
Die zunehmenden politischen Spannungen und Krisen verunsichern die globale Wirtschaft. Weltweit hat sich die Stimmung unter Top-Managern in den vergangenen zwölf Monaten deutlich verschlechtert, wie aus einer am Dienstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft PwC (PricewaterhouseCoopers) hervorgeht.
Nur noch gut ein Viertel der Unternehmenslenker rechnet in den kommenden zwölf Monaten mit einem weltweiten Wirtschaftswachstum, vor einem Jahr waren noch 37 Prozent der Befragten optimistisch für die globale Konjunktur. Viele Manager befürchten, dass sich die Staaten künftig wieder stärker abschotten werden.
Was gute Führung ausmacht
Laut einer Umfrage der "Initiative Neue Qualität der Arbeit" unter 400 Führungskräften sind Flexibilität und Diversität sind weitgehend akzeptierte Erfolgsfaktoren. Das Arbeiten in beweglichen Führungsstrukturen, mit individueller Zeiteinteilung und in wechselnden Teamkonstellationen ist aus Sicht der meisten Führungskräfte bereits auf einem guten Weg. Die Idee der Förderung von Unterschiedlichkeit ist demnach in den Unternehmen angekommen und wird umgesetzt. Die Beiträge zur Führungskultur gerade aus weiblichen Erfahrungswelten werden äußerst positiv bewertet.
Prozesskompetenz ist für alle das aktuell wichtigste Entwicklungsziel. 100 Prozent der interviewten Führungskräfte halten die Fähigkeit zur professionellen Gestaltung ergebnisoffener Prozesse für eine Schlüsselkompetenz. Angesichts instabiler Marktdynamik, abnehmender Vorhersagbarkeit und überraschender Hypes erscheint ein schrittweises Vortasten Erfolg versprechender als die Ausrichtung des Handelns an Planungen, deren Verfallsdatum ungewiss ist.
Selbst organisierende Netzwerke sind das favorisierte Zukunftsmodell. Die meisten Führungskräfte sind sich sicher, dass die Organisation in Netzwerkstrukturen am besten geeignet ist, um die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt zu bewältigen. Mit der kollektiven Intelligenz selbst organisierender Netzwerke verbinden diese Führungskräfte die Hoffnung auf mehr kreative Impulse, höhere Innovationskraft, Beschleunigung der Prozesse und Verringerung von Komplexität.
Hierarchisch steuerndem Management wird mehrheitlich eine Absage erteilt. Die meisten Führungskräfte stimmen darin überein, dass Steuerung und Regelung angesichts der Komplexität und Dynamik der zukünftigen Arbeitswelt nicht mehr angemessen sind. Zunehmende Volatilität und abnehmende Planbarkeit verringern die Tauglichkeit ergebnissichernder Managementwerkzeuge wie Zielemanagement und Controlling. Überwiegend wird die klassische Linienhierarchie klar abgelehnt und geradezu zum Gegenentwurf von „guter Führung“ stilisiert.
Kooperationsfähigkeit hat Vorrang vor alleiniger Renditefixierung. Über die Hälfte der interviewten Führungskräfte geht davon aus, dass traditionelle Wettbewerbsstrategien die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben und das Prinzip Kooperation weiter an Bedeutung gewinnt. Nur noch 29,25 Prozent der Führungskräfte präferieren ein effizienzorientiertes und auf die Maximierung von Profiten ausgerichtetes Management als ihr persönliches Idealmodell von Führung.
Persönliches Coaching ist ein unverzichtbares Werkzeug für Führung. Mit dem Übergang zur Netzwerkorganisation schwindet der selbstverständliche Schonraum hierarchischer Strukturen. Die Durchsetzung eigener Vorstellungen über Anweisung werde immer schwieriger oder sei gar nicht mehr möglich. Mächtig ist nur, was auf Resonanz trifft. Einfühlungsvermögen und Einsichtsfähigkeit werden dadurch immer wichtiger. Alle Akteure, ob nun Führungskraft oder geführte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bräuchten im Unternehmen mehr Reflexion und intensive Entwicklungsbegleitung.
Motivation wird an Selbstbestimmung und Wertschätzung gekoppelt. Die Führungskräfte gehen davon aus, dass die motivierende Wirkung von Gehalt und anderen materiellen Anreizen tendenziell abnimmt. Persönliches Engagement wird mehr mit Wertschätzung, Entscheidungsfreiräumen und Eigenverantwortung assoziiert. Autonomie werde wichtiger als Statussymbole und der wahrgenommene Sinnzusammenhang einer Tätigkeit bestimme den Grad der Einsatzbereitschaft.
Gesellschaftliche Themen rücken in den Fokus der Aufmerksamkeit. In der intuitiven Schwerpunktsetzung der Führungskräfte nimmt die Stakeholder-Perspektive des Ausgleichs der Ansprüche und Interessen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen einen wachsenden Raum ein. Über 15 Prozent aller frei genannten Beschreibungen im Führungskontext beschäftigen sich mit Fragen der gesellschaftlichen Solidarität und der sozialen Verantwortung von Unternehmen.
Zwiespältig ist die Stimmungslage unter den deutschen Managern. Immerhin 40 Prozent und damit sieben Prozentpunkte mehr als im Vorjahr erwarten eine Belebung der Weltwirtschaft. Ein Viertel rechnet hingegen mit einer Verschlechterung, das ist doppelt so viel wie vor einem Jahr. Zudem beurteilen die deutschen Befragten die Aussichten für ihr eigenes Unternehmen schlechter. Nur noch 28 Prozent rechnen demnach mit Wachstum, 2015 waren es noch mehr als ein Drittel.
Damit sind die deutschen Konzernchefs skeptischer als ihre Kollegen weltweit, von denen immerhin 35 Prozent ihr Unternehmen auf Wachstumskurs sehen, etwas weniger als 2015 (39 Prozent). Allerdings befinden sich die deutschen Chefs mit ihrer pessimistischeren Einschätzung im Einklang mit anderen wichtigen Wirtschaftsnationen. So sackte die Zuversicht in China von 36 auf 24 Prozent ab, in den USA von 46 auf 33 Prozent. Dagegen blicken vor allem Inder und Spanier deutlich optimistischer in die Zukunft.





„Die Verunsicherung in den Chefetagen nimmt weiter zu“, kommentierte PwC-Deutschland-Chef Norbert Winkeljohann die Ergebnisse der Studie, für die 1409 Top-Manager aus 83 Ländern befragt wurden, davon 75 aus Deutschland. „Die Zunahme weltweiter politischer Krisen und Konflikte, die Entwicklung des Ölpreises, das verlangsamte Wachstum von Chinas Wirtschaft und die Herausforderungen durch Zuwanderung sind neue Risiken, die sich spürbar auf die Stimmungslage der Top-Manager ausgewirkt haben.“
Dabei macht auch der Flüchtlingszustrom nach Deutschland den Unternehmenslenkern zunehmend Sorgen. Die Angst vor gesellschaftlichen Spannungen ist in den vergangenen zwölf Monaten bei ihnen massiv gewachsen. Darin sehen nun 57 Prozent der befragten Manager eine Gefahr für die Wirtschaftsentwicklung, vor einem Jahr waren es gerade einmal 28 Prozent.
Ganz oben auf der Sorgenliste stehen aber weiter zu strenge Regeln für die Konzerne, gefolgt von geopolitischen Unsicherheiten und der Schuldenkrise in Europa. Als größtes Risiko für das eigene Unternehmen sehen fast zwei Drittel der Befragten in Deutschland inzwischen Cyber-Angriffe.
Ungeachtet der wachsenden Sorgen sind die Beschäftigungsprognosen der Manager stabil geblieben. Weltweit will immer noch rund die Hälfte der Befragten ihre Belegschaft vergrößern. Nur rund ein Fünftel und damit genauso viele wie 2015 plant einen Stellenabbau. In Deutschland wollen 43 Prozent der Befragten die Mitarbeiterzahl erhöhen, (2015; 41 Prozent) und 33 Prozent sie verkleinern (2015: 28).