in hohem Maße.
Stellen Sie sich vor, Sie wären Gast im Ratequiz „Was bin ich?“. Welche Eigenschaften, und dazu zählen eben auch die kleinen Fähigkeiten, machen Sie aus? Protokollieren Sie die Bereiche, die bisher noch nicht ausreichend zur Geltung kommen. Da gibt es bestimmt mehrere.
Eine positive Selbstbewertung senkt das Stresslevel. Fangen Sie morgens an mit einer positiven Grundstimmung und versuchen Sie, dieses Gefühl den Tag zu halten. Positive Selbstgespräche oder kurze tägliche Ritual helfen dabei. Auch malen, schreiben oder eine freundliche Büroeinrichtung wirken positiv.
Dabei sollte die Selbstbeobachtung nicht vergessen werden. Intuitive Selbstkontrolle hilft, während eines Gesprächs die Reaktionen seines Gegenübers nicht zu übersehen. Wie Sie auf andere wirken, lässt sich leicht bei einem Abschied erkennen. Ist die Situation entspannter, als bei der Begrüßung, hat sich der Gesprächspartner wohl gefühlt.
Seminare, lebenslanges Lernen, neue Herausforderungen. Nutzen Sie wirklich alle Ihre Bildungsurlaubstage? Haben Sie wirklich schon alles gelernt, was Sie sich vorgenommen haben? Trainieren Sie, nicht zu schnell zu satt zu sein und fordern Sie von sich selbst, mehr aus sich zu machen.
Ärger kann in kürzester Zeit zu Antriebslosigkeit führen. Das Take-Care-Prinzip soll helfen, sich weniger zu ärgern: Versuchen Sie zunächst, Ärger von sich fernzuhalten. Nicht jede Meinungsverschiedenheit mit Kollegen oder den Nachbarn ist einen Streit wert. Falls es doch dazu kommen sollte, distanzieren Sie sich innerlich. Einen Witz machen kann helfen. Sollte es doch heftiger kommen, ist es wichtig, sich beim Sport oder einen Urschrei abzureagieren.
Egal ob im Beruf oder im Privatleben, eine Entscheidung sollte nicht alleine aus dem Kopf heraus getroffen werden. Beziehen Sie Ihren Bauch mit ein. Auch wenn Sie ein Gefühl rational nicht nachvollziehen können, sollten Sie versuchen, es zu ergründen. Es könnte sein, dass ihre innere Stimme weiser ist, als Sie in diesem Augenblick.
Seien Sie die Schlange, nicht das Kaninchen. Reagieren Sie schneller als die anderen. Also erwarten Sie stets das Unerwartete, lernen Sie zu improvisieren, lösen Sie sich rasch von Denkmustern. Und vor allem: verändern sie Gewohnheiten.
Wer sich aufgibt, wird zum Spielball der Umgebung. Bestärken Sie sich jeden Tag darin, dass Sie über Ihr eigenes Lebens bestimmen. Conen empfiehlt: „Lernen Sie mitten im Geschehen zu sein und doch darüber zu stehen.“ Sie kommen mit Störungen besser um, wenn Sie sich als freier und selbstbestimmter Mensch fühlen.
Der Extremfall dieser wichtigen Knotenpunkte sind Piloten und Lokführer. Sie können das Tagesgeschäft lahmlegen und die Geschäftsführung faktisch erpressen, wenn Veränderungen ihnen nicht passen. Oder all diejenigen, die in Abteilungen für Forschung und Entwicklung arbeiten. Nur wenn sie ihr Wissen einbringen, kann die Transformation gelingen.
Die zweite Gruppe der Schlüsselfiguren ist schwieriger zu identifizieren, da sie sich nicht durch eine Position, sondern durch ihren Einfluss auf die Kollegen auszeichnen. Fragen Sie Ihre Vertrauten, wer nach deren Meinung ein solcher Influencer ist. Überlegen Sie genau, wer sich in öffentlichen Diskussionen viel einbringt und wie häufig er Unterstützung von anderen erhält. Vielleicht machen Sie sogar eine Liste, die Sie mit Ihren Vertrauten besprechen.
Sind die wichtigen Mitarbeiter identifiziert, müssen Sie versuchen, jeden Einzelnen zu überzeugen. Bitten Sie sie zu persönlichen Gesprächen und erläutern Sie Ihre Ideen, fragen Sie sie nach ihrer Meinung. „Können Sie einige Schlüsselpersonen nicht überzeugen, müssen Sie sich von ihnen trennen“, sagt Dieter Lederer, der Konzerne und große Mittelständler bei Veränderungsprozessen berät. Damit verhindern Sie, dass die Nörgler in der Belegschaft Unruhe stiften. Dass das arbeitsrechtlich schwierig ist, weiß natürlich auch Berater Lederer. Dennoch sollten Unternehmen überlegen, wie viel Geld ihnen der interne Frieden wert ist und entsprechende Abfindungen anbieten. Das ist kurzfristig finanziell schmerzhaft, langfristig aber strategisch klüger.
Die größten Fehler beim Einsatz von E-Mails
„Welche negativen Auswirkungen ergeben sich aus einem unreflektierten Umgang mit dem Medium E-Mail?“ Der E-Mail-Spezialist Günter Weick, der mit seinen Kollegen von SofTrust Consulting seit 2001 die E-Mail-Kultur internationaler Unternehmen gestaltet, nennt in seinem Buch „Wenn E-Mails nerven“ zwölf potentielle negative Nebenwirkungen.
Eine davon ist die Verschwendung von Arbeitszeit. Beratungsgesellschaften beziffern den Wert der verlorenen Arbeitszeit auf mehrere Milliarden Euro jährlich.
E-Mails haben Suchtpotenzial. Auf lange Sicht leisten die Mitarbeiter so in der regulären Arbeitszeit weniger.
Wer sich von E-Mails treiben lässt, ermüdet schneller, wie Studien belegen. Die ständigen Unterbrechungen durch Emails erhöhen das Bournout-Risiko.
Jeder dürfte es schon mal erlebt haben, dass der Text einer E-Mail falsch verstanden wird. Missverständnisse passieren einfach sehr viel häufiger als in direkten Gesprächen. Zudem treten auch fachliche Fehler leichter auf.
Hierarchien haben sich ja nicht aus Zufall gebildet. Wer berichtet was an wen – das umgeht die E-Mail-Kommunikation viel häufiger, als es alle Beteiligten wahr haben wollen. Vielleicht geht der „kleine Dienstweg“ per Email manchmal schneller, aber das geht zu Lasten von Zuverlässigkeit und Qualität.
Anstatt richtig in Prozessen organisiert zu sein, wird vieles immer wieder als Einzelfall betrachtet. Das ist nicht nur aufwendiger, sondern es passieren auch mehr Fehler.
Soziologen und Psychologen sagen, dass jene Menschen, die vor allem elektronisch kommunizieren, die Fähigkeit und das Interesse verlieren, sich mit Menschen direkt auseinanderzusetzen.
Es gibt viele Themen, in den E-Mails einfach die uneffektivere Kommunikationsform sind (siehe Seite 2). Die Geschäftsvorfälle dauern länger als notwendig und erfordern mehr Aufwand. So manches Thema, das sich per E-Mail über Wochen hinzieht, ist in einer Zehn-Minuten-Besprechung vom Tisch.
Das dringende Kleine im Posteingang wird wichtiger als das wirklich wichtige Große. Auch das ist ein Nachteil der E-Mail-Kommunikation. Umso wichtiger ist es, sich da gut zu organisieren.
Es kommt schnell zu einem Realitätsverlust: Mitarbeiter schicken Dutzende E-Mails durch die Gegend und glauben, sie hätten wirklich gearbeitet. Doch wie produktiv sind die meisten E-Mails wirklich? Hat man für das Unternehmen tatsächlich so viel bewegt, wie man in derselben Zeit hätte können?
Wer über weitere Strecken des Tages auf eingehende E-Mails reagiert, hat folglich weniger Zeit zum Agieren. Das frustriert den Einzelnen und bringt dem Unternehmen wenig.
Jeder will E-Mails schnell vom Tisch haben. Also wo immer möglich gilt da die Devise: weiterleiten statt erledigen.
2. Visionen teilen
Im Februar 2011 wandte sich der damalige Nokia-Chef Stephen Elop in einer emotionalen Rede an die Belegschaft. Darin verglich er den finnischen Konzern mit einer brennenden Ölplattform: „Was hat Nokia gemacht, während die Konkurrenz unsere Marktanteile in Flammen gesetzt hat? Wir sind zurückgefallen, wir haben große Trends verpasst, und wir haben Zeit verloren.“ Elop zeichnete eine erschreckende Bestandsaufnahme – wenngleich am Ende mit verhalten optimistischem Ausgang. Aber das reicht nicht, meint Berater Lederer. „Kurzfristig ist Angst zwar ein sehr starker Motivator“, sagt er. Aber auf die bedrohlichen Zukunftsszenarien müssten gleich die rettenden Visionen folgen. „Zeigt das Management keinen Ausweg auf, resigniert die Belegschaft und schaut sich anderweitig nach Jobs um.“
Besser machte es Andreas Kaufmann, heute Aufsichtsratsvorsitzender des Kameraherstellers Leica. Auch dieses Traditionsunternehmen stand vor einigen Jahren kurz vor der Pleite, weil es die Digitalisierung seiner Modelle verschlafen hatte. Als Kaufmann damals als Investor einstieg, benannte er die Probleme klar, hob aber gleichzeitig Leicas Potenzial hervor. Er skizzierte, mit welchen Alleinstellungsmerkmalen sich der Kamerahersteller auch in der Digitalfotografie behaupten könne – und stellte immer wieder die deutsche Ingenieurkunst ins Zentrum. „Wir müssen uns auf unsere Kompetenzen konzentrieren“, sagt Kaufmann. Etwa die präzise Leica-Optik. Mittlerweile ist beim hessischen Kameraproduzenten von Krise nichts mehr zu spüren. Im vergangenen Geschäftsjahr kletterte der Umsatz auf knapp 400 Millionen Euro. Ein Plus von rund sechs Prozent.