In Deutschland gibt es rund 200 verschiedene Arbeitgeber-Bewertungen: Vom "Great place to work" und dem "familienfreundlichsten Unternehmen" über die "Top Company" oder den "Top Employer" bis zum "Ausgezeichneter Arbeitgeber". So manches Chefbüro ist regelrecht tapeziert mit Auszeichnungen. Und die sind gar nicht mal so billig. Unabhängig von der Größe zahlen Unternehmen dem Top Employers Institute 12.000 Euro für das Zertifikat. Wer sich vom TÜV Rheinland seine Arbeitgeberqualitäten besiegeln lassen will, muss zwischen 5000 und 6000 Euro für die Zertifizierung hinblättern. Für die zwei Jahre, in der das Unternehmen vom TÜV überwacht wird, werden nochmal zwischen 4000 bis 6000 Euro fällig.
Hinzu kommt der Aufwand: Wer ein Siegel möchte, hat nicht nur regelmäßig die (TÜV)-Prüfer im Haus, die Mitarbeiter müssen auch dazu motiviert werden, entsprechende Fragebögen auszufüllen. Je nach Zertifikat müssen 40 bis 80 Prozent der Angestellten teilnehmen. Wer schon mal eine Mitarbeiterbefragung initiiert hat, weiß, wie schwierig das sein kann.
Der ganze Aufwand für ein Stückchen Papier – lohnt sich das? Nein, sagte Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. "Zertifikate sind nur ein Indiz dafür, dass das Unternehmen über einen aufgeblähten Verwaltungsapparat verfügt." In einem Interview mit WirtschaftsWoche Online sagte er, dass die einzelnen Abteilungen großer Unternehmen gezielt nach Zertifikaten suchen, "um sich ein Stück Papier an die Wand zu hängen, mit dem sie ihr Handeln legitimieren können".
Die größten Arbeitgeber-Bewertungsplattformen
Mit mehr als 1,1 Millionen Bewertungen zu 259.000 Unternehmen ist Kununu die größte Arbeitgeber-Bewertungsplattform im deutschsprachigen Raum. Das Portal hat seinen Sitz in Wien und ist eine Tochter der Networking-Plattform Xing. Kununu wurde im Juni 2007 gegründet.
Im Jahr 2006 ging Jobvoting als erstes deutschsprachiges Meinungsportal für Jobbewertungen an den Start. Seitdem wurden auf der Plattform Bewertungen zu mehr als 100.000 Unternehmen abgegeben.
27 Millionen Mitglieder hat die US-amerikanische Arbeitgeber-Bewertungsplattform Glassdoor. 2007 gegründet, startete das Portal Mitte Januar 2015 auch eine deutsche Seite. Dort finden sich Bewertungen zu rund 6.500 deutschen Unternehmen von Siemens über Deutsche Bank bis Adidas.
Auch die deutsche Plattform MeinChef, die 2010 gegründet wurde, zählt zu den größeren Arbeitgeber-Bewertungsplattformen im deutschsprachigen Raum. Bewertungen von mehr als 10.000 Arbeitgebern befinden sich in der Datenbank.
Auf dem 2009 gegründeten Bewertungsportal BizzWatch finden sich Erfahrungsberichte über mehr als 2.500 Arbeitgeber. Die am häufigsten bewerteten Unternehmen haben auf der deutschen Plattform bis zu 15 Einträge.
Ein weiteres deutsches Bewertungsportal ist Jobvote. Seit der Gründung im Jahr 2007 wurden dort Erfahrungsberichte über mehr als 800 Arbeitgeber veröffentlicht.
Die Plattform Companize ging im März 2010 an den Start. Neben Bewertungen über Arbeitgeber kann man dort auch Gehälter vergleichen.
Zu einem deutlich positiveren Ergebnis kam dagegen Brian Dineen von der Purdue University und David Allen von der Rutgers University. Die beiden amerikanischen Wissenschaftler werteten die Daten eines Unternehmens aus, das regelmäßig den amerikanischen Best-Places-to-Work-Wettbewerb veranstaltet. Der Analysezeitraum betrug drei Jahre, in dieser Zeit hatten 624 Unternehmen das Siegel erhalten.
Die Daten dieser Unternehmen – Mitarbeiterzahlen, Umsätze, Fluktuation – verglichen die Forscher mit denen anderer Betriebe ohne Zertifikat. Das Ergebnis: In Firmen, die als "beste Arbeitgeber" ausgezeichnet worden sind, kündigen weniger Mitarbeiter.
Und je häufiger ein Unternehmen als guter Arbeitgeber zertifiziert wurde, desto weniger Mitarbeiter werfen das Handtuch. Wer das Zertifikat bekommt, scheint also nicht nur auf dem Papier top zu sein, sondern seine Leute wirklich glücklich zu machen.
Was sich die Deutschen von ihrem Arbeitgeber wünschen - und was sie bekommen
53 Prozent der Deutschen hätten gerne flexible Arbeitszeiten. Doch nur 46 Prozent bekommen sie auch.
Quelle: Umfrage "Traumarbeitgeber" des Direktversicherers Hannoversche
Für 44 Prozent wäre eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wichtig. Nur 31 Prozent können sich tatsächlich darüber freuen.
Der Traumarbeitgeber zahlt für 41 Prozent mehr als branchenüblich. Tatsächlich so viel wie erträumt bekommen jedoch nur 16 Prozent.
27 Prozent sagen, dass ihr Traumarbeitgeber ihre betriebliche Altersvorsorge bezuschussen sollte. In den Genuss der Förderung kommen tatsächlich sogar 30 Prozent.
22 Prozent wünschen sich mehr Urlaub als normalerweise in der Branche üblich. Doch nur bei zehn Prozent wird dieser Traum auch wahr.
Für 13 Prozent sind kostenloses Essen und Getränke, wie z.B. Obst oder Mineralwasser wichtig. 20 Prozent bekommen Gratis-Essen und Getränke.
11 Prozent wünschen sich in ihrer Kantine auch gesundes Essen, statt immer nur Schnitzel und Currywurst. 18 Prozent können tatsächlich auch mal zum Salat greifen.
Fahrtkostenzuschüsse, z. B. für öffentliche Verkehrsmittel wünschen sich elf Prozent. Tatsächlich zur Verfügung stehen sie jedoch für 15 Prozent der Arbeitnehmer.
Acht Prozent legen Wert auf eine individuelle Arbeitsplatzgestaltung, z. B. angepasste Möbel und Pflanzen. Angeboten wird es für 14 Prozent.
Keine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit gibt es bei Zuschüssen zur Gesundheitsvorsorge, wie z. B. einem Zuschuss für den Beitrag im Fitnessclub. Sieben Prozent wünschen es sich, sieben Prozent bekommen es.
Einen Beauftragten, der sich um die Verbesserung des Betriebsklimas kümmert (Feel-Good-Manager) wünschen sich sechs Prozent der Deutschen. Tatsächlich haben ihn jedoch nur drei Prozent der Befragten.
Firmenvergünstigungen bei Veranstaltungen und beim Einkaufen wünschen sich nur vier Prozent, wobei zwölf Prozent solche Rabatte in Anspruch nehmen können.
Fußball, Rückenschule, Yoga: Nur drei Prozent legen Wert auf Betriebssport-Angebote. Dagegen können 13 Prozent solche Angebote nutzen.
Drei Prozent würden sich gerne am Arbeitsplatz massieren lassen, vier Prozent können sich tatsächlich einen Masseur an den Schreibtisch bestellen.
Außerdem können drei Prozent der Befragten am Arbeitsplatz kostenlose Angebote für Achtsamkeits- und Mediationstrainings wahrnehmen. Allerdings legen nur zwei Prozent tatsächlich Wert auf ein solches Angebot.
Und das strahlt auch nach außen: Firmen mit Siegel konnten sich auch in Zeiten mit starkem Fachkräfteengpass noch über gute Bewerber freuen. Wer seine Platzierung von einem aufs andere Jahr verbessern konnte, spürte auch dadurch einen positiven Effekt auf die Zahl der Bewerber. Die Interessenten, die sich bei einem Top-Arbeitgeber bewerben, seien außerdem im Schnitt besser qualifiziert. Wer in ein entsprechendes Zertifikat investiert und sich wirklich darum kümmert, dass die Mitarbeiter zufrieden sind, wird demnach also doppelt belohnt.