Business am Rhein Geschäfte bei Pasta Primavera

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Das Bellavista Seeblick

Das Bellavista - von dort hat man einen guten Blick auf den Baldeney-See. Quelle: Ingo Rappers für WirtschaftsWoche

Es sieht aus wie ein Hexenhäuschen, das Restaurant Bellavista, hoch über der Ausfallstraße in Essen-Bredeney, mit prächtigem Ausblick auf den Baldeney-See und dem darüber liegenden Krupp-Wald. Die Villa Hügel, das einstige Stammhaus der längst untergegangenen Stahldynastie Krupp, ist nicht weit – aber das ist nicht der eigentliche Grund, warum sich in diesem mit 20 Plätzen eher kleinen Italiener häufig an ganz normalen Abenden in der Woche die eher ältere Wirtschafts-Prominenz trifft, und das auch eher zufällig.

Das Lokal, das mit immerhin weiß eingedeckten Tischen bescheiden so tut, als ob es eine Normalrestauration für Menschen sei, die nur etwas mehr von einem Italiener verlangen als eine gut gemachte Pizza, ist der Familientreffpunkt größerer Industrie-Chargen mit Wohnsitz Bredeney, vorzugsweise dem Terrain an der Villenstraße „Auf der Platte“. Denn dort wohnen sehr viele Manager der in Essen ansässigen Großunternehmen ThyssenKrupp, E.On-Ruhrgas, Hochtief und RWE.

Beitz in Bild und in natura
Das Restaurant, das hinter Fachwerk seit fast 30 Jahren unter immer gleicher italienischer Regie geführt wird, verdankt seinen Promi-Ruf der Tatsache, dass der 98-jährige Krupp-Autokrat Berthold Beitz hier ein paar Mal in der Woche, gern am frühen Abend und auch mittags, seine Mahlzeiten zusammen mit seiner Frau Else einnimmt.

Sie sitzen an einem Vierertisch direkt an der Fensterfront. Über der rustikalen Bank hängt ein Bild von Beitz aus jüngeren Tagen, das ihn zusammen mit einem berühmten Herzchirurgen aus dem gleichfalls in Essen beheimateten Krupp-Krankenhaus zeigt. Nicht alle Gäste sind von der Anwesenheit des großen alten Mannes und Krupp-Stiftungschefs begeistert.

Krupp-Manager der zweiten und dritten Ebene wollen lieber nicht direkt neben ihm platziert werden, sagt der Kellner. Die Nähe zur Wirtschaftsikone ist für viele Kruppmanager, die ein relaxtes, freimütiges Gespräch führen wollen, doch manchmal eine Belastung. Lästereien über die eigene Firma am Nachbartisch darf Beitz nicht hören.

Anders verhält es sich mit dem früheren ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz, der als Traditionalist ebenfalls gern ins Bellavista kommt, sich stets mit offenem Visier hinsetzt, wo Platz ist, sich aber an den Beitz-Tisch auch dann nicht zu setzen wagt, wenn dieser leer ist. ER, also Beitz, könnte ja doch noch kommen, und ein hektisches Wegsetzen wäre nur zu peinlich. Krupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hat sich hier noch nie blicken lassen, dafür aber seine Tochter. Man weiß im Bellavista, wer wer und wer was ist und mit wem verwandt.

Der Liebling des Krupp-Patriarchen

Ehemalige Ruhrgas-Chefs verbringen hier die Sonntagabende mit ihrer Familie, und die Kellner stellen das „Reserviert“-Schild auch ohne Vorbestellung auf ihre Stammplätze. Auch RWE-Vorstände und vor allem die kommunalen Aufsichtsräte essen hier, weil der Ort von nostalgischem Ambiente zeugt. Ein Wandfoto zeigt den jüngeren Boris Becker, der ein Gastspiel im Kruppschen Tennisclub gegeben hatte und sich bei Pasta stärkt.
Das Bellavista lebt heute noch vom Ruf in der Essener Oberschicht, das Lieblingsrestaurant des Krupp-Patriarchen zu sein.

Seit einigen Wochen jedoch, klagt der Patron, lässt sich Beitz die Gerichte hier zwar kochen, aber nach oben in seine Villa am Hang bringen. Das Essen ist auf den Geschmack von Vorständen abgestimmt. Beitz lehne Fisch aus Aquazucht ab, heißt es hier. Daher gebe es die Seezunge nur als Wildfisch. Von solchen puristischen Vorlieben der Industrie-Promis profitieren dann auch die anderen Bredeneyer Normalgäste.

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