
Es klingt schon etwas paradox: Die Unternehmensberatung McKinsey unterhält eine interne Outplacement-Einheit, die die eigenen Angestellten in neue Jobs vermittelt. Und das, obwohl die Beraterbranche ohnehin schon unter einer besonders hohen Fluktuation ihrer Mitarbeiter leidet.
Es ist der klassische Werdegang jedes Beraters: Wer seinen Job gut macht, wird irgendwann von einem zufriedenen Kunden abgeworben. Fördert McKinsey mit der Einheit nicht die Wechselbereitschaft der Mitarbeiter? Im Gegenteil. Peter Eberl von der Universität Kassel hat herausgefunden, dass gerade die Angestellten der Beratung ihrem Arbeitgeber gegenüber besonders loyal sind. Nach dem Wechsel, wohlgemerkt. „Die Berater fühlen sich zur Treue verpflichtet, weil McKinsey ihnen hervorragende Karrierechancen bietet“, sagt der Professor für Betriebswirtschaftslehre, „und zwar innerhalb wie außerhalb der Firma.“
Loyalität hat sich verändert
Wie das genau funktioniert? Unter anderem durch eine Rundumbetreuung der Ehemaligen. Die sogenannten Ex-Meckies bleiben stets miteinander in Kontakt, halten sich über Trends und Neuigkeiten auf dem Laufenden und können unter Umständen sogar wieder zurück in den alten Job.
Verrückt? Vielleicht. Aber so sieht sie aus, die neue Arbeitswelt, in der Loyalität nicht mehr zwangsläufig an den Faktor Zeit gekoppelt ist.
Was Mitarbeiter an Arbeitgeber bindet
Umfrage unter 665 Entscheidern in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Quelle: Hys HR-Report 2014/15
70% der Befragten halten interessante Aufgaben für ein geeignetes Mittel, um Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu binden. Umgesetzt haben dies bereits 60%.
63% der Befragten sehen eine marktgerechte Entlohnung als besonders geeignet an, um Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu binden. Dies umgesetzt haben 55%.
Um Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu binden, halten 67% der Befragten Maßnahmen zur Work-Life-Balance für besonders geeignet. Als bereits umgesetzt betrachten dies 46%.
Personalentwicklung ist für 63% ein geeignetes Mittel zur Bindung von Mitarbeitern an den Arbeitgeber. 45% haben dies bereits umgesetzt.
95% der Entscheider halten eine wertschätzende Unternehmenskultur und ein gutes Betriebsklima für besonders geeignet um Mitarbeiter an den Arbeitgeber zu binden. 53% geben an dies schon umgesetzt zu haben.
Früher gab es ein stilles Versprechen: Wer einen guten Job macht, bekommt als Gegenleistung eine sichere Stelle bis zur Rente. Doch spätestens die letzte Wirtschaftskrise stellte diesen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern in vielen Unternehmen auf die Probe.
Befristete Verträge rächen sich
Zugegeben, familiengeführte Firmen hielten ihren Teil der Abmachung größtenteils ein. Anders war es bei global agierenden Konzernen, wie eine Analyse des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt. Demnach bauten die 500 größten Familienunternehmen zwischen 2006 und 2008 ihre inländische Belegschaft um etwa 100.000 Stellen auf, während jene 26 Dax-Konzerne, die nicht in Familienhand sind, etwa 100.000 Stellen abbauten.
Und nicht nur das: In den vergangenen 25 Jahren stieg die Zahl der befristeten Arbeitsverträge laut Statistischem Bundesamt besonders deutlich bei den 25- bis 34-Jährigen. 2015 waren fast 18 Prozent dieser jungen Arbeitnehmer nur auf Zeit angestellt, 1991 waren es gerade mal 8,4 Prozent. Ein Vertragsbruch mit Folgen.
Was Unternehmen tun können, um ihre Mitarbeiter zu motivieren
Um den Mitarbeitern am Ende des Monats mehr Geld in der Tasche zu bescheren, müssen nicht gleich Millionenbeträge über die Theke wandern. Stattdessen freuen sich Mitarbeiter auch über Gutscheine, mit denen sie laufende Kosten wie Benzin oder Essen
Finanzieren können. Tankstellen- oder Einkaufsgutscheine mit bis zu 44 Euro im Monat kann der Arbeitgeber zudem steuerlich absetzen. Auch Essensgutscheine bis zu 1.342 Euro im Jahr sind für die Chefetage abgabenfrei und kommen bei den Mitarbeitern ohne
Abzüge von Steuern und Sozialabgaben an.
Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern auch Personalrabatte gewähren. Bis zu 1.080 Euro im Jahr sind hier ohne Probleme möglich. Unabhängig davon, dass der Mitarbeiter geringere Ausgaben hat, fährt der Arbeitgeber ja dadurch dennoch Umsätze ein: Eine Win‐win-Situation auf der ganzen Linie also.
Auch zinslose oder zinsgünstige Darlehen erfreuen sich bei den Arbeitnehmern zunehmender Beliebtheit. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Tower Watson sind Arbeitgeberdarlehen auf Platz zwei der beliebtesten betrieblichen Zusatzleistungen. Diese können mit bis zu 2.600 Euro Zinsvorteil an die Mitarbeiter herausgegeben werden.
Der Urlaub ist für jeden Mitarbeiter essentiell. Hier wird neue Kraft getankt, um anschließend wieder frisch und motiviert ans Werk gehen zu können. Wie schön ist es dann also, wenn der Arbeitgeber hier auch noch aktiv unter die Arme greift? Je nach Familienstand können sich Arbeitgeber mit bis zu 364 Euro im Jahr an den Urlaubskosten ihrer Mitarbeiter beteiligen. Über den ein oder anderen Cocktail extra braucht man sich dann schon mal keine Gedanken mehr zu machen.
Auch Porsche sieht den Wert der Altersvorsorge: 700 Euro pro Mitarbeiter fließen von der Prämienzahlung direkt in die persönliche Altersvorsorge. Aber kleinere Unternehmen können ihren Mitarbeitern ebenso helfen, für das Alter vorzusorgen, indem sie Direktversicherungen, eine betriebliche Altersvorsorge oder Pensionskassen und –fonds für sie anlegen. Dies macht sich nicht so unmittelbar im Geldbeutel bemerkbar wie Gutscheine oder ein Darlehen. Allerdings gibt es den Mitarbeitern Sicherheit und zeigt, dass der Arbeitgeber daran interessiert ist seine Mitarbeiter auch nach ihrer aktiven Zeit im Unternehmen gut zu versorgen.
Familienfreundliche Arbeitgeber sind schwer im Kommen! Eine Umfrage des Anbieters für betriebliche Sozialleistungen und Incentives Sodexo ergab, dass 80 Prozent der deutschen Arbeitnehmer die Work-Life-Balance wichtig finden und 77 Prozent ergeht es ebenso bei der Familienfreundlichkeit des Arbeitgebers. Den Arbeitnehmern wird also zunehmend wichtiger, dass auch der Arbeitgeber ihre persönlichen Werte teilt. Familienfreundliche Arbeitszeiten oder ein Kindergartenzuschuss sind da schon ein sehr guter
Anfang.
Ohne Smartphone und Laptop geht es heute in den meisten Berufen kaum noch. Wenn die Mitarbeiter also ohnehin dieses Equipment, in der Regel mit einer Flatrate, zu Verfügung gestellt bekommen, warum dann nicht die Nutzung gleich ausweiten? Wenn die Mitarbeiter ganz offiziell ihre Arbeitsgeräte für den privaten Alltag verwenden können, verringern sich ihre eigenen Mobilfunkkosten und der Arbeitgeber zahlt auch nicht mehr als für die geschäftliche Nutzung.
Denn die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt haben sich gedreht. Früher suchten qualifizierte Bewerber verzweifelt nach Stellen, heute suchen Unternehmen dank guter Konjunktur verzweifelt nach qualifizierten Bewerbern. Und werden sie fündig, wollen sie sie kaum mehr gehen lassen. Astrid Szebel-Habig, Professorin an der Hochschule Aschaffenburg, schrieb bereits vor 13 Jahren ein Buch mit dem Titel „Mitarbeiterbindung: Auslaufmodell Loyalität?“. Der Fortschritt eines Unternehmens hänge „von wenigen Schlüsselpersonen unter ihren Mitarbeitern ab“, sagt die Forscherin.
Dafür müssen die Mitarbeiter aber eben auch im Unternehmen bleiben. Doch gerade die so wichtigen Fach- und Führungskräfte halten es im Schnitt nur noch vier Jahre bei einem Arbeitgeber aus. Das belegt eine Umfrage der Onlinestellenbörse Stepstone aus dem Jahr 2014. Die größte Wechselbereitschaft zeigt sich nach ein bis zwei Jahren Betriebszugehörigkeit. 30 Prozent machen sich dann auf die Suche nach einer neuen Herausforderung.