Teambuilding auf hoher See Was Manager von Kapitänen lernen können

Wer seine Kollegen wirklich kennenlernen will, sollte mit ihnen in See stechen, sagt Rick Bomer. Er überquerte in acht Tagen mit einem Segelboot den Atlantik. Was Bomer dabei über Teams und Führung gelernt hat.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Diese Methoden sollten Manager kennen
1. Die Hawthorne-ExperimenteDas besagt diese Theorie: Im Jahr 1920 führte Elton Mayo von der Universität Massachusetts mit Fabrikarbeitern von General Electric im Werk in Hawthorne eine Reihe von Experimenten durch. Die zeigten, dass Mitarbeiter motivierter sind, wenn sie sich einer Gruppe zugehörig fühlen. Jeder wollte einen "guten Kumpel" haben - und auch als einer angesehen werden.  So wenden Sie diese Theorie an: Teambuilding ist entscheidend. Natürlich wollen Sie, dass Ihre Mitarbeiter als Team arbeiten. Sie sollten Sie aber auch dazu ermuntern, kleinere Gruppen zu bilden, in denen das Zugehörigkeitsgefühl stärker ist. Das motiviert! Fördern Sie außerdem den gutmütigen Wettbewerb zwischen diesen Minigruppen. Ein gesundes Maß an Ehrgeiz steigert die Produktivität! Und nicht vergessen: Jeder möchte das Gefühl haben, wertgeschätzt zu werden. Behandeln Sie Ihre Kollegen und Vorgesetzten also respektvoll und als intelligente Individuen. Dann können Sie fast schon dabei zuschauen, wie die Produktivität in Ihrem Unternehmen wächst. Quelle: Fotolia
2. Das VerhaltensgitterDas besagt die Theorie: Was bedeutet das Wort Führung eigentlich? Robert Blake und Jane Mouton haben dazu ein Verhaltensgitter erstellt. Es gibt an, wie sehr sich eine Führungskraft um die Erledigung der Aufgabe und um ihre Mitarbeiter kümmert. Ihre Führungstypen tragen schönen Namen: Der Glacéhandschuh-Manager interessiert sich weniger für die Erledigung der Aufgaben als für die sozialen Bedürfnisse seiner Kollegen. Der Befehl-Gehorsam-Manager will dagegen strikt die Aufgaben erledigen. Der Organisationsmanager sorgt sich permanent um das Wohlergehen der Mitarbeiter, will aber auch die Unternehmensziele erreichen, während der Überlebensmanager sich weder für die Kollegen noch für die Arbeit interessiert. Der Team-Manager vereint die Aufgabenerfüllung mit guten Mitarbeiterbeziehungen. Wenig überraschend: Blake und Mounton empfehlen allen Managern, letzteren Ansatz zu verwenden.So wenden Sie diese Theorie an: Nutzen Sie diese Theorie, um Ihren bevorzugten Führungsstil zu untermauern. Erkennen Sie aber auch an, dass Sie Ihren Stil anpassen können, wenn es die Umstände verlangen. Sie sind ein Team-Manager? Toll! Aber passen Sie auf, dass Sie engagiert wirken, nicht rasend oder kriecherisch. Glacéhandschuhe bringen Sie auf Dauer nicht weiter, die Arbeit ruft! Organisationsmanagement kann schön und gut sein, verprellt aber dauerhaft die Mitarbeiter. Wenn Sie sich als Überlebensmanager sehen, sind Sie entweder im falschen Unternehmen oder Sie sollten besser den Beruf wechseln.  Lange Rede , kurzer Sinn: Finden Sie Ihren Stil. Sie werden merken, dass es keinen Management-Stil gibt, der pauschal in allen Situationen funktioniert. Bleiben Sie also flexibel. Quelle: Fotolia
3. Maslows BedürfnispyramideDas besagt diese Theorie: Menschen haben Bedürfnisse, die sie erfüllen wollen. Abraham Maslows Pyramide stellt eine Hierarchie von Bedürfnissen auf, die von unten nach oben erfüllt werden müssen. Diese Ebenen lauten: Biologische Grundbedürfnisse (Nahrung, Wärme, Ruhe), Sicherheit (Gewissheit, Freiheit von Angst), Sozialbedürfnis (Zuneigung und Liebe), Anerkennung und Wertschätzung (Reputation und Respekt) und Selbstverwirklichung. Wurde eine Ebene nicht befriedigt, kann man nicht auf die nächsthöhere Ebene aufsteigen.  So wenden Sie diese Theorie an: Laut James McGrath und Bob Bates ist die Anwendung simpel: Sorgen Sie dafür, dass die Grundbedürfnisse Ihres Teams erfüllt werden. Nahrung, Wasser und eine ruhige Arbeitsumgebung können da schon einmal nicht schaden. Auch soziale Interaktion ist wichtig. In manchen Firmen kommen die Mitarbeiter freitags in legerer Kleidung – das fördert die Interaktion untereinander. Glücklich machen Sie Ihre Angestellten auch mit positivem Feedback für anspruchsvolle Aufgaben. Quelle: Fotolia
4. Maccobys Spielmacher-TheorieDas besagt diese Theorie: Michael Maccoby identifizierte vier Temperamente, die im Handeln von Teamleitern zu finden sind: Der Dschungelkämpfer entfaltet sich durch Macht und will unbedingt gewinnen. Der Spielmacher liebt Risiken und neue Ideen. Der Handwerker fordert, dass sich die Mitarbeiter an seine Ideen halten und der Firmenmensch mag nichts so sehr wie Disziplin und Loyalität.So wenden Sie diese Theorie an: Erstmal sollten Sie herausfinden, welchem Stereotyp Sie entsprechen. Tun Sie dann etwas, um die positiven Aspekte Ihre Charakters zu betonen und die negativen zu vermindern. Überlegen Sie sich auch, bestimmte Tugenden der anderen Temperamente zu übernehmen. Machen Sie sich klar, dass in verschiedenen Entwicklungsstadien eines Themas verschiedene Typen benötigt werden. Am Anfang sind Handwerker unentbehrlich, die Werkzeuge zum Schutz herstellen. Diese können dann die Dschungelkämpfer nutzen, um die Umgebung zu erobern und zu sichern. Dann sind die Firmenmenschen gefragt, die die Gruppe sozialisieren. Am Ende kommen die Spielmacher zum Zug und treiben das Team auf höhere Leistungsebenen. Quelle: dpa
5. Das Risiko-Feedback-ModellDas besagt diese Theorie: Unternehmenskulturen sind abhängig vom Maß an Risiko und der Schnelligkeit des Feedbacks. Terrence Deal und Allan Kennedy unterscheiden vier Typen der Unternehmenskultur: 1. Fleißig arbeiten, fleißig feiern: Hier bedarf es schneller Rückmeldungen, was die Kundenzufriedenheit angeht. 2. Harter Mann, Macho: hohe Risiken, viele Individualisten, schnelles Feedback. 3. Das Unternehmen verwetten: Höchst riskante Entscheidungen sind alltäglich, aber nachhaltiges Denken fehlt. 4. Prozess: Bürokratisch, wenig Lust am Risiko, langsames Feedback.So wenden Sie diese Theorie an: Erstellen Sie eine Liste von Entscheidungen, die Ihr Unternehmen im vergangenen Jahr getroffen hat. Unterteilen sie sie in geringes, mittleres und großes Risiko. Dann können Sie überlegen, wie schnell das Unternehmen mit einem Feedback rechnet. Gibt es Entscheidungen, nach denen Sie nachts nicht schlafen konnten? Das ist ein guter Indikator dafür, welches Maß an Unsicherheit und Risiko Sie aushalten. Quelle: REUTERS
6. Das VeränderungsmodellDas besagt diese Theorie: Auftauen, verändern, wieder einfrieren - das ist das Motto dieser Theorie. Kurt Lewin vergleicht sein Modell mit einem Eiswürfel, den man in einen Eiskegel verwandelt. Nach seiner Argumentation motiviert man durch den dreistufigen Prozess die Menschen dazu, dass sie den Wandel wollen.So wenden Sie diese Theorie an: Seien Sie sich darüber im Klaren, welche Veränderungen Sie vornehmen wollen und warum sie nötig sind. Danach steht die Gewinnung von Unterstützung im Mittelpunkt. Dabei heißt es geschickt sein: Diejenigen, die für das Geld zuständig sind, wollen finanzielle Gewinne sehen. Die Personalabteilung dagegen fordert positive Auswirkungen auf die Mitarbeiter. Aber unterschätzen Sie nicht die Macht der Kollegen: Sie müssen die Vorteile der Veränderung verstehen - das ist entscheidend für den Erfolg. Quelle: dpa
7. Die neue moderne MethodeDas besagt diese Theorie: Die Mischung macht’s, sagen James Quinn, Gary Hamel und C.K. Prahalad. Ihre Theorie besagt, dass Unternehmen moderne und postmoderne Planungsmethoden mischen sollten. Modern heißt: Das Management erkennt die eigenen Vorstellungen der Mitarbeiter und greift ihre Ideen auf. Jede Veränderung wird dabei in eine Reihe kleinerer Veränderungen unterteilt und das Management beobachtet, wie jede kleine Veränderung gelaufen ist, bevor es die nächste umsetzt.So wenden Sie diese Theorie an: Finden Sie heraus, wie Ihr Unternehmen plant. Sie können dann mit Mitarbeitern sprechen, die Kundenkontakt haben, um herauszufinden, was unter der Oberfläche des Marktes brodelt. Wählen Sie immer das neue, moderne Planungsmodell, weil es die Wirklichkeit am besten wiedergibt. Nichts ist zu 100 Prozent vorhersehbar. Deswegen sollten Sie Ihre Mitarbeiter so schulen, dass sie flexibel, spontan und kreativ auf die Ansprüche von Kunden reagieren können.   Quelle: dpa

Unternehmen, die etwas auf sich halten, verbinden Networking mit Sport. Angefangen hat damit Konstantin Guericke. Er ist einer der Mitbegründer des Karrierenetzwerkes LinkedIn und schwört auf Meetings beim Wandern. Angeblich aus Zeitmangel verband er Bewegung mit Geschäftstreffen und auch heute noch wandere er angeblich mit Partnern und Kunden durchs Silicon Valley.

Andere Unternehmen setzen auf sportliche Events, um Bewerber – in der Regel angehende Manager – für sich zu begeistern. Dann muss es allerdings entweder exotischer, extremer oder zumindest luxuriöser sein, als ein Spaziergang durch Palo Alto. Kitesurfen, Klettern, Skifahren oder Segeln sind deshalb das Mittel der Wahl von McKinsey, PricewaterhouseCoopers (PwC) oder Google, um Aufmerksamkeit zu generieren und potentielle Bewerber kennen zu lernen.

Beim Segeln könne man in der Tat sehr viel über sich und seine Kollegen lernen, sagt Rick Bomer. „Wer mit seinem Team auf ein Boot steigt, sieht nach spätestens drei Stunden, wo die Schwächen des Teams liegen, wer die Führung übernimmt und wer für andere einsteht.“

Was Manager von Kapitänen lernen können

Bomer muss es wissen. Der Vice President Sales beim Büromöbelhersteller Coalesse hat nämlich mit seinem Team die Atlantic Rally for Cruisers gewonnen. Mit 15 anderen überquerte er binnen acht Tagen auf einem Segelboot den Atlantik – von den Kanarischen Inseln nach St. Lucia in der Karibik. Normalerweise dauert ein Törn dieses Umfangs - 2.700 Seemeilen, also rund 5000 Kilometer – zweieinhalb Wochen.

Entsprechend extrem seien die Bedingungen gewesen, unter denen das Team zusammengearbeitet hat, sagt Bomer. Auf vier Stunden Dienst an Deck folgten vier Stunden Ruhepausen, dann kam die nächste Schicht. Mehr als vier Stunden Schlaf am Stück hat in diesen acht Tagen also keiner der Segler bekommen. Und besonders erholsam war auch der nicht.

„Es war so eng, dass wir mit den Füßen voraus schlafen mussten. Sonst hätte man sich den Hals brechen können“, sagt Bomer. Auch die externen Bedingungen waren nicht angenehm, die Mannschaft rang mit Wind und Wellen. „Die Wetterdienste hatten schon extremes Witterung vorhergesagt“, erinnert sich Bomer. „Wir wussten alle: Das wird hart.“ Zu bewältigen sind solche Strapazen nur mit den richtigen Mitstreitern - und unter der richtigen Leitung. „Auf dem Boot geht es nur um Teambildung und um Führung“, sagt Bomer.

Um diese Erkenntnis zu fördern, bitten nicht nur Unternehmen zum Segeltörn. Es gibt auch komplette Bildungskonzepte, wie das „Klassenzimmer unter Segeln“, die Vertrauen, Kommunikation und Teamarbeit auf dem Wasser vermitteln sollen.

Ein Wundermittel ist der Segeltörn freilich nicht. Es hilft allerdings nicht, ein zerstrittenes Team für ein paar Tage auf ein Boot zu schicken. Und auch der zweitägige Segeltrip führt vermutlich nicht zu dauerhaften Erfolg. Viele Landratten fallen ohnehin die ersten ein, zwei Tage wegen Seekrankheit aus, sagt Bomer. Dann müssen die Kollegen einspringen. Entsprechend dauern die Kennenlern-Trips auf dem Wasser häufig mindestens eine Woche.

Wie Sie erfolgreich netzwerken

Und dabei können Unternehmer, Manager, Teamleiter & Co. eine ganze Menge von Kapitänen lernen. Schließlich ist auch ein Boot in gewissem Sinne ein Unternehmen.

Bomers wichtigste Erkenntnis: „Es gibt keinen Boss. Es gibt natürlich immer einen Kapitän, aber man steuert das Boot immer gemeinsam. Das geht nicht alleine.“ Der Kapitän trägt zwar die Verantwortung und entscheidet, welche Insel die Crew ansteuert oder im Notfall, ob und wann sie das Boot aufgibt.

Klarer Kurs und echter Weitblick

Aber auch ein Kapitän muss mal schlafen und bereit sein, jemand anderen ans Ruder zu lassen. In Eigenregie kommt niemand von den Kanarischen Inseln nach St. Lucia – oder wird vom traditionellen Güterproduzenten zum vernetzen Digital-Player.

So klappt die Zusammenarbeit im Beruf
effektives Team Quelle: Fotolia
Teamvielfalt Quelle: Fotolia
klares Ziel Quelle: Fotolia
Legen Sie Zuständigkeiten frühzeitig fest Quelle: Fotolia
Stellen Sie die nötigen Informationen bereit Quelle: Fotolia
Teamcoaching Quelle: Fotolia

Die wichtigsten Eigenschaften eines guten Kapitäns sind laut Bomer Achtsamkeit und Weitblick. „Die Nummer eins auf der Agenda eines Kapitäns und einer Führungskraft muss die Frage sein, was passieren könnte. Unternehmer stellen sich diese Frage häufig zu spät“, sagt er.

Bemerkt der Kapitän eine Veränderung im Seegang, beim Wetter oder einen Schaden am Boot, muss er reagieren. Und zwar schnell. Auf See können 20 Sekunden Unachtsamkeit zu großen Problemen führen. Bomer: „Sie müssen immer vorbereitet und anpassungsfähig sein.“

Eine effektive Korrektur funktioniert jedoch weder im Büro noch auf dem offenen Meer, wenn jemand sein Wissen für sich behält. Man stelle sich vor, der Kapitän übergibt das Ruder, verschweigt aber den aktuellen Kurs oder einen aufkommenden Sturm. „Jede Minute ändert sich die Situation und die Bedingungen, ohne Kommunikation geht es nicht. Sie ist der Schlüssel“, fasst Bomer zusammen. Entsprechend eindeutig müssen Anweisungen sein. Wer Luv meint, darf nicht Lee sagen.

Diese Ressourcen helfen, den Alltag als Führungskraft zu überstehen

Zwar kosten falsche Interpretationen in Unternehmen im Normalfall keine Leben, aber im Zweifelsfall Arbeitsplätze.

Natürlich kommt es aber nicht nur auf den Kapitän, sondern auf die gesamte Crew an. Eine Atlantiküberquerung mit unerfahrenen Landratten? Viel zu riskant! „Man braucht eine stabile Basis von Menschen mit Erfahrung und den notwendigen Fähigkeiten, die unerfahrene Crewmitglieder coachen können“, sagt Bomer.

Auch das beste Team funktioniert, wenn es ein gemeinsames Ziel hat. Das muss der Kapitän vermitteln.

Strategieumsetzung: Tipps von Managern für Manager

Bomer sagt: „Es ist die Aufgabe des Kapitäns dafür zu sorgen, dass die Mannschaft gemeinsam ihr Ziel erreicht.“ Ob das nun die Küste von St. Lucia oder der verdreifachte Umsatz in Osteuropa ist, spiele dabei keine Rolle. Denn in beiden Fällen ist das ganze Projekt gefährdet, sobald einer aus der Reihe tanzt oder nicht bereit ist, sich auf veränderte Bedingungen einzustellen. Wenn der Wind sich dreht, muss der Kurs geändert werden. Bei manchen Unternehmen gilt dagegen offenbar die Devise: „Was kümmert uns der Wind?“

Um gemeinsam ans Ziel zu kommen, braucht es übrigens weder Freundschaft noch Harmonie – und auch keinen Feel Good-Manager, wie Bomers Erfahrung zeigt. „Natürlich werden nicht alle 15 Teamkollegen zu engen Freunden. Aber das hilft nichts, wenn man gemeinsam den Ozean überqueren muss. Es ist keine Zeit, sich zu streiten oder Menschen in Schubladen zu packen.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%