Ansprüche an Führungskräfte Das müssen die Superchefs 2016 können

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Die Führungskraft als Menschenflüsterer


Aber wie geht denn nun der Superchef 2016 mit seinen Mitarbeitern in Deutschland, Südamerika oder China um, wenn alle andere Dinge wollen und brauchen? Ulv Philipper schwört auf einen offenen Kommunikationsstil - und darauf, dass der Chef seinen Mitarbeiter nicht als ein Wesen vom anderen Stern betrachtet, sondern erkennt, dass er genauso tickt, wie der Praktikant in der Produktion. Philipper ist eigentlich Hundeprofi und kein Managementcoach. Den Begriff Hundetrainer mag er allerdings nicht besonders, weil er meistens eher die Menschen als ihre Tiere coacht. „Derjenige, der mit seinem Hund ein Problem hat, hat im Regelfall ein Führungsproblem“, sagt er.


Philipper veröffentlichte vor kurzem ein Buch mit dem Titel „Dog-Management – es gibt weder dumme Hunde, noch schlechte Mitarbeiter“, in dem er sich mit der Führungsproblematik von Hundehaltern und Vorgesetzten beschäftigt. Was er in seinem Buch beschreibt, lässt sich auf viele Situationen im Arbeitsleben übertragen. Unter anderem die Schlussfolgerung eines Halters, dass sein Tier entweder dämlich oder stur sein müsse: „Ich habe dem Hund schon tausendmal gesagt, was er tun soll, aber er kapiert es einfach nicht.“


„Kommunikation setzt ja voraus, dass ich mein Gegenüber verstehe. Der größte Fehler liegt – auch in der Hundewelt – darin, sein Gegenüber nicht richtig eingeschätzt zu haben“, so Philipper. Das habe oft etwas damit zu tun, dass man sich selbst als höherwertig betrachte und sich damit vom anderen abgrenze. Der Mensch will unter gar keinen Umständen durch einen brennenden Reifen springen. Das ist gefährlich, das Verletzungsrisiko viel zu hoch. Weigert sich der Hund, weil er die gleiche Angst vor dem Feuer hat, er jedoch nicht vernünftig, sondern ungehorsam.
Der Manager möchte freitags pünktlich Feierabend machen, um mit seiner Familie das Wochenende zu genießen? Genau das möchte der Mitarbeiter auch, dem der Chef nun seine Arbeit aufbürdet, um früher gehen zu können.
Eigentlich ist es ganz einfach: „Ich muss mit meinem Gegenüber – ob Hund oder Mensch – umgehen, wie ich möchte, dass man mit mir umgeht“, so Philipper. Doch setzen viele auf den alten Gleichklang aus Befehl und Gehorsam. „Das ist etwas, was ich in täglichen Gesprächen immer noch erfahre: Es gibt Menschen, die glauben, dass andere Menschen gerne gehorsam sind“, so Philipper. Doch das sind sie eben nicht.

Befehl, Kontrolle und Belohnung bringen es nicht

„Ein Befehl ist ein militärisches Instrument. Und ein militärisches Instrument, das muss man sich verdeutlichen, ist kein Führungs-, sondern ein Durchsetzungsinstrument“, sagt Philipper. Wer Befehle bekommt, gilt weniger als der Befehlshaber, wer kontrolliert werden muss, ist weniger vertrauenswürdig als der Kontrolleur. Und Kontrolle sei ein eindeutiges Indiz dafür, dass man das Gegenüber für nicht gleichwertig halte. „In dem Moment, in dem ich für ihn Kontrolle legitimiere, die ich ja für mich selbst ablehnen würde, nehme ich ihn reduziert wahr.“

Die Chef-Checkliste zur sozialen Kompetenz

Selbst Belohnungen – Leckerchen oder alternativ Dienstwagen – seien nicht das Mittel der Wahl. „Eine Belohnung ist im Grunde schon ein Hinweis auf das Versagen der Führung. Wenn ich eine materielle Belohnung brauche, damit jemand überhaupt etwas tut, heißt das, dass ich ihm nicht erklärt habe, welchen Vorteil seine Tätigkeit hat.“, so Philippers Urteil. Man müsse die Mitarbeiter dazu bringen, bereitwillig Leistung zu bringen – ohne Zuckerbrot und Peitsche, sondern weil sie es gerne tun und weil dadurch für sie selbst Vorteile entstehen: mit steigendem Absatz steigt auch das Gehalt.
„Das Unternehmen oder die Gruppe muss deutlich machen, wo es hingehen soll. Das gibt Orientierung und damit auch Sicherheit beziehungsweise Stabilität. Das ist etwas, woran es vielen Mitarbeitern fehlt“, sagt Philipper. Das und ein Vorgesetzter, dem man vertrauen kann. Womit wir wieder bei Wenzels Integrität wären.

Vertrauen und Rückhalt sind der Schlüssel

Dementsprechend müssen Unternehmen auch ihre Strukturen anpassen. Leistung, so Welpe, werde bei kreativen Aufgaben nicht mehr nur über die Steuerung von Zielen definiert, sondern auch über die Auswahl, Sozialisation von und Vertrauen in Mitarbeiter erreicht, so Isabell M. Welpe, Professorin an der TU München. „Es ist belegt, dass eine von Motivation, Vertrauen und Fairness geprägte Atmosphäre ein sogenanntes „Organizational Citizenship“-Verhalten ermöglicht. Dies bedeutet, dass Mitarbeiter gerne Informationen teilen, dem Kollegen ohne Nachfragen unter die Arme greifen und keine Angst vor Fehlern haben.“ Oder – wie Jochen von Wahlert, Ärztlicher Direktor der Akutklinik Urbachtal, sagt: „Manchmal ist die Rückendeckung des Chefs hilfreicher und gesünder als die vom Unternehmen angebotene Rückenschule.“

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