Das wollte Lutz Schüler unbedingt vermeiden. Seit Januar 2011 war er CEO des Telekommunikationskonzerns Unitymedia, im Jahr 2012 verantwortete er die Übernahme des Konkurrenten KabelBW und die Zusammenführung der beiden Unternehmen. Die Führungspositionen besetzte Schüler bewusst mit Managern aus beiden ursprünglichen Unternehmen. Das Signal: Es sollte eine neue Firma entstehen, aber gewissermaßen mit dem Besten aus beiden alten Welten.
Nun trafen sich die 120 Führungskräfte zu regelmäßigen Workshops. Dort destillierten sie 13 Aussagen, mit denen sie den Kulturwandel umsetzen wollten. Darunter: Offenheit für konstruktiven Dialog, faire Anreize oder regelmäßigen Austausch. Für alle Versprechen wurden Paten aus der Führungsetage benannt. Um deren Engagement zu verdeutlichen, gaben sie das ihnen zugeordnete Versprechen in einem internen Video bekannt. Außerdem verkündete CEO Schüler öffentlich, dass er bis zu 20 Prozent seiner Zeit dem Wandel widmen werde.
„Das Change-Projekt war und ist nicht einfach“, sagt Karl-Heinz Reitz, Leiter der Personalentwicklung von Unitymedia KabelBW. Abläufe mussten geklärt, IT-Systeme vereint, Mitarbeiter entlassen werden. „Aber die Führungsebene nimmt das Projekt ernst. Und eine solche dauerhafte Unterstützung ist das A und O jeder Veränderung“, sagt Reitz.
Erste Erfolge sind schon zu erkennen: Der Gewinn stieg im vergangenen Jahr um neun Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Euro, der Umsatz um sieben Prozent auf 1,9 Milliarden Euro, insgesamt verkauften die Vertriebler 560.000 neue Abonnements für Internet, Telefon und Kabelfernsehen.
Auf einen ähnlichen Schub durch seine Umstrukturierungen hofft Siemens-Chef Joe Kaeser. Am 8. Mai gibt er in einer Telefonkonferenz die Bilanz für das zweite Quartal bekannt. Dort will er Details zur neuen Strategie nennen. Immerhin: Die Anleger vertrauen ihm derzeit. Seit Mitte 2013 stieg der Siemens-Kurs um knapp ein Viertel auf etwa 97 Euro. Natürlich kann Kaeser nicht garantieren, dass ihm die Früchte des Umbaus später einmal tatsächlich schmecken werden.
Aber eine Alternative hat er nicht. Stillstand wäre gleichbedeutend mit Rückschritt.
Oder, wie es der Physiker Georg Christoph Lichtenberg einst formulierte: „Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.“