WirtschaftsWoche: Herr Schauf, gibt es Strombergs in deutschen Chefetagen?
Schauf: Ja, klar. Strombergs gibt es in fast jeder Firma. Je höher sie es in der Hierarchie eines Unternehmens schaffen, umso mehr von ihrer Sorte gibt es dort.
Wie meinen Sie das?
Es gibt Unternehmen da gehören Mobbing und Intrigen zur Kultur. Der Chef lebt das vor und zieht sich kleine Strombergs heran. Sie merken, der Chef lacht, wenn sie Witze über Andere machen. Er lobt rücksichtslose Vorgesetzte, die vor allem austeilen. Am Ende steht vielleicht sogar eine Beförderung. Das merken sich die Mitarbeiter und passen sich an.
Aber ist so eine Unternehmenskultur nicht zum Scheitern verurteilt?
Nicht unbedingt. Dass dies immer so sein muss, ist ein Irrglaube von all den Gutmenschen. Es gibt wünschenswerte Unternehmenskulturen und es gibt die Realität. Ich kenne eine Unternehmensberatung, da arbeiten ausschließlich diese unsympathischen, karrierefixierten Menschen. Aber die kommen gut miteinander klar. Mit Blick auf den demografischen Wandel muss man aber schon sagen, dass langfristig die Unternehmen mit der Wohlfühlkultur besser an Fachkräfte kommen werden. Sie sind auch signifikant erfolgreicher, was im Umkehrschluss aber eben nicht heißt, dass ,,Stromberg-Kulturen" nicht auch erfolgreich sein können.
Woran sieht man das?
Naja, Stromberg ist ja so populär, weil die Menschen sich damit identifizieren. Jeder kennt solche Chefs oder Kollegen. Es gibt sie in den meisten Firmen. Und in der Realität sind sie vielleicht sogar noch schlimmer als im Film.
Noch schlimmer?
Ja. Mobbing läuft in Wirklichkeit zwar subtiler ab, aber ist deswegen ja nicht weniger gemein. Ganz im Gegenteil. Die Kollegen und Vorgesetzten lachen einem ins Gesicht und hinten rum lästern sie, sägen vielleicht sogar am Stuhl des Anderen. Da kann man sich nicht mal wehren.
Muss man also ein Ekel sein, um Karriere zu machen?
Man muss nicht. Aber man kann. Ob man sollte, ist eine andere Frage. Im „richtigen“ Unternehmen kann diese Ekel-Mentalität nützlich sein. In anderen Unternehmen möglicherweise hinderlich.
Welche Eigenschaften von Stromberg sind hilfreich, um aufzusteigen?
Seine Schlagfertigkeit. Die fehlt den meisten.
Ein neues Verhältnis zu Kolleginnen
Aber Strombergs Sprüche sind doch oft ziemlich flach.
Das macht nichts. Ich habe bislang nur in wenigen Unternehmen wirklich niveauvolles Miteinander erlebt. Authentische Wertschätzung und respektvoller Umgang sind in deutschen Unternehmen oft noch Mangelware.
Vor allem sexistische Sprüche sind bei Stromberg ja an der Tagesordnung. Kommt so etwas in den von Männern dominierten Chefetagen heute noch an?
Diese Art von Witzen nimmt ab. Das ist mit Sicherheit auch eine Generationenfrage.
Was meinen Sie damit?
Ich mache als Managementtrainer auch Vertriebsschulungen und dann kommen ältere Vertriebler, die früher hervorragende Zahlen erzielt haben, es jetzt aber nicht mehr bringen. Dann kommt raus: Die haben sich damals nur mit dem Einkäufer verbrüdert, ein paar sexistische Sprüche gerissen und das hat gereicht. Das klappt nicht mehr. Selbst in männerdominierten Branchen – wie dem Maschinenbau – sind solche Verhaltensweisen auf dem Rückzug. Junge Männer können darüber nur noch den Kopf schütteln. Sie haben ein anderes Verhältnis zu den Kolleginnen.
Stromberg tritt nach unten und buckelt nach oben. Ist diese Taktik des Einschleimens der richtige Weg für berufliches Fortkommen?
Das kann man nicht pauschal sagen. Das kommt auf den Vorgesetzten an.
Die meisten Chefs betonen, sie könnten Schleimer nicht ausstehen.
Das ist ein Mythos. Niemand gibt zu, Schleimer zu mögen, weil es nicht sozial opportun ist. Dabei möchte jeder Mensch gelobt und bewundert werden. Wer das verneint, ist nicht ehrlich zu sich selbst.
Also funktioniert Strombergs Methode, den Vorgesetzten nach dem Mund zu reden?
Positive Wertschätzung ist eine entscheidende Karriereregel. Wichtig dabei ist, die Anerkennung muss glaubwürdig rüberkommen. Sie können ihr Lob heucheln, es darf nur nicht auffallen. Das funktioniert bei Stromberg meistens nicht besonders. Er übertreibt. Sein Gegenüber merkt, dass er sich einschleimen und so manipulieren will.