Nichts geht mehr. Emotional, körperlich und geistig herrscht Erschöpfung vor. Die Diagnose: Burnout. Ein Leser fragte uns: „Wie sieht ein typischer, erfolgreicher Weg aus dem Burnout aus?“
Antwort: Die Frage ist schwer zu beantworten, weil es unterschiedliche Formen und Schweregrade des Burnout-Syndroms gibt. Daher lautet eine der wenigen allgemeingültigen Antworten: Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist der Weg aufwendiger, als Außenstehende und Betroffene selbst vermuten. Mit „Tu dir mal ein Wochenende die Ruhe an!“ ist es jedenfalls nicht getan. Einige Experten argumentieren, dass ein echter Burnout sich kaum von einer ausgewachsenen Depression unterscheidet. Durch diese Linse wird klarer, dass an jenem Punkt Wellness nur der Anfang eines längeren Genesungsprozesses darstellen kann. Neben der Linderung der Erschöpfung sollte Folgendes auf dem Plan stehen:
Erstens: eine begleitete Auseinandersetzung mit der beruflichen Identität. Was kann ich gut, was nicht? Welche Tätigkeiten spenden mir Energie, welche laugen mich aus? Besonderes Augenmerk kann auf einem Konzept liegen, das in der Transaktionsanalyse als Antreiber bezeichnet wird. Es geht um Imperative wie „Sei perfekt!“ oder „Zeig keine Schwäche“, die Menschen, je nach Persönlichkeit und Erziehung, mit sich tragen können. Solche Glaubenssätze zu entschärfen, kann dabei helfen, Rückfälle zu vermeiden.
Diese Berufe produzieren am meisten Burn-Out-Fehltage
Die AOK wertete für das Jahr 2016 aus, in welchen Berufsgruppen die meisten Fehltage wegen Burn-Outs entstehen. Mit 366,4 Fehltagen wegen Burn-Out-Erkrankungen liegt das Dialog-Marketing an erster Stelle.
Auf Platz 2 mit 325,4 Fehltagen auf 1000 Arbeitnehmer kommt die Gruppe der Aufsichts- und Führungskräfte in der Pflege, dem Rettungsdienst und der Geburtshilfe.
Nur sehr knapp hinter den Führungskräften in Gesundheitsberufen liegen die Führungskräfte im Verkauf mit 325,1 Fehltagen auf 1000 Arbeitnehmer.
Auf dem vierten Platz liegen die Berufe in der Erziehungswissenschaft - darunter die Lehrer. Diese Gruppe kommt auf 277,9 Fehltage im Jahr auf 1000 Mitarbeiter.
Auf Rang Fünf liegen die Aufsichts- und Führungskräfte in den Berufen Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege bei den Burn-Out-Erkrankungen.
Platz 6 belegen die Mitarbeiter in der Altenpflege.
Mit 250,3 Fehltagen auf Grund von Burn-Out-Erkrankungen kommen bei den AOK-Versicherten die Mitarbeiter in der Haus- und Familienpflege.
Die Führungskräfte in Verkauf und Vertrieb, die bei der AOK versichert sind, kommen pro 1000 Arbeitnehmer auf 231,6 Fehltage wegen Burn-Out-Erkrankungen.
218 Fehltage sind es in den Führungsebenen der Gastronomie und Systemgastronomie.
Den 10. Platz in der AOK-Statistik der Fehltage auf 1000 Mitarbeiter wegen Burn-Out-Erkrankungen belegen Mitarbeiter im Verkauf.
Zweitens: eine begleitete Auseinandersetzung mit dem beruflichen Umfeld. Burnout ist nicht nur eine individuelle Störung. Es trifft durchaus zu, dass manche Personen gemäß ihrer Konstitution ein höheres Risiko tragen, doch ein Burnout entwickelt sich immer in einem spezifischen Kontext. Oft lassen ungesunde Aspekte einer Organisationskultur oder auch mangelhaftes Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten eine Abwärtsspirale entstehen. Es gilt zu reflektieren, ob eine Rückkehr in das gleiche System überhaupt erstrebenswert ist.
Drittens: eine begleitete Auseinandersetzung mit der Person an sich. Für mein Buch „Arbeit besser machen“ hatte ich den Medizin-Professor Tobias Esch interviewt. Er argumentiert, dass ein Burnout immer auch Aspekte einer Sinnkrise aufweise. Der Mensch erlebe sich als nicht authentisch, weil das, was im Außen passiert, zu wenig in Resonanz mit dem steht, was im Innen gefühlt wird. Von daher läge ein Schlüssel zur Heilung auch in sehr grundsätzlichen Fragen: Welche Form des Lebens passt zu mir? Welche meiner Beziehungen nähren mich, welche entziehen mir Energie? Welche übergreifenden Projekte möchte ich verfolgen, welche auslaufen lassen? Übergreifend: Was ist meine ganz persönliche Definition von Erfolg?
Nico Rose ist Experte für Positive Psychologie und Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management (ISM) in Dortmund.
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