Aber wie geht es denn nun? Internationale Größen machen es vor: General Electric (GE) setzt auf Vernetzung: Im Juni eröffnete der Konzern ein neues digitales Office in Paris, das Startups aufbauen und das Wachstum des digitalen Umfelds ankurbeln soll. Außerdem sollen Kunden und Partner einen Zugang zur cloudbasierten Predix-Plattform bekommen. Hier laufen Daten - beispielsweise von vernetzten GE-Turbinen - ein, sodass der Betreiber sofort merkt, wenn eine Turbine ausfällt. Dadurch kann er reagieren, bevor sich die Kunden beschweren, weil in ganzen Landstrichen der Strom ausfällt.
Außerdem gibt die Plattform den Käufern der GE-Produkte die Möglichkeit, passende Service-Apps zu entwickeln und hochzuladen. Die Plattform wurde im Februar für Kunden freigegeben und wird inzwischen bereits von nahezu 11.000 Entwicklern auf der ganzen Welt genutzt. Eine ganz ähnliche Plattform betreibt GE auch in Großbritannien: Die GE Health Cloud verbindet Ärzte, Patienten, Hersteller und Krankenhäuser miteinander.
Internet der Dinge wächst
Auch bei Thyssenkrupp tut sich diesbezüglich einiges: Jens Michael Wegmann, Chef des Anlagengeschäfts hat angekündigt, das Servicegeschäft deutlich ausbauen. German Engineering alleine reiche nicht mehr aus. "Heute ist für Industrieunternehmen die Zeit gekommen, den Hebel umzulegen und den langfristigen Wert ihres Geschäftes zu steigern", sagt GE-Chef Jeff Immelt dazu. Er ist überzeugt, dass er durch solche Maßnahmen die Produktivität um 500 Millionen Dollar steigern wird. Bis zum Ende des Jahres will er rund sieben Milliarden Dollar an Aufträgen im digitalen Bereich erwirtschaften. "Wir glauben, dass das Internet der Dinge doppelt so groß wird, wie das, was wir privat nutzen", sagt Immelt.
Wie das Internet der Dinge die Wirtschaftsleistung ankurbelt
Das Internet der Dinge schafft enormen Mehrwert – dank niedrigerer Kosten, höherer Gewinne, neuer Geschäftsmodelle und besserer Produkte. In diesen Sektoren winken 2025 im Vergleich zu 2015 weltweit die höchsten Zuwächse an Wirtschaftsleistung.
3,4 Billionen Euro bringt das Internet der Dinge in der Produktion.
Quelle: McKinsey
In den Städten könnte das Internet der Dinge um 1,6 Billionen Euro an Marktvolumen zunehmen.
Das prognostizierte Wachstum im Gesundheitswesen liegt bei 1,5 Billionen Euro.
Dass er damit genau den richtigen Riecher hat, bestätigen jüngste Studien. Demnach wird das Internet der Dinge, also die Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen, in den nächsten fünf Jahre mehr als 110 Milliarden Dollar zur Wirtschaftsleistung beitragen. Laut Zahlen des Netzwerkausstatters Cisco gab es im Jahr 2015 weltweit 15 Milliarden vernetzte Geräte - vom cleveren Kühlschrank über das smarte Thermostat bis zum Industrieroboter. 2020 könnten es möglicherweise mehr als 50 Milliarden sein.
Plattformen statt bloßer Produkte
Eine Plattform rund um das vernetzte Produkt aufzubauen, sei genau richtig, sagt Wade. Selbst Unternehmen, bei denen ein Plattformgedanke zunächst völlig abwegig erscheint, sollten darüber nachdenken, ob und wie sie auf diese Weise das Leben ihrer Kunden einfacher machen können, so Wade.
Kill your product, build a platform: Beispiele zukunftsfähiger Unternehmen
Der italienische Rennwagenhersteller baut seit mehr als 40 Jahren Rennautos. Mittlerweile verkauft das Familienunternehmen allerdings mehr oder weniger nur noch das mathematische Modell eines Wagens. Bevor ein Auto Realität wird, ist seine virtuelle Version bereits auf allen Rennstrecken dieser Welt Probe gefahren und entsprechend angepasst worden - und zwar in einem Simulator. Die komplette Geschichte der Transformation der Renn Legende lesen Sie übrigens hier.
Nike stellt immer noch Schuhe und Sportbekleidung her, aber das Geschäftsmodell hat sich substantiell verändert. "Nike ist eine Marketingfirma, die auch Schuhe verkauft", sagt Michael Wade. Wade ist Professor für Innovation und Strategie an der Schweizer Business School IMD und Leiter des Global Center for Digital Business Transformation von Cisco und IMD.
Der Sportartikelhersteller zog 40 Prozent des Marketingbudgets ab und investierte es in den Aufbau der Plattform Nike +. Dort können User ihre Lauferlebnisse und Fotos teilen, sich mit anderen vergleichen, Freunde zu Wettbewerben herausfordern, sich Trainingsziele stecken und für deren Erreichen virtuelle Trophäen bekommen. Wer mit Smartphone, Wearable oder einem entsprechenden Sensor im Schuh läuft, kann außerdem seine Joggingrunde veröffentlichen, um so Laufpartner zu finden. Statt den Kunden ein Produkt zu verkaufen, wird Nike damit zum Laufpartner und Ratgeber, zu dem der Kunde eine Beziehung aufbauen kann. Kunden anderer Marken sind übrigens erst recht herzlich willkommen. So kann der Konzern überprüfen, wer in welchem Schuh läuft und merkt rechtzeitig, wenn die Popularität der eigenen Marke nachlässt.
Auf der Plattform von Philips Healthcare, HealthSuite, verbinden sich Patienten, Mediziner und Krankenhäuser rund um den Globus. HealthSuite ist eine offene cloudbasierte Plattform, die klinische und sonstige Daten von verschiedenen Geräten und aus unterschiedlichen Quellen erfasst, zusammenführt und analysiert. Für die Ärzte entsteht so ein echter Mehrwert, weil sie sich mit Kollegen über Therapien und die am besten geeigneten Instrumente und Geräte für Operationen und Chemo-Therapien austauschen können. Und auch die Patienten profitieren von den Informationen. Philipps kann so Geschäftskunden, sprich Praxen und Kliniken, besser an sich binden.
Vom einfachen Verkaufsmodell schwenkte Hilti um auf ein Online-Abosystem für Bohrmaschinen. Nachdem der Baumaschinenhersteller Hilti festgestellt hat, dass das Hauptproblem seiner Kunden die Verfügbarkeit von entsprechenden Gerätschaften ist - fehlt die richtige Bohrmaschine, werden die Bauarbeiten unterbrochen, bis das richtige Werkzeug herangeschafft ist - investierte das Unternehmen in ein Open Fleet Management System. Hier können die Kunden das benötigte Material mieten.
Jüngstes Beispiel ist IBM. Zusammen mit Cisco baut das IT-Unternehmen seine Plattformen aus, um die Arbeitsqualität der eigenen Mitarbeiter zu steigern. Denn auhc das kann eine Plattform liefern.
Beide Unternehmen entwickeln gemeinsame Lösungen, um die zum Beispiel Meeting-Protokolle, E-Mails oder Telefonkonferenzen auszuwerten und den Mitarbeitern nach Bedarf zur Verfügung zu stellen.
GE betreibt gleich zwei cloudbasierte Predix-Plattformen: Die GE Health Cloud verbindet Ärzte, Patienten, Hersteller und Krankenhäuser in Großbritannien miteinander. Die andere Plattform ermöglicht es Kunden von GE, die Daten ihrer vernetzten Produkte, beispielsweise von Gasturbinen zu überwachen, um so mögliche Störfälle sofort zu bemerken und zu beheben.
Er gibt ein Beispiel anhand der dänischen Logistikgruppe Det Forenede Dampskibs-Selskab (DFDS/AS) aus Kopenhagen: Derzeit muss ein Exporteur bei der Reederei anfragen, ob und zu welchem Preis sie die Güter von A nach B schippert. Danach organisiert er einen Container, in dem die Ware verschifft wird. Der wird beladen und dann von einem LKW zum Hafen gebracht, wo die Ware aufs Schiff geladen wird. Am Zielhafen stehen wiederum ein Laster oder ein Zug bereit, um die Güter zum Zielort zu transportieren. Das sind bedeutet für den Exporteur: zig Absprachen zwischen den einzelnen Gliedern der Lieferkette.
Keine große Sache, aber man könnte es den Kunden einfacher machen, wenn sie auf einer Plattform der Reederei angeben könnten: "130 Kubikmeter Legosteine müssen kommenden Monat von Dänemark nach Brasilien verschifft werden." Spediteure und Reederei können sich dann auf den Auftrag bewerben und die Details mit dem Kunden abstimmen.
Denn genau darum geht es bei dem Plattformgedanken - die Kopfschmerzen der Kunden zu lindern. Nur so lässt sich letztlich überleben. Unternehmen, die über das Produkt hinaus keinen Mehrwert bieten, sind austauschbar. So steht auch in den Geschäftsrichtlinien von Apple: "Wir müssen die Probleme unserer Kunden lieben, nicht unsere Produkte."