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Arthur Schopenhauer oder Vom Glück

Vielleicht war Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) der letzte große Philosoph, der sich den großen Lebensfragen stellte: Wie soll ich leben? Was ist Glück? Und wie kann ich es erreichen? In seinem 1819 erschienenen Opus Magnum „Die Welt als Wille und Vorstellung“ erteilt er dazu unmissverständlich Auskunft.

Das Glück im Sinne der Befriedigung von Wünschen, so seine an Epikur und der Stoa geschulte Erkenntnis, erfahre der Mensch immer „negativ“, das heißt: als Beseitigung eines Mangels, als Befreiung von Unlust, als Erlösung von Schmerz und Not, auf die „entweder ein neuer Schmerz, leeres Sehnen oder Langeweile“ folgen. Während der Mangel immer „positiv“, also unmittelbar erfahrbar ist, wird das Glück nur indirekt erlebt, als Kontrastgefühl, das naturgemäß nicht lang andauert: Glücklich sind wir vor dem Hintergrund der Erfahrung des Unglücks, weshalb wir des Glücks in Form gegenwärtiger Güter und Vorteile, wie Schopenhauer sagt, „nicht recht inne werden“ und sie für selbstverständlich halten. Erst ihr Verlust macht uns deutlich, was wir an ihnen hatten.

Eine illusionslose Sicht des menschlichen Daseins, das Schopenhauer zufolge zwischen Schmerz und Langeweile pendelt und Glück allenfalls als eine Episode zulässt.

Dieser prinzipielle Pessimismus („Alles Leben ist Leiden“) hat den Frankfurter Meisterdenker freilich nicht davon abgehalten, seinem Hauptwerk gut 30 Jahre später ein Nebenwerk hinterherzuschicken, das man getrost als Anleitung zum Glücklich-Sein bezeichnen kann. In seinen „Aphorismen zur Lebensweisheit“, mit denen er versehentlich einen Bestseller landete, teilt er dem Leser gleich im ersten Kapitel mit, worauf es ankommt, um „möglichst angenehm und glücklich zu leben“: Er solle bitte schön nicht auf das schwankende Urteil der anderen (Prestige, Ehre, Image etc.) setzen, auch nicht in erster Linie auf Besitz (wenngleich finanzielle Unabhängigkeit ein „unschätzbarer Vorteil“ sei), sondern auf das, worauf er sich unbedingt verlassen kann, was er ist und an sich selber hat, also auf seine Persönlichkeit.

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Dazu gehört die „animalische Natur“ des Menschen, insbesondere die Gesundheit als „höchstes irdisches Gut“, ohne das alle äußeren Güter wertlos sind, aber auch die Heiterkeit des Gemüts, die sich „augenblicklich selbst belohnt“, und nicht zuletzt die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Erst der Intellekt ermöglicht uns jenen Idealzustand, den die alten Griechen Autarkie nannten.

Der kluge Kopf, soll das heißen, koppelt sich ab, löst sich von der Umwelt, dem eigentlichen Ursprung der Leiden, und pflegt die Gemütsruhe. Er braucht keine Ablenkung, keine Zerstreuung, im Gegenteil, er schätzt die Einsamkeit, er sucht die Wonnen des ungestörten Bei-sich-Seins, er findet die Quellen des Genusses in sich selbst – und kann mit Aristoteles den stolzen Satz sagen: „Das Glück gehört denen, die sich selber genügen.“

Arthur Schopenhauer: Aphorismen zur Lebensweisheit, Marix, 6 Euro

Dieser Artikel erschien erstmals im Dezember 2017 bei der WirtschaftsWoche.

Mehr zum Thema: Managementberater Guido Schmidt arbeitet mit altbewährten Rezepten: den Weisheiten antiker Philosophie. Was wir außer Geometrie von Pythagoras lernen können.

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