Bruno Piacenza "Viele Franzosen haben Angst vor Neuem"

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Frauen in Führungsposition

Frauenanteil in Deutschlands Großkonzernen
Adidas Herbert Hainer Quelle: dapd
Elizabeth Corley Allianz Quelle: Pressebild
Sandra Peterson Bayer Quelle: Pressebild
BASFBeim Chemieriesen BASF stieg die Frauenquote im vergangenen Jahr ebenfalls nur um rund ein Prozent auf 10,9 Prozent (ohne Vorstand und Aufsichtsrat). Hier sind auch Ziele in Sachen Frauenförderung wenig ambitioniert. Lediglich 15 Prozent sollen bis Ende 2020 in den Chefetagen des Konzerns sitzen. Auch insgesamt gibt es wenige Frauen im Konzern. Ihr Anteil an der Gesamtbelegschaft liegt bei 23 Prozent. Allerdings sitzt hier eine Frau im Vorstand. Margret Suckale ist Personalchefin des Ludwigshafener Chemieunternehmens. Bekannt wurde sie während des Lokführer-Streiks 2008 als Personalchefin bei der Deutschen Bahn. Ein weiteres bekanntes weibliches Gesicht ist RTL-Chefin Anke Schäferkordt, die im Aufsichtsrat von BASF sitzt. Quelle: dpa
Beiersdorf Quelle: dpa
Hildegard Wortmann Quelle: Pressebild
Commerzbank Quelle: dapd

Wie ist die Zusammenarbeit in deutschen, wie in französischen Unternehmen organisiert?

In Deutschland werden Aufgabenstellungen häufig zunächst in Teilaspekte getrennt, dann im Detail analysiert und anschließend zusammengeführt. Franzosen bevorzugen bei der Problemlösung eine eher direkte Herangehensweise.

Und worin unterscheiden sich die Hierarchiestrukturen der beiden Länder?

Insgesamt hat die Hierarchie in französischen Unternehmen einen stärkeren Einfluss auf Entscheidungen als in Deutschland, wo Expertenwissen manchmal wichtiger ist als die Hierarchieebene.

Muss ein Franzose in Deutschland mehr leisten als ein Deutscher, um in gleicher Position respektiert zu werden?

Frankreich wird oft mit Streik, manchmal mit fehlender Professionalität und Ernsthaftigkeit verbunden. Oder – als Kompliment verkleidet – mit mehr Lebensart. Deshalb muss man als französischer Manager beweisen, dass man auch effizient und diszipliniert arbeiten kann.

Haben Sie diese Erfahrung selbst gemacht?

Als ich vor vielen Jahren mein erstes Meeting in Deutschland organisiert habe, kam ich fünf Minuten zu spät – alle meine Kollegen waren schon wieder weg. Das war eine große Überraschung für mich. Man wollte mir als Franzosen zeigen, dass in Deutschland Pünktlichkeit sehr wichtig ist. In Italien habe ich später ein Meeting organisiert, bei dem ich pünktlich war und alle anderen 15 Minuten zu spät kamen.

In Deutschland wird seit Monaten heftig über die Einführung einer Frauenquote gestritten. Wie beurteilen Sie die Debatte und die Situation der Frauen hierzulande?

Es ist zwar schon viel in Bewegung geraten, doch im internationalen Vergleich gibt es noch nicht genug Frauen in Führungspositionen. Der deutsche Staat müsste Frauen in der Arbeitswelt mehr fördern. Es fehlen zum Beispiel Ganztagsschulen. Der französische Staat hat sehr viel früher für die Rahmenbedingungen gesorgt, sodass eine Diskussion um eine Quote in Frankreich heute überhaupt nicht nötig ist. Daher sind in Frankreich auch mehr Frauen berufstätig als in Deutschland. Auch die Frage nach dem Betreuungsgeld wird in Frankreich erst gar nicht gestellt. Man würde sich eher fragen, wie man die Frauen im Berufsleben unterstützen kann.

Wie fördern Sie Frauen in Ihrem Umfeld?

Drei von sieben Führungspositionen im Internationalen Marketing habe ich bereits mit Frauen besetzt. Nicht, weil ich wegen einer starren Quote dazu verpflichtet wäre. Sondern, weil ich davon überzeugt bin, dass Frauen in Führungspositionen für ein erfolgreiches Unternehmen extrem wichtig sind. Und mit dieser Haltung stehe ich bei Henkel nicht allein.

Sind Sie nach all den Jahren in Deutschland überhaupt noch typischer Franzose – oder sind diese nationalen Klischees in der Ära der Globalisierung hinfällig?

Intuition, Leichtigkeit, Humor und die „art de vivre“ sind noch immer typisch französische Eigenschaften und haben nach wie vor einen hohen Stellenwert für mich. Und ich gebe zu: Ich ziehe ein Glas Rotwein immer noch einem Bier vor.

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