Aber auch ein Kapitän muss mal schlafen und bereit sein, jemand anderen ans Ruder zu lassen. In Eigenregie kommt niemand von den Kanarischen Inseln nach St. Lucia – oder wird vom traditionellen Güterproduzenten zum vernetzen Digital-Player.
Die wichtigsten Eigenschaften eines guten Kapitäns sind laut Bomer Achtsamkeit und Weitblick. „Die Nummer eins auf der Agenda eines Kapitäns und einer Führungskraft muss die Frage sein, was passieren könnte. Unternehmer stellen sich diese Frage häufig zu spät“, sagt er.
Bemerkt der Kapitän eine Veränderung im Seegang, beim Wetter oder einen Schaden am Boot, muss er reagieren. Und zwar schnell. Auf See können 20 Sekunden Unachtsamkeit zu großen Problemen führen. Bomer: „Sie müssen immer vorbereitet und anpassungsfähig sein.“
Eine effektive Korrektur funktioniert jedoch weder im Büro noch auf dem offenen Meer, wenn jemand sein Wissen für sich behält. Man stelle sich vor, der Kapitän übergibt das Ruder, verschweigt aber den aktuellen Kurs oder einen aufkommenden Sturm. „Jede Minute ändert sich die Situation und die Bedingungen, ohne Kommunikation geht es nicht. Sie ist der Schlüssel“, fasst Bomer zusammen. Entsprechend eindeutig müssen Anweisungen sein. Wer Luv meint, darf nicht Lee sagen.
Diese Ressourcen helfen, den Alltag als Führungskraft zu überstehen
Optimismus ist die Überzeugung, in der Zukunft positive Dinge zu erleben und – dies ist der Knackpunkt – dies selbst beeinflussen zu können. Der optimistische Chef oder die optimistische Chefin denkt in Kategorien wie "Ich erwarte eine gute Zukunft". Der Optimist hat viel Gutes erlebt und glaubt, dass es auch in Zukunft so bleiben wird. Er oder sie geht offen auf andere zu. Die aktivere Lebenseinstellung macht Optimisten stressresistenter und es gelingt ihnen auch dadurch leichter, Krisen zu bewältigen. Im Job optimal ist ein realistischer Optimismus.
Der Chef oder die Chefin vom Typ "Fels in der Brandung" übersteht auch widrige Situationen und ist sich dessen auch bewusst. Die positive Ressource dieser Führungskraft ist Resilienz, also Widerstandsfähig- und Anpassungsmöglichkeit. Resiliente Menschen sind meist auch optimistisch, gelassen, mit sich im Reinen, haben klare Ziele und verfolgen diese konsequent. Sie sind in der Lage, die Dinge, auch die negativen, so zu nehmen, wie sie sind.
Für den Arbeitsplatz bedeutet dies die Fähigkeit, trotz Krisen, Veränderungen und Unsicherheit die eigenen Stärken für Fortschritt und positive Veränderungen aktiv zu nutzen. Gute Gefühle verstärken die Resilienz in negativen Situationen. Resilienz wird erhöht durch die Erinnerung an vergangene Krisenbewältigung, durch die Reflexion von Talenten, Fähigkeiten sowie durch Netzwerken..
Die Krönung der Ressourcen ist die Genussfähigkeit, weil sie Voraussetzung und Bestandteil aller anderen ist. Die Kunst, sich an dem zu erfreuen, was ist, benötigen wir, um Ziele zu definieren und den Weg dahin zu genießen. Aus der Genussperspektive statt der Pflichtperspektive verändert sich die Kraft, die wir haben. Für Genussfähigkeit brauchen wir Zeit, Raum und Muße: Im Stehen schnell zu essen und zu trinken und Genuss schließen sich genauso aus, wie auf der Autobahn über den Sinn des Lebens nachzudenken.
"Ich weiß, wofür ich meine Arbeit mache" - gerade der jungen Generation ist wenig wichtiger, als die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit. Eine Führungskraft sollte diese Frage entsprechend für sich und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beantworten können. Allerdings gehen Sinnfragen im Alltag häufig in Stress, Hektik und dem Gefühl von Zeitmangel unter. Ein Ausstieg aus den Routinen ist hilfreich, aber auch die einfache Frage „Was nützt es anderen Menschen, dass es mich/meine Arbeit gibt“, kann ein erster Schritt sein.
Zwar kosten falsche Interpretationen in Unternehmen im Normalfall keine Leben, aber im Zweifelsfall Arbeitsplätze.
Natürlich kommt es aber nicht nur auf den Kapitän, sondern auf die gesamte Crew an. Eine Atlantiküberquerung mit unerfahrenen Landratten? Viel zu riskant! „Man braucht eine stabile Basis von Menschen mit Erfahrung und den notwendigen Fähigkeiten, die unerfahrene Crewmitglieder coachen können“, sagt Bomer.
Auch das beste Team funktioniert, wenn es ein gemeinsames Ziel hat. Das muss der Kapitän vermitteln.
Strategieumsetzung: Tipps von Managern für Manager
Die Unternehmensberater von Liebrecht Rau haben ihre Klienten gefragt, was diese aus ihren Fehlern gelernt haben.
Einer der Befragten antwortete: "Denke von Schritt zu Schritt anstatt zwei oder drei Schritte im Voraus."
Quelle: Liebrecht Rau-Managerstudie 2016
"Verliere nicht die Kontrolle über das Zeitmanagement und die Budgetplanung."
"Unterschätze nicht den Umfang des Vorhabens in zeitlicher Hinsicht als auch in der Tiefe der Analysen."
"Verschaffe Dir immer den Gesamteindruck."
Und ein anderer rät zu "Klare Vision, gute Kommunikation über alle Ebenen, einfache und anschauliche Visualisierung des Ziels."
"Es geht um Respekt, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Qualität."
"Denke nicht zu früh, du hättest alle an Bord" und: "Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Mitarbeiter Dir allzeit ehrlich und konstruktiv begegnen."
"Erkläre nicht immer wieder in den unterschiedlichsten Farben, wenn der andere eigentlich darauf pfeift. Argumentiere nicht inhaltlich, wenn es um die Beziehung geht" ist ein Rat, ein weiterer: "Rechtfertige Dich nicht vor Bedenkenträgern."
"Gib wichtige Entscheidungen nicht zu früh ins Team; Mitarbeiter wollen „eingebunden geführt“ werden. Was zählt, ist Orientierung", sagt ein Manager. Ein anderer rät: "Gehe weg vom Push, hin zum Pull Prinzip."
"Entscheide nicht ohne enge Abstimmung mit den Eigentümern" ist ein genauso nachvollziehbarer Rat wie "Achte auf Politik und erkenne Intrigen."
Und zum Schluss noch ein paar Tipps auf der Selbstmanagement-Ebene: "Tapfer sein ist immer gut", rät einer, ein andere empfiehlt, sich nicht zu früh anzupassen und der nächste, auf das Bauchgefühl zu achten.
Man solle beherzt entscheiden, empfiehlt einer der Befragten. Der nächste rät: "Versuche nicht, zu schnell zu viel zu wollen" und wiederum ein anderer warnt vor Perfektionismus. "Verlasse dich nicht nur auf mündliche Zusagen", musste ein Manager erfahren. Und einer empfiehlt: "Tu einfach so, als wärst Du der Besitzer der Firma." Dann läuft es schon.
Bomer sagt: „Es ist die Aufgabe des Kapitäns dafür zu sorgen, dass die Mannschaft gemeinsam ihr Ziel erreicht.“ Ob das nun die Küste von St. Lucia oder der verdreifachte Umsatz in Osteuropa ist, spiele dabei keine Rolle. Denn in beiden Fällen ist das ganze Projekt gefährdet, sobald einer aus der Reihe tanzt oder nicht bereit ist, sich auf veränderte Bedingungen einzustellen. Wenn der Wind sich dreht, muss der Kurs geändert werden. Bei manchen Unternehmen gilt dagegen offenbar die Devise: „Was kümmert uns der Wind?“
Um gemeinsam ans Ziel zu kommen, braucht es übrigens weder Freundschaft noch Harmonie – und auch keinen Feel Good-Manager, wie Bomers Erfahrung zeigt. „Natürlich werden nicht alle 15 Teamkollegen zu engen Freunden. Aber das hilft nichts, wenn man gemeinsam den Ozean überqueren muss. Es ist keine Zeit, sich zu streiten oder Menschen in Schubladen zu packen.“