
Der Super-GAU von Fukushima und die Energiewende zwingen die Energiekonzerne zum Umbau. Die Solarindustrie leidet unter der Billigkonkurrenz aus Fernost und Deutschlands größte Fluggesellschaft Lufthansa sieht ihr Geschäftsmodell in Gefahr. Immer häufiger geraten Unternehmen und sogar ganze Branchen in kürzester Zeit ins Trudeln. Um mit den notwendigen Veränderungen fertig werden zu können, brauchen die Unternehmen dringend schlagkräftige Personalabteilungen, die neue Beschäftigungskonzepte entwickeln, Change Management-Kompetenz aufbauen, aber gleichzeitig Mitarbeiterängste abbauen, und die gemeinsam mit den Führungskräften die anstehenden Herausforderungen erfolgreich bewältigen.
Michael Grubbert, Einkaufschef des Photovoltaikherstellers Centrotherm im schwäbischen Blaubeuren verriet vor wenigen Tagen der Fachzeitschrift „Logistik heute“, wie er sich vorstellt, auf die gegenwärtigen Herausforderungen im Personalmanagement zu reagieren: „Unternehmen aus unterschiedlich volatilen Branchen schließen sich zusammen und bilden einen Pool an Mitarbeitern aus Einkauf, Logistik und Disposition. Und je nach Marktentwicklung können diese guten Köpfe dann von der einen Stelle zur anderen wechseln.“
Wenn der Wettbewerb härter wird, werden Personalressourcen zum Problem
Noch vor zehn, fünfzehn Jahren hätte Grubbert für diese Idee vermutlich harsche Kritik von Gewerkschaftlern, Betriebsräten und Mitarbeitern einstecken müssen. Heute jedoch regt sich keiner mehr auf. Das Solarunternehmen Centrotherm ist wie viele andere Unternehmen der deutschen Photovoltaikbranche jüngst ins Schlingern geraten. 400 Stellen in Deutschland wurden bereits gestrichen. Ein Werk soll geschlossen werden. Für 2012 sieht die Prognose nicht gut aus. Frühestens 2013/14 könnte es wieder aufwärts gehen.
Grubberts Kollegen, die derzeit bei Centrotherm ihren Hut nehmen müssen, wären sicherlich froh, wenn es heute schon einen solchen unternehmens- und branchenübergreifenden Pool gäbe, der ihnen und ihrem Unternehmen mehr Stabilität angesichts der extrem schwankenden Marktentwicklungen und unsicheren Jobsituation geben würde. Auch in den Belegschaften von Unternehmen aus anderen Krisenbranchen wie der Schiffahrt, der Holzverarbeitung oder der Druckindustrie ist längst die Erkenntnis gereift, dass es angesichts der Veränderungen im Machtgefüge der Weltwirtschaft und des hohen Innovationstempos Zeit ist, auch über unkonventionelle Lösungen zur Beschäftigungssicherung und stabileren aber gleichzeitig flexibleren Verfügbarkeit von Personalressourcen nachzudenken.





In der Krise sind Mitarbeiter offen auch für unkonventionelle Beschäftigungsmodelle
Wer weiß, dass er über Nacht seinen Job verlieren kann, ist offener auch für Arbeits- und Lebensmodelle, die noch unerprobt sind und womöglich massive Veränderungen im persönlichen Alltag mit sich bringen. Ein Grund für die gestiegene Kooperationsbereitschaft ist sicher auch die Tatsache, dass Manager wie Grubbert ihre Mitarbeiter mit triftigen Argumenten zu überzeugen versuchen.
„Die meisten Unternehmen sind zu starr für extrem schwankende Märkte. Man müsste ständig Stellenbeschreibungen oder Zielvereinbarungen der jeweiligen Situation anpassen. Wenn aber Schwankungen innerhalb von Wochen stattfinden, bekommt man das nicht hin. Unser Credo heißt: Agilität braucht Stabilität. In der Praxis ist eine starke Identifikation mit der Firma notwendig, damit Mitarbeiter sich in puncto Arbeitszeit oder Einsatzort flexibel zeigen“, erklärt der 41-jährige Logistikexperte. Davon abgesehen ist ein Denken in festen Stellenbeschreibungen und jährlichen Zielvereinbarungen angesichts der sich ständig ändernden Rahmenbedingungen ohnehin nicht mehr zeitgemäß.