Bewerbungsverfahren Wer die Besten will, muss schnell sein

Zuerst ein Onlinetest, dann ein Telefoninterview und schließlich das Vorstellungsgespräch – manche Bewerbungsverfahren sind langwierig. Warum sich Firmen nicht zu viel Zeit lassen sollten und wie sich die Qualität des Verfahrens auf das Arbeitgeberimage niederschlägt. 

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So sieht die perfekte Bewerbung 2013 aus
Online-BewerbungDie elektronische Bewerbung ist ja schon fast ein alter Hut und wird auch 2013 nicht verschwinden. Erstmals favorisiert eine Mehrheit von Personalchefs Online-Bewerbung vor den traditionellen Bewerbungen auf Papier. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbands Bitkom bei 1.500 Personalverantwortlichen verschiedener Branchen. 41 Prozent der Unternehmen in Deutschland verlangen demnach Bewerbungen per Internet. Falls das Unternehmen für die Online-Bewerbung ein spezielles Formular auf dessen Homepage anbietet, sollten Sie das auch nutzen – und zwar alle Felder und möglichst ausführlich. Um Tippfehler zu vermeiden und besser zu wirken, sollten Sie die entsprechenden Textbausteine bereits in Ruhe offline vorformulieren. Es schadet auch nicht, diese noch einmal gegenlesen zu lassen. Achtung übrigens bei Sonderzeichen! Das Euro-Symbol kann etwa bei Gehaltsvorstellungen zu unfreiwilliger Verwirrung führen, wenn die Programmversion des Empfängers ein anderes Zeichen daraus macht. Ebenso sollten Sie formatierte Dateien, wie Ihren Lebenslauf oder eingescannte Zeugnisse bereithalten. Quelle: dapd
Bewerbungen per E-MailBei der ebenfalls weit verbreiteten Form der E-Mail-Bewerbung sollten Sie, sofern nicht in der Stellenanzeige angegeben, beim Unternehmen nach dem richtigen Ansprechpartner für die E-Mail-Bewerbung und dessen Adresse fragen. Wie auch bei der Bewerbung auf Papier gilt: Verschicken Sie jede Bewerbung einzeln und individuell. Serienmails sind ein No-Go. Besonders wichtig bei der E-Mail-Bewerbung ist die Betreffzeile: Falls Sie sich auf eine konkrete Stellenanzeige bewerben, sollte der Betreff das Wort Bewerbung, den Job, auf den Sie sich bewerben sowie (falls vorhanden) die Kennziffer der Stellenanzeige enthalten. Bei einer Kaltbewerbungen sollte ebenfalls der Begriff Bewerbung fallen, gefolgt von einer persönlichen Anrede und einem Slogan. Reizwörter erhöhen die Chance, Interesse zu wecken und gelesen zu werden. Also nicht: "Bewerbung für einen Job", sondern konkret: "Meine Bewerbung als Vertriebsleiter / Ihre Anzeige". Und überfrachten Sie die E-Mail nicht: weder mit übergroßen Dateianhängen noch mit epischen Texten. Die Mail soll Ihrem Gegenüber Lust machen, die Anhänge, also Anschreiben und Lebenslauf, zu lesen. Dass Ihre eigene E-Mail-Adresse nicht HotGirl69@hotmail.com, sondern Vorname.Nachname@Provider.de. lauten sollte, ist wohl selbstverständlich. Quelle: dpa
Bewerbung per SmartphoneEin Trend, der sich 2013 verstärken dürfte, ist die Bewerbung mit dem Smartphone. Laut einer Studie der Universitäten Bamberg und Frankfurt findet es mehr als die Hälfte der Befragten gut, wenn Internet-Stellenbörsen und Online-Karriereportale Apps anbieten, über die nach offenen Stellen gesucht werden kann. 58 Prozent haben bereits mindestens einmal Stellenanzeigen oder Arbeitgeberinformationen per Smartphone oder Tablet aufgerufen. 46,5 Prozent begrüßen zudem ein entsprechendes Angebot von Unternehmen. "Die private Verbreitung von Smartphones ändert auch das Suchverhalten von Bewerbern", sagt Tim Weitzel, Autor der Studie. Und was liegt da näher, als sich auch per Smartphone zu bewerben? Firmen machen zumindest keinen Unterschied, mit welchem Gerät die Bewerbung abgeschickt wird. So gab jedes zweite der insgesamt knapp 60 Partnerunternehmen des Online-Jobportals JobStairs an, dass sie die mobile Bewerbung als gleichwertige Alternative zur Online-Bewerbung sehen. Unter diesen Unternehmen sind beispielsweise auch Siemens, die Hypovereinsbank und die Deutsche Bahn. Die Marketing und Software-Entwickler von Milch & Zucker aus dem hessischen Bad Nauheim haben allerdings festgestellt, dass sich bisher nur sieben Prozent der Jobsuchenden über ein mobiles Endgerät beworben haben. Nach oben ist also noch Luft für diese neue Bewerbungsform. Quelle: dpa
Bewerbung per Skype/VideoMittlerweile nutzen auch immer mehr Unternehmen die Möglichkeit, sich mittels Skype oder sonstiger Video-Tools ein erstes Bild vom Bewerber zu machen. "Wir skypen täglich mit unseren Bewerbern", erzählt auch Jela Götting von Adidas. "Das erspart uns die Reisekosten für die Anwärter, falls die sich beispielsweise aus den USA bei uns bewerben." Beim Video-Interview zeigt sich meistens, ob die wichtigsten Anforderungen vom Kandidaten erfüllt werden - wie beispielsweise Sprachkenntnisse oder die notwendige Ausbildungen. Das bedeutet natürlich für den Jobsuchenden, dass auch eine Bewerbung per Skype nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Vorbereiten sollte man sich darauf genauso wie auf ein Vorstellungsgespräch im Unternehmen. Quelle: dpa
Anonyme BewerbungAuch die anonyme Bewerbung - also die ohne Foto und vollständigen Namen - dürfte sich in diesem Jahr weiter durchsetzen. So konnte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bereits im April 2012 Erfolge mit der anonymisierten Bewerbung präsentieren: Chancengleichheit für alle, lautete das Fazit des Experiments. Dafür wurden über einen Zeitraum von zwölf Monaten insgesamt 8550 Bewerbungen ohne Name und Foto versandt. Knapp 1300 Personen wurden innerhalb des Projekts zu einem Eignungstest oder einem Vorstellungsgespräch eingeladen, 246 Personen erhielten daraufhin ein Jobangebot oder einen Ausbildungsplatz. Allerdings kann niemand sagen, ob die Bewerber nicht auch dann zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden wären, wenn sie das Anschreiben mit vollem Namen und Foto abgeschickt hätten. Quelle: Fotolia
Die richtige VorbereitungUnerheblich davon, wie Sie sich 2013 bei einem Unternehmen bewerben; einige Standards gelten immer und dazu gehört auch eine gründliche Vorbereitung. "Ich erlebe so oft, dass Bewerber nicht mal die Vorstände fehlerlos aufzählen können", erzählt Götting von Adidas. Dieses Wissen ist zwar erst im tatsächlichen Gespräch von Nöten, aber auch aus der Bewerbung sollte hervor gehen, dass sich der Bewerber mit dem Unternehmen und der ausgeschriebenen Stelle befasst hat und nicht nur anklopft, weil er Geld braucht. Ein Personalchef möchte wissen, was ein Bewerber kann und ob seine Fähigkeiten mit den Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle übereinstimmen. Wer im Bewerbungsschreiben darauf eingeht und 08-15 Formulierungen vermeidet, kann sich positiv von der Masse abheben. Quelle: Fotolia
Fehler vermeidenMan kann es nicht oft genug wiederholen: Achten Sie auf Fehler im Anschreiben und im Lebenslauf! Wer sich im Anschreiben an Puma wendet und die Bewerbung an Nike adressiert, hat schon verloren. "Bei solchen Anschreiben haben Sie gleich keine Lust mehr, weiter zu lesen", sagt Götting. "Wer solche Bewerbungen einsendet, der zeigt ganz unverhohlen, dass er für die saubere und präzise Arbeit nicht geeignet ist." Auch Tippfehler werfen kein gutes Licht auf den Bewerber und wer den Namen des Unternehmens falsch schreibt, disqualifiziert sich sofort. Deshalb einfach das getippte Dokument jemandem zum Gegenlesen geben. Quelle: Fotolia

Redakteure kennen es aus eigener Erfahrung. Bei der Bewerbung um ein Volontariat – also die Ausbildung zum Redakteur – müssen sie vielen Hürden nehmen. Zunächst das Anschreiben mit Lebenslauf und Arbeitsproben, dann eine Probereportage oder vielleicht auch ein selbst produziertes Video, anschließend ein Assessment-Center vor Ort, eventuell sogar eine zweite Auswahlrunde. Vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dauert der Auswahlprozess Monate.

Doch auch BWL-Absolventen, Ingenieure oder Informatiker kennen den Bewerbungsmarathon. Vor allem große Konzerne bekommen mehr als tausend Bewerbungen auf einige wenige Stellen. Beim Chemieriesen BASF haben sich im vergangenen Jahr etwa 5000 Hochschulabsolventen auf 70 Traineestellen in den verschiedenen Unternehmensbereichen beworben. Beim Auswärtigen Amt gehen für den höheren Dienst jährlich zwischen 1800 und 2000 Bewerbungen ein. Zu vergeben hat das Ministerium aber nur 45 Stellen. Beim Telekommunikationsanbieter Vodafone erhalten etwa sieben Prozent der Bewerber einen Platz im Traineeprogramm.

Angesichts solcher Massen an Kandidaten lassen sich mittels einfacher Vorauswahl über die Bewerbungsunterlagen und einem Vorstellungsgespräch nicht genügend Bewerber herausfiltern, um die Stellen direkt zu besetzen. Bei Vodafone zum Beispiel gibt es je nach Job bis zu vier Auswahlstufen. Eine erste Auswahl trifft das Unternehmen per Telefoninterview, anschließend folgt ein Online-Test. „So kann sichergestellt werden, dass Bewerber auf ähnlichem Niveau zum Interview oder Assessment Center eingeladen werden“, heißt es bei Vodafone. Diesem ersten Vor-Ort-Termin folgt eventuell ein zweites Gespräch.

Bewerbungsstrategien für den Traumjob

Doch mehrstufig muss nicht zwangsläufig langwierig sein. „Unternehmen sind in der Lage auch solche Auswahlverfahren in zwei Monaten durchzuziehen“, sagt Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Anders beim Auswärtigen Amt: Der Bewerbungsschluss ist in jedem Jahr Ende Mai, im Juli findet das schriftliche Auswahlverfahren mit bis zu 1800 Teilnehmern statt. Während den Monaten November und Dezember kommen die Bewerber zur mündlichen Prüfung. Die Zusagen werden spätestens Anfang Januar versandt. Ein halbes Jahr dauert der Bewerbungsmarathon also. Während bei der ersten Auswahlstufe – dem schriftlichen Test – 20 Prozent der zugelassenen Kandidaten gar nicht erst kommen, würden danach nur „äußerst selten“ Kandidaten absagen. Der große Vorteil des Auswärtigen Amtes ist sein Monopol. Wer Diplomat werden will, hat keine andere Wahl als sich dem ausgiebigen Verfahren zu unterwerfen.

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