Unternehmen, die etwas auf sich halten, verbinden Networking mit Sport. Angefangen hat damit Konstantin Guericke. Er ist einer der Mitbegründer des Karrierenetzwerkes LinkedIn und schwört auf Meetings beim Wandern. Angeblich aus Zeitmangel verband er Bewegung mit Geschäftstreffen und auch heute noch wandere er angeblich mit Partnern und Kunden durchs Silicon Valley.
Andere Unternehmen setzen auf sportliche Events, um Bewerber – in der Regel angehende Manager – für sich zu begeistern. Dann muss es allerdings entweder exotischer, extremer oder zumindest luxuriöser sein, als ein Spaziergang durch Palo Alto. Kitesurfen, Klettern, Skifahren oder Segeln sind deshalb das Mittel der Wahl von McKinsey, PricewaterhouseCoopers (PwC) oder Google, um Aufmerksamkeit zu generieren und potentielle Bewerber kennen zu lernen.
Beim Segeln könne man in der Tat sehr viel über sich und seine Kollegen lernen, sagt Rick Bomer. „Wer mit seinem Team auf ein Boot steigt, sieht nach spätestens drei Stunden, wo die Schwächen des Teams liegen, wer die Führung übernimmt und wer für andere einsteht.“
Was Manager von Kapitänen lernen können
„Nach einer Woche auf hoher See, mit salzverkrusteter Haut und dem Ziel noch immer außerhalb der Sichtweite, beginnt man sich zu fragen: Warum mache ich das Ganze eigentlich? Ist es wirklich so wichtig, die Regatta zu gewinnen?“, schreibt Rick Bomer über seine Teilnahme an der Atlantic Rally for Cruisers quer über den Atlantik.
Um eine solche Rally – oder den Wettbewerb als Unternehmen – zu gewinnen, müsse man sich auf seine eigenen Stärken und Werte rückbesinnen, rät der Manager und leidenschaftliche Segler. Er sagt: Ohne Mut geht es nicht.
Quelle: Rick Bomer, Führung auf hoher See
Auf hoher See hat man nicht immer die volle Kontrolle über die Umwelt und nicht immer lässt sich das Ziel so erreichen, wie ursprünglich geplant: Liegt ein starker Sturm voraus, kann die Crew Kurs halten und ihn durchqueren, oder ihm aus dem Weg gehen und dafür einen Umweg in Kauf nehmen. Der Job des Kapitäns ist es, minütlich neu abzuwägen, welches der richtige Weg ist. Er muss die Balance zwischen der sichersten und der kürzesten Strecke finden – durch vorausschauendes Denken und Reagieren. Nicht mittels: Gestern haben wir es soundso gemacht.
Um ein Boot in voller Geschwindigkeit zu halten, muss es von einem ausgeruhten Team gesteuert werden. Das bedeutet, dass jeder einmal ans Steuer darf beziehungsweise muss, damit ein anderer ausruhen kann. Der Kapitän muss deshalb auch bereit sein, andere ans Ruder zu lassen. Helden, die mehr tun als sie tun sollten und übermüdet sind, gefährden letztlich die komplette Crew.
Wenn jeder mal ans Steuer muss, ist eine klare Kommunikation unerlässlich. Nur so bleibt das Boot auf Kurs und nur so lässt sich eine gemeinsame Strategie konsequent verfolgen. Wer das Steuerrad übernimmt, will alles über die Wind- und Seegang, den Kurs und andere wesentliche Dinge wissen. Die Übergabe sollte daher so effektiv und effizient wie möglich ablaufen: Sagen Sie was wichtig ist. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Stress lässt sich nicht immer vermeiden – schon gar nicht auf hoher See bei rauem Wellengang. Ob es sich nun um echtes oder metaphorisches Wasser handelt: Anstatt sich dem Stress einfach zu ergeben, sollten Sie überlegen, wie sich die Extraportion Energie nutzen lässt, die er freisetzt. Und vor allem: widmen Sie sich den Stressursachen, statt seinen Auswirkungen.
Ohne Disziplin der gesamten Crew gewinnen Sie weder eine Segelregatta noch den Preis als bestes Unternehmen. „Um etwa das Großsegel einzuholen, müssen mehrere Menschen eine Reihe gut einstudierter Schritte durchführen, von denen keiner entbehrlich ist“, schreibt Bomer. Wenn Kapitän oder Crew einen Schritt überspringen wollen, klappt es nicht.
Bomer muss es wissen. Der Vice President Sales beim Büromöbelhersteller Coalesse hat nämlich mit seinem Team die Atlantic Rally for Cruisers gewonnen. Mit 15 anderen überquerte er binnen acht Tagen auf einem Segelboot den Atlantik – von den Kanarischen Inseln nach St. Lucia in der Karibik. Normalerweise dauert ein Törn dieses Umfangs - 2.700 Seemeilen, also rund 5000 Kilometer – zweieinhalb Wochen.
Entsprechend extrem seien die Bedingungen gewesen, unter denen das Team zusammengearbeitet hat, sagt Bomer. Auf vier Stunden Dienst an Deck folgten vier Stunden Ruhepausen, dann kam die nächste Schicht. Mehr als vier Stunden Schlaf am Stück hat in diesen acht Tagen also keiner der Segler bekommen. Und besonders erholsam war auch der nicht.
„Es war so eng, dass wir mit den Füßen voraus schlafen mussten. Sonst hätte man sich den Hals brechen können“, sagt Bomer. Auch die externen Bedingungen waren nicht angenehm, die Mannschaft rang mit Wind und Wellen. „Die Wetterdienste hatten schon extremes Witterung vorhergesagt“, erinnert sich Bomer. „Wir wussten alle: Das wird hart.“ Zu bewältigen sind solche Strapazen nur mit den richtigen Mitstreitern - und unter der richtigen Leitung. „Auf dem Boot geht es nur um Teambildung und um Führung“, sagt Bomer.
Um diese Erkenntnis zu fördern, bitten nicht nur Unternehmen zum Segeltörn. Es gibt auch komplette Bildungskonzepte, wie das „Klassenzimmer unter Segeln“, die Vertrauen, Kommunikation und Teamarbeit auf dem Wasser vermitteln sollen.
Ein Wundermittel ist der Segeltörn freilich nicht. Es hilft allerdings nicht, ein zerstrittenes Team für ein paar Tage auf ein Boot zu schicken. Und auch der zweitägige Segeltrip führt vermutlich nicht zu dauerhaften Erfolg. Viele Landratten fallen ohnehin die ersten ein, zwei Tage wegen Seekrankheit aus, sagt Bomer. Dann müssen die Kollegen einspringen. Entsprechend dauern die Kennenlern-Trips auf dem Wasser häufig mindestens eine Woche.
Wie Sie erfolgreich netzwerken
Wenn Sie absehen können, dass Sie eine bestimmte Person auf einer Veranstaltung treffen, recherchieren Sie im Vorfeld einige Fakten. So ist es einfacher, einen kreativen Aufhänger für den Gesprächsstart zu finden.
Es ist ein Fehler, erst ein Netzwerk aufzubauen, wenn Sie ein Problem haben. Denn dann ist es häufig zu spät. Ein strategisches Netzwerk zu schaffen ist zeitaufwendig.
Natürlich können Sie nicht ständig in regem Austausch mit all Ihren Kontakten stehen, aber versuchen Sie dennoch, die Verbindung zu halten. Eine Weihnachtskarte oder ein Gruß zum Geburtstag reichen manchmal schon.
Bieten Sie Ihrem Gegenüber Ihre Hilfe an. Wenn Sie zuerst Informationen oder Kontakte preisgeben, erhalten Sie einen Vertrauensvorschuss.
Eine Beziehung, von der nur einer der beiden Partner profitiert, ist meist nicht von langer Dauer. Schaffen Sie eine gesunde Balance aus Geben und Nehmen.
Ein Mensch kann laut wissenschaftlichen Untersuchungen maximal den Umgang mit 150 Personen intensiv pflegen - und genau darauf kommt es an.
Und dabei können Unternehmer, Manager, Teamleiter & Co. eine ganze Menge von Kapitänen lernen. Schließlich ist auch ein Boot in gewissem Sinne ein Unternehmen.
Bomers wichtigste Erkenntnis: „Es gibt keinen Boss. Es gibt natürlich immer einen Kapitän, aber man steuert das Boot immer gemeinsam. Das geht nicht alleine.“ Der Kapitän trägt zwar die Verantwortung und entscheidet, welche Insel die Crew ansteuert oder im Notfall, ob und wann sie das Boot aufgibt.
Klarer Kurs und echter Weitblick
Aber auch ein Kapitän muss mal schlafen und bereit sein, jemand anderen ans Ruder zu lassen. In Eigenregie kommt niemand von den Kanarischen Inseln nach St. Lucia – oder wird vom traditionellen Güterproduzenten zum vernetzen Digital-Player.
Die wichtigsten Eigenschaften eines guten Kapitäns sind laut Bomer Achtsamkeit und Weitblick. „Die Nummer eins auf der Agenda eines Kapitäns und einer Führungskraft muss die Frage sein, was passieren könnte. Unternehmer stellen sich diese Frage häufig zu spät“, sagt er.
Bemerkt der Kapitän eine Veränderung im Seegang, beim Wetter oder einen Schaden am Boot, muss er reagieren. Und zwar schnell. Auf See können 20 Sekunden Unachtsamkeit zu großen Problemen führen. Bomer: „Sie müssen immer vorbereitet und anpassungsfähig sein.“
Eine effektive Korrektur funktioniert jedoch weder im Büro noch auf dem offenen Meer, wenn jemand sein Wissen für sich behält. Man stelle sich vor, der Kapitän übergibt das Ruder, verschweigt aber den aktuellen Kurs oder einen aufkommenden Sturm. „Jede Minute ändert sich die Situation und die Bedingungen, ohne Kommunikation geht es nicht. Sie ist der Schlüssel“, fasst Bomer zusammen. Entsprechend eindeutig müssen Anweisungen sein. Wer Luv meint, darf nicht Lee sagen.
Diese Ressourcen helfen, den Alltag als Führungskraft zu überstehen
Optimismus ist die Überzeugung, in der Zukunft positive Dinge zu erleben und – dies ist der Knackpunkt – dies selbst beeinflussen zu können. Der optimistische Chef oder die optimistische Chefin denkt in Kategorien wie "Ich erwarte eine gute Zukunft". Der Optimist hat viel Gutes erlebt und glaubt, dass es auch in Zukunft so bleiben wird. Er oder sie geht offen auf andere zu. Die aktivere Lebenseinstellung macht Optimisten stressresistenter und es gelingt ihnen auch dadurch leichter, Krisen zu bewältigen. Im Job optimal ist ein realistischer Optimismus.
Der Chef oder die Chefin vom Typ "Fels in der Brandung" übersteht auch widrige Situationen und ist sich dessen auch bewusst. Die positive Ressource dieser Führungskraft ist Resilienz, also Widerstandsfähig- und Anpassungsmöglichkeit. Resiliente Menschen sind meist auch optimistisch, gelassen, mit sich im Reinen, haben klare Ziele und verfolgen diese konsequent. Sie sind in der Lage, die Dinge, auch die negativen, so zu nehmen, wie sie sind.
Für den Arbeitsplatz bedeutet dies die Fähigkeit, trotz Krisen, Veränderungen und Unsicherheit die eigenen Stärken für Fortschritt und positive Veränderungen aktiv zu nutzen. Gute Gefühle verstärken die Resilienz in negativen Situationen. Resilienz wird erhöht durch die Erinnerung an vergangene Krisenbewältigung, durch die Reflexion von Talenten, Fähigkeiten sowie durch Netzwerken..
Die Krönung der Ressourcen ist die Genussfähigkeit, weil sie Voraussetzung und Bestandteil aller anderen ist. Die Kunst, sich an dem zu erfreuen, was ist, benötigen wir, um Ziele zu definieren und den Weg dahin zu genießen. Aus der Genussperspektive statt der Pflichtperspektive verändert sich die Kraft, die wir haben. Für Genussfähigkeit brauchen wir Zeit, Raum und Muße: Im Stehen schnell zu essen und zu trinken und Genuss schließen sich genauso aus, wie auf der Autobahn über den Sinn des Lebens nachzudenken.
"Ich weiß, wofür ich meine Arbeit mache" - gerade der jungen Generation ist wenig wichtiger, als die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit. Eine Führungskraft sollte diese Frage entsprechend für sich und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beantworten können. Allerdings gehen Sinnfragen im Alltag häufig in Stress, Hektik und dem Gefühl von Zeitmangel unter. Ein Ausstieg aus den Routinen ist hilfreich, aber auch die einfache Frage „Was nützt es anderen Menschen, dass es mich/meine Arbeit gibt“, kann ein erster Schritt sein.
Zwar kosten falsche Interpretationen in Unternehmen im Normalfall keine Leben, aber im Zweifelsfall Arbeitsplätze.
Natürlich kommt es aber nicht nur auf den Kapitän, sondern auf die gesamte Crew an. Eine Atlantiküberquerung mit unerfahrenen Landratten? Viel zu riskant! „Man braucht eine stabile Basis von Menschen mit Erfahrung und den notwendigen Fähigkeiten, die unerfahrene Crewmitglieder coachen können“, sagt Bomer.
Auch das beste Team funktioniert, wenn es ein gemeinsames Ziel hat. Das muss der Kapitän vermitteln.
Strategieumsetzung: Tipps von Managern für Manager
Die Unternehmensberater von Liebrecht Rau haben ihre Klienten gefragt, was diese aus ihren Fehlern gelernt haben.
Einer der Befragten antwortete: "Denke von Schritt zu Schritt anstatt zwei oder drei Schritte im Voraus."
Quelle: Liebrecht Rau-Managerstudie 2016
"Verliere nicht die Kontrolle über das Zeitmanagement und die Budgetplanung."
"Unterschätze nicht den Umfang des Vorhabens in zeitlicher Hinsicht als auch in der Tiefe der Analysen."
"Verschaffe Dir immer den Gesamteindruck."
Und ein anderer rät zu "Klare Vision, gute Kommunikation über alle Ebenen, einfache und anschauliche Visualisierung des Ziels."
"Es geht um Respekt, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Qualität."
"Denke nicht zu früh, du hättest alle an Bord" und: "Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Mitarbeiter Dir allzeit ehrlich und konstruktiv begegnen."
"Erkläre nicht immer wieder in den unterschiedlichsten Farben, wenn der andere eigentlich darauf pfeift. Argumentiere nicht inhaltlich, wenn es um die Beziehung geht" ist ein Rat, ein weiterer: "Rechtfertige Dich nicht vor Bedenkenträgern."
"Gib wichtige Entscheidungen nicht zu früh ins Team; Mitarbeiter wollen „eingebunden geführt“ werden. Was zählt, ist Orientierung", sagt ein Manager. Ein anderer rät: "Gehe weg vom Push, hin zum Pull Prinzip."
"Entscheide nicht ohne enge Abstimmung mit den Eigentümern" ist ein genauso nachvollziehbarer Rat wie "Achte auf Politik und erkenne Intrigen."
Und zum Schluss noch ein paar Tipps auf der Selbstmanagement-Ebene: "Tapfer sein ist immer gut", rät einer, ein andere empfiehlt, sich nicht zu früh anzupassen und der nächste, auf das Bauchgefühl zu achten.
Man solle beherzt entscheiden, empfiehlt einer der Befragten. Der nächste rät: "Versuche nicht, zu schnell zu viel zu wollen" und wiederum ein anderer warnt vor Perfektionismus. "Verlasse dich nicht nur auf mündliche Zusagen", musste ein Manager erfahren. Und einer empfiehlt: "Tu einfach so, als wärst Du der Besitzer der Firma." Dann läuft es schon.
Bomer sagt: „Es ist die Aufgabe des Kapitäns dafür zu sorgen, dass die Mannschaft gemeinsam ihr Ziel erreicht.“ Ob das nun die Küste von St. Lucia oder der verdreifachte Umsatz in Osteuropa ist, spiele dabei keine Rolle. Denn in beiden Fällen ist das ganze Projekt gefährdet, sobald einer aus der Reihe tanzt oder nicht bereit ist, sich auf veränderte Bedingungen einzustellen. Wenn der Wind sich dreht, muss der Kurs geändert werden. Bei manchen Unternehmen gilt dagegen offenbar die Devise: „Was kümmert uns der Wind?“
Um gemeinsam ans Ziel zu kommen, braucht es übrigens weder Freundschaft noch Harmonie – und auch keinen Feel Good-Manager, wie Bomers Erfahrung zeigt. „Natürlich werden nicht alle 15 Teamkollegen zu engen Freunden. Aber das hilft nichts, wenn man gemeinsam den Ozean überqueren muss. Es ist keine Zeit, sich zu streiten oder Menschen in Schubladen zu packen.“