Management Frauenquote bedroht Männerkarrieren

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Der BMW-Vorstand 1959. Auch Quelle: dpa

Eine Haltung, die bei vielen verständnisloses Augenrollen auslöst. Der Vorwurf: Da äußere sich nun mal ein alternder Männerversteher aus dem Old Boys Network, der den Zeiten der Deutschland AG nachtrauert, in denen Vorstands- und Aufsichtsratsposten schon mal beim Bier an der Hotelbar ausgekungelt wurden – und Kandidatinnen dabei so exotisch waren wie Meerschweinchen auf dem Mount Everest.

Um eine wie auch immer geartete Quote einlösen zu können, müssten, schon rein rechnerisch, Männer bei gleicher Qualifikation benachteiligt werden, sagt aber auch Jürgen Schupp, Leiter des Sozioökonomischen Panels beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten ist es wenig plausibel, warum jüngere Männer nun jahrelang für die fraglos vorhandenen Versäumnisse der Vergangenheit büßen sollen.“

Oder, wie es Jurist Jan Lüttringhaus vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht ausdrückt: „Eine Frauenquote bekämpft die Diskriminierung der Frauen nun mithilfe einer sogenannten ,umgekehrten Diskriminierung‘ der Männer. In der Sache heißt das aber nichts anderes, als dass neue an die Stelle alter Ungleichbehandlungen treten.“

Nachteil Y-Chromosom

Ein Argument, dem auch die oberste Bundesfrauenbeauftragte etwas abgewinnen kann: „Jeder, der über die Frauenquote redet, muss zugeben, dass sie im Einzelfall gegenüber Männern ungerecht sein kann. Der Mann, der wegen der Quote nicht zum Zuge kommt, kann ja nichts dafür, dass er ein Y-Chromosom hat und dass jahrhundertelang Männer dominiert haben“, sagt Bundesfrauenministerin Kristina Schröder, die ihre Pläne zur Frauenquote kürzlich den Personalchefs der größten deutschen Konzerne präsentierte: Schaffen es die 1000 börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen bis 2013 nicht, ihren Frauenanteil an der Spitze im Schnitt zu verdreifachen, soll sich jedes Unternehmen zu einer eigenen Frauenquote verpflichten. Wird diese verfehlt, plant Schröder Sanktionen. Aufsichtsräte, die sich keine Quote setzen oder die eigene Benchmark verpassen, müssen befürchten, dass ihre Wahl angefochten wird. Auch Geldbußen schließt Schröder nicht aus.

Mit ihren Vorschlägen befindet sich die Ministerin in bester europäischer Gesellschaft. Sie weiß aber auch: „Wer Frauen fördert, darf Männer nicht diskriminieren. Jede Quote ist eine Krücke.“

Und zwar eine, die bei dem einen oder anderen Alphamännchen ohnmächtige rhetorische Beißreflexe auslöst – oder den Griff in die Trickkiste subversiver Abwehrmaßnahmen: So war etwa die Berufung von Regine Stachelhaus in den Vorstand des Energieversorgers E.On zwar von großem Blätterrauschen begleitet. Doch die wirklich relevanten Entscheidungen über die strategische Ausrichtung des Konzerns, so erzählen Insider, treffen nach wie vor die Männer. Die es sich offenbar auch nicht nehmen lassen, den formal riesigen Zuständigkeitsbereich der 55-Jährigen – sie verantwortet die Bereiche Personalwesen, IT, Konzernbeschaffung, Recht & Compliance, Krisenmanagement, den Immobilienbestand des Konzerns und die E.ON Academy – in bewährter Altkanzler-Schröder-Diktion als „Gedöns“ zu belächeln.

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