Aufsichtsrat Deutsche Bank hat das beste Kontrollgremium

Russell Reynolds hat die Aufsichtsräte der DAX-Konzerne unter die Lupe genommen. Was die Personalberater über die Aufseher von Deutscher Bank, Siemens und Adidas denken - und welche Rolle Frauen in Aufsichtsräten spielen.

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Die Köpfe des Aufsichtsrates
Foto von Frank Bsirske Quelle: dpa
Henning Kagermann Quelle: dpa
Johannes Teyssen Quelle: dapd
John Cryan Quelle: dpa
Katherine Garrett-Cox Quelle: REUTERS
Paul Achleitner Quelle: dapd
Peter Löscher Quelle: dapd

Die Deutsche Bank kommt nicht zur Ruhe: Erneut durchsuchten Fahnder Büros der Bank wegen des mutmaßlichen Steuerbetrugs von Kunden. In München sitzt derweil Co-Chef Fitschen auf der Anklagebank. Doch eine gute Nachricht gibt es für das Unternehmen: Laut einer Studie der Personalberatung Russell Reynolds, hat die Deutsche Bank den besten Aufsichtsrat aller Dax-Konzerne. Das mag angesichts der derzeitigen Entwicklungen überraschen, allerdings hat die Personalberatung die Aufsichtsräte auch nach Kriterien wie Erfahrung, unterschiedliche Fähigkeiten und Belastung mit Mandaten in anderen Unternehmen untersucht.

Die Mischung macht den Erfolg

Mit Paul Achleitner, Alfred Herling, Frank Bsirske, dem designierten Vorstandschef John Cryan, Dina Dublon, Katherine Garrett-Cox, Timo Heider, Sabine Irrgang, Henning Kagermann, Martina Kleer, Peter Löscher, Henriette Mark, Louise M. Parent, Gabriele Platscher, Bernd Rose, Rudolf Stockem, Stephan Szukalski, Johannes Teyssen, Georg F. Thoma und Klaus Rüdiger Trützschler hat die Deutsche Bank die bunteste Mischung. Und die Zusammensetzung des Aufsichtsrates entscheidet über wirtschaftlichen Erfolg und Wachstum des Konzerns, ist Jens-Thomas Pietralla, Managing Director von Russell Reynolds überzeugt. "Der statistische Zusammenhang zwischen der historischen Bewertung der Aufseher und den gemeldeten Wachstumsraten unterstützt unsere These, dass diversifiziertere Aufsichtsgremien eine expansivere Unternehmensstrategie fördern", sagt er.

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Ebenfalls gut gemischt sind die Aufsichtsgremien von Siemens (Platz zwei) und Henkel (Platz drei). Auf Platz 4 stehen Adidas und Beiersdorf. Rang 6 teilen sich BMW, Commerzbank, Merck und MunichRe. Bemerkenswert: BMW belegte im vergangenen Jahr noch Platz 22 und hat sich somit um 16 Plätze verbessert. Auch der Rückversicherer MunichRe hat Boden gut gemacht und sich von Rang 15 auf sechs verbessert.

Was das Alter anbelangt, sind in den Aufsichtsräten eher ältere Semester vertreten: Die Frauen sind im Schnitt 56 Jahre alt, die Männer schon 63 Jahre. Die dienstältesten Aufsichtsräte sind Wilhelm Haarmann bei SAP mit 27 Jahren Dienstzeit und Eckart Sünner bei K+S mit 23 Jahren. Die ältesten Aufsichtsräte mit mindestens 75 Jahren sind laut Russell-Reynolds-Studie Walter Weismann von Fresenius, Roland Berger (Fresenius), Manfred Schneider (Linde und RWE) und Gerd Krick (Fresenius). Elisabeth Schäffler bei Continental ist 74 Jahre alt.

Im Schnitt haben Henkel und HeidelbergCement die jüngsten Aufsichtsräte mit unter 56 Jahren. Die jüngsten Männer finden sich mit den 39-jährigen Lars Hinrichs bei der Deutschen Telekom und Tobias Thelen bei Merck. Die jüngste Aufsichtsrätin ist Julia Kuhn-Piëch, die als Firmenerbin bei Volkswagen eingezogen ist.

Die Crux mit den Frauen - Fresenius SE ist Schlusslicht

Die schlechteste Note erhielt mit einer 3,5 wie im Vorjahr das Aufsichtsratsgremium von Fresenius SE. Das Unternehmen ist der einzige Dax-Konzern, dessen Führungsetage noch immer frauenfreie Zone ist. Weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat sitzt dort eine Frau. Allgemein ist der Frauenanteil bei den Aufsichtsräten der Dax 30 auf der Arbeitgeberseite von 21,1 Prozent auf 23,7 Prozent gestiegen.

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Weil die Unternehmen sich aber schwer tun, selbst talentierte Frauen zu suchen und zu befördern, überhäufen sie lieber diejenigen Frauen mit Ämtern, die es auch schon woanders an die Spitze geschafft haben: So bringt es die Allensbach-Chefin Renate Köcher nebenbei auf drei Sitze in Dax-Aufsichtsräten. Auch Ann-Kristin Achleitner ist nicht nur Wissenschaftlerin an der TU München und an der Universität St. Gallen, sondern auch Risikokapitalgeberin und bringt es auf zwei Dax-Aufsichtsratsposten. Auch die Firmenerbinnen Simone Bagel-Trah (Henkel) und Nicola Leibinger-Kammüller (Trumpf) besetzen je zwei Dax-Aufsichtsratsposten. All diese Frauen sitzen außerdem bei noch bei weiteren Unternehmen, die nicht zu den Dax30 gehören, in Aufsichtsgremien.

Die Multi-Aufsichtsräte

Das ist jedoch kein Phänomen, das ausschließlich die Frauen betrifft. Nur Adidas, Beiersdorf, HeidelbergCement, Lanxess und Volkswagen sind laut Studie nicht durch Doppelmandate vernetzt. Dagegen sitzt beispielsweise Michael Diekmann gleich in vier Aufsichtsräten (BASF, Linde, Siemens, Fresenius SE), ebenfalls Hüter über vier Unternehmen ist Henning Kargermann (BMW, Deutsche Bank, MunichRe, Deutsche Post). In immerhin drei Konbtrollgremien sitzen Clemens Börsig, Paul Achleitner, Theo Siegert, Jim Hagemann Snabe, Klaus-Peter Müller, Ulrich Lehner, Renate Köcher, Werner Wenning und Wolfgang Mayrhuber.

Vor wenigen Jahren brachte es Top-Manager Manfred Scheider noch auf drei Aufsichtsrats-Chef-Posten im Dax (Bayer, RWE und Linde) plus seinen Job als Aufsichtsratsmitglied bei Daimler und TUI. Gerhard Cromme war ebenfalls zeitgleich Chef des Aufsichtsrates (ThyssenKrupp und Siemens) sowie Mitglied des Aufsichtsrats bei der Allianz und Springer. Mit diesen Multi-Kontrolleuren ist es aber mittlerweile vorbei.

Dax-Aufsichtsräte sind überwiegend Deutsche

Was die Diversität von Nationen in den Kontrolllgremien anbelangt, tun sich die Unternehmen leichter als bei der Geschlechterfrage: 28 Prozent der Aufsichtsräte sind Ausländer - also gut jeder dritte. Die stärkste Gruppe bilden die Österreicher mit 18 Prozent gefolgt von den Amerikanern mit elf, den Briten mit neun und den Schweizern mit vier Prozent. Die meisten Ausländer haben die Deutsche Bank und Volkswagen mit je 60 Prozent im Aufsichtsrat.

Auf 50 Prozent Ausländeranteil bringen es Allianz, Beiersdorf, Deutsche Börse, Fresenius Medical Care und Henkel. Keinen einzigen Ausländer bieten dagegen Fresenius SE, Linde und Merck in ihrem obersten Kontrollgremium auf, rechnet Studienautor Pietralla vor.

Pietralla würde mehr ausländische Aufsichtsräte begrüßen, weil die Deutschen nach den Chinesen Vize-Exportweltmeister seien und die Wachstumsregionen besser verstehen sollten. "Ich frage mich, warum wir uns nicht mehr internationale Kompetenz in die Aufsichtsräte holen", so Pietralla.

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