Gute Chefs sind gut für die Motivation ihrer Mitarbeiter. Sie achten darauf, dass ihr Unternehmen nachhaltig wirtschaftet und haben ständig innovative Ideen. So zumindest das Ideal. Dass dem niemand immer und vollständig entsprechen kann, ist klar. Trotzdem gibt es natürlich viele Dinge, die ein Vorstandsvorsitzender können und beachten muss, die für seine Angestellten unerheblich sind.
Selbstvertrauen und ein bisschen Größenwahn gehören dazu, um ein Unternehmen zu lenken. Doch vom Durchschnittsmanager trennt den CEO mehr.
"CEOs unterscheiden sich durch viele Eigenschaften von anderen Führungskräften - bei manchen Eigenschaften bestehen sogar sehr große Unterschiede", heißt es in einer Studie der Studie der Personalberatung Russell Reynolds Associates, die WirtschaftsWoche Online vorab vorliegt. Um herauszufinden, wo genau die Unterschiede liegen, haben die Berater psychometrische Analysen von mehr als 900 CEOs mit den Profilen von 6000 Managern der zweiten und dritten Führungsebene verglichen.
Klischee-Check: Sind CEOs wirklich...
Nein. Eine Studie der Personalberatung Russell Reynolds Associates unter 900 CEOs weltweit zeigt, dass die Vorstandsvorsitzenden im Vergleich zu Managern einer niedrigeren Hierarchiestufe sogar warmherziger sind und eher das Bedürfnis haben, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Der einsame Krieger, der auf nichts und niemand Rücksicht nimmt, ist also ein Klischee.
Hier stimmt das Klischee: CEOs treten eher aggressiver auf und setzen sich an die Spitze. Sie warten nicht, dass ihnen andere die Führung übertragen.
Auch hier ist die Antwort ja: Wer ein ganzes Unternehmen befehligen will, muss überzeugend sein. Entsprechend ergab auch die Studie, dass CEOs deutlich mehr Spaß daran haben, andere von ihren Plänen zu überzeugen, als es bei Managern in der zweiten oder dritten Reihe der Fall ist.
Hier gibt es keine eindeutige Antwort. Unter den untersuchten CEOs gab es sowohl sehr extrovertierte als auch introvertierte Charaktere.
"I'm CEO, bitch!" Soll Facebook-Gründer Mark Zuckerberg auf seine Visitenkarten gedruckt haben. Laut der Studie sind Vorstandsvorsitzende jedoch keine Angeber, sondern im Vergleich zu anderen Managern sogar eher bescheidener.
Hier sagt die Studie wieder klar: Ja. Der durchschnittliche CEO übertrifft andere Manager deutlich, was seinen Optimismus und sein zukunftsorientierten Denken angeht.
Auch hier ist die Antwort ein klares Ja: CEOs suchen häufiger den Wettbewerb als andere und sind leistungsorientierter als andere Manager.
Ja. CEOs sind eher bereit, etwas zu riskieren, als andere.
"Unsere psychometrischen Daten verdeutlichen, dass insbesondere die CEOs von börsennotierten Unternehmen darauf trainiert sind, ambitionierte, aber erreichbare Ziele zu proklamieren und häufiger auf Schönfärberei verzichten", sagt Joachim Bohner, der bei Russell Reynolds für Leadership und Assessment verantwortliche Managing Director.
Was den CEO vom Personalvorstand unterscheidet
Laut der Studie „Inside the Mind of the Chief Executive Officer“ sind es sieben Eigenschaften, die den Vorstandsvorsitzenden vom Manager in der zweiten Reihe unterscheiden:
- Mut und der Willen, Dinge voranzutreiben
- starke Eigeninitiative
- ausgeprägte Bereitschaft zu kalkuliertem Risiko
- ausgeprägte Belastbarkeit und starker Eigenantrieb
- offener gegenüber Veränderungen, neugieriger und unbesorgter
- Bereitschaft zu unkonventionellem Denken
- Kommunikationsfähigkeit
Natürlich haben auch andere Manager diese Charaktereigenschaften. Bei den untersuchten CEOs waren diese jedoch deutlich stärker ausgeprägt, als bei der Vergleichsgruppe.
Die Unternehmenslenker waren mutiger, neugieriger, kommunikativer belastbarer, teamfähiger zukunftsorientierter und häufig auch deutlich empathischer.
Gute Chefs sind arrogant, Superchefs nicht
Es gibt jedoch auch innerhalb der Gruppe der CEOs Unterschiede. Und zwar zwischen einfachen Unternehmenslenkern und solchen, deren Unternehmen ein jährliches Umsatzwachstum von mehr als fünf Prozent hat. Letztere seien deutlich leidenschaftlicher, fokussierter, analytischer, empathischer und unprätentiöser als ihre weniger erfolgreichen Kollegen. Außerdem hätten sie mehr Humor.
Überraschend: Obwohl sich diese best-performing CEOs, wie sie in der Studie heißen, ihren Erfolg auf die Fahnen schreiben könnten, ist ihnen Eigenmarketing eher unangenehm und sie seien auch deutlich weniger arrogant als die schlechter wirtschaftende Vergleichsgruppe.
Demnach gilt in Chefetagen offenbar die Faustregel: Je besser, desto bescheidener.
So gehen Sie mit einem narzisstischen Chef am besten um
Akzeptieren Sie den Narzissten so, wie er ist. So banal es auch klingt, aber manche Menschen ändern sich nicht – und für diese Sisyphos-Aufgabe sind Sie ohnehin nicht der oder die Richtige.
Stellen Sie seine vermeintliche Großartigkeit nie öffentlich infrage – denn selbst auf konstruktive Kritik reagieren Narzissten häufig allergisch.
Seien Sie auf Detailarbeit vorbereitet – aber erwarten Sie nicht, für Ihre Ideen und Überstunden gelobt zu werden. Denn das Rampenlicht will ein Narzisst nicht teilen. Deshalb sollten Sie Ihre Zufriedenheit nie von seiner Laune und seinem Wohlwollen abhängig machen.
Schützen Sie sich selbst. Bleiben Sie dem Narzissten gegenüber professionell. Ihre Gefühle sollten Sie mit ihm nicht teilen. Dadurch bieten Sie ihm so wenig Angriffsfläche wie möglich.
Achten Sie auf Ihre Formulierungen. Wenn Sie etwas von einem Narzissten wollen, betonen Sie nicht, was Sie selbst davon haben – sondern welche Vorteile er daraus ziehen könnte.
"Introvertierte, die gelernt haben, sich extrovertiert zu geben, sind häufig erfolgreicher als diejenigen, die nur in ihrem Schema verharren. Nach unserer Einschätzung verhält es sich mit Arroganz ähnlich", erklärt Thomas Tomkos, verantwortlicher Managing Director für das Deutschlandgeschäft bei Russell Reynolds das Phänomen. "Es geht darum, die eigene Wirkung auf das Umfeld anzupassen. Arroganz oder auch Extrovertiertheit mäßigen und kontrollieren zu können, kann sehr hilfreich sein." Entsprechend ist Bescheidenheit nicht zwangsläufig ein Merkmal sehr guter Chefs, wohl aber Disziplin und Selbstkontrolle.
Das Auftreten eines Unternehmenslenkers hängt laut Tomkos Erfahrung allerdings auch von der Art des Unternehmens als auch der Region ab. "Wenn der CEO eines börsennotierten Konzerns bei Investoren um Vertrauen werben muss, muss er selbstbewusst, aber auch nach vielen Richtungen hin vertrauensbildend auftreten. Schon dadurch ist er gezwungen, seine Arroganz in einem stärkeren Maß im Zaume zu halten als der CEO eines privatwirtschaftlichen Unternehmens."
Deutsche CEOs sind Primus inter Pares
Hinzu kommt die Verbindung eines CEOs zum Unternehmen: Apple war Steve Jobs, Facebook ist Mark Zuckerberg - aber BMW ist BMW und die Deutsche Bank die Deutsche Bank - unabhängig vom Unternehmenslenker.
"Unterschiede zwischen amerikanischen und deutschen CEOs lassen sich derzeit nicht auf Basis der Studie belegen, aber der deutsche CEO ist in der Regel Teil eines Kollektivs: Er ist Mitglied des Vorstandes und berichtet dem Aufsichtsrat. Das ist in den USA anders, dort sind CEOs typischerweise Alleinentscheider, die nur ihren Investoren Rechenschaft schuldig sind", sagt Tomkos.
Das begünstigt natürlich eine gewisse Einstellung: Rampensäue sind in den USA eher willkommen als im deutschen Mittelstand. Oder, wie Tomkos sagt: "Bei uns ist die Prägung auf Eliten nicht so stark ausgeprägt wie in anderen Ländern. Die Einstellung, dass es nur einen Entscheider geben kann, ist hier seltener. Insofern lässt sich erwarten, dass bestimmte Charakteristika bei CEOs anderenorts ausgeprägter sind, als in Deutschland."
Der deutsche CEO sei eher konsensorientiert, weil er es muss. Sein amerikanisches Pendant kann auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen und sagen: "Ich will aber!"