Die Clanwirtschaft Wenn Familien gemeinsam ein Unternehmen leiten

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Sinnvolle Partnerschaft

Dieser Frage sind auch Wissenschaftler um Miriam Bird und Thomas Zellweger vom Center for Family Business der Universität St. Gallen nachgegangen. Für ihre im März veröffentlichte Studie werteten sie Geschäftsdaten von rund 5000 schwedischen Familienunternehmen der Jahre 2004 bis 2007 aus und stellten fest: Von Ehepaaren geführte Unternehmen wuchsen stärker als Firmen einer Vergleichsgruppe. Von Geschwistern geführte Unternehmen wuchsen hingegen unterdurchschnittlich. Vertrauen, gemeinsame Ziele und Werte, das Gefühl, sich gegenseitig verpflichtet zu sein – bei Ehepaaren sind diese Faktoren offenbar stärker ausgeprägt als bei Brüdern und Schwestern.

Plausibel, findet Beraterin Cornelia Maetschke-Biersack, Fachanwältin für Familienrecht in der Düsseldorfer Kanzlei Taylor Wessing: „Die Geschwisterkonstellation in der Führung bringt oft Konflikte mit sich, weil diese Führungspartnerschaften oft nicht vollständig selbst gewählt sind.“

Häufig seien die Eltern die treibende Kraft hinter der Nachfolgelösung; die Geschwister müssten irgendwie miteinander klarkommen. Anders als Ehepaare, die auch im Privaten gemeinsame finanzielle Interessen einen, haben Geschwisterpaare auch die Interessen ihrer eigenen Familienstämme zu bedenken – womit eine Rivalität beim Blick auf Unternehmensanteile und Auszahlungen der Geschäftsführer einhergeht.

Außerdem beobachtet Maetschke-Biersack oft lange schwelende Konflikte: Die eine fühlte sich schon immer vom Vater benachteiligt und will das als Nummer eins in der Unternehmensleitung kompensieren ... Der andere meint sich besser ausgebildet und will daher mehr Einfluss. „Besonders schwierig sind Konstellationen, in denen zwei Geschwister jeweils 50 Prozent der Anteile und Stimmrechte innehaben und sich somit gegenseitig blockieren können“, sagt Maetschke-Biersack.

In solchen Fällen sei ein Beirat mit einem Minderheitsanteil oder einem Vetorecht hilfreich. Doch auch so ein Beirat hat seine Tücken. Denn mausert er sich zu einer Art finalen Entscheidungsinstanz, kann das für den Unternehmenserfolg hinderlich sein. Die Anwältin weiß: Wenn es dumm läuft, setzt sich ein schlechtes Geschwisterverhältnis über Generationen fort. Dann bilden sich verfeindete Familienstämme, die im Aufsichtsrat oder in der Führung um Einfluss kämpfen.

Rechtlich absichern

Also doch lieber nur einem Kind die Unternehmensleitung überlassen – und das am besten im Gespann mit dem Ehepartner? Auch bei dieser Konstellation rät die Expertin zur Vorsicht.

Sie weiß: „Bei Unternehmerpaaren kommt es stark darauf an, wie es zu der gemeinsamen Führung gekommen ist.“ Hat das Paar gemeinsam gegründet? Oder hat ein Partner den anderen mit in die Führung geholt? Gibt es eine sinnvolle Aufgabenteilung, die sich aus den fachlichen Qualifikationen der Ehepartner ergibt – oder wurde der Partner nur dazu geholt, weil es aus privaten Gründen praktisch erschien? Paare, die gemeinsam die Leitung eines Unternehmens übernehmen, müssen sich sehr genau über ihre Rollenverteilung klar werden – und sich fragen, wie sich diese Rollen verbinden lassen.

Und was passiert, wenn das Paar Kinder bekommt? Zieht sie oder er sich dann ganz oder teilweise aus der Unternehmensführung zurück? Soll er oder sie in diesem Fall Mitsprache- und Gewinnbeteiligungsrechte im Unternehmen behalten? Oder wollen beide Partner privat und im Unternehmen gleichermaßen Verantwortung übernehmen? „Es ist sinnvoll, solche Fragen in zusätzlichen Vertragswerken wie etwa einem Ehevertrag oder einer Beteiligungsvereinbarung zu klären“, sagt die Familienanwältin.

Manches Risiko lässt sich aber bei Unternehmerpaaren kaum rechtlich absichern. Ob man trotz eines privaten Zerwürfnisses gemeinsam weiterarbeiten kann oder nicht, ob einer der Partner nach einer emotionalen Trennung wie vereinbart klaglos dem anderen die Führung überlassen und sich zurückziehen kann – all das lässt sich schwer vorhersagen. Aber so viel weiß Maetschke-Biersack: „Nach einer Scheidung ist in aller Regel nicht nur die Ehe, sondern auch die gemeinsame Unternehmensführung Geschichte.“

Wie glimpflich der daraus resultierende Führungswechsel für das Unternehmen ausgeht, hänge letztlich davon ab, ob die Partner das Wohl des Unternehmens über die privaten Interessen und Konflikte stellen können. Sonst legen am Ende womöglich Richter fest, wie es mit dem Unternehmen weitergeht.

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