So wie Volkswagen kalkulieren viele Unternehmen in Deutschland – das bestätigt eine Umfrage der WirtschaftsWoche unter Konzernen. Von BASF bis ThyssenKrupp finden sich allein unter den Dax-30-Werten zahlreiche Konzerne, die für Geschäftsreisen ihrer Top-Leute regelmäßig Businessjets einsetzen. Unter anderem der Chemieriese BASF und der baden-württembergische Softwarekonzern SAP gönnen sich eigene Flugzeuge.
Aber auch größere Mittelständler, nicht selten in der Provinz angesiedelt, schätzen die Vorzüge individueller Mobilität über den Wolken, die ihnen die kleinen Flieger bieten: Heizungsbauer Viessmann etwa fliegt seine Manager regelmäßig vom Firmenstammsitz im nordhessischen Allendorf zu Kunden in aller Welt. Und Reinhold Würth, Patriarch des gleichnamigen Schraubenherstellers, der sich auch mit seinen 78 Jahren immer noch gern selbst hinter den Steuerknüppel seiner dreistrahligen Falcon 900 setzt, nennt nicht nur mehrere Jets, sondern gar eine Werkslandebahn sein Eigen. Wegen der abgelegenen Lage des Firmensitzes sei der eigene Airport in Schwäbisch Hall von essenzieller Bedeutung. „Wir sind mit unserer kleinen Flugzeugflotte zeitlich und örtlich sehr flexibel“, heißt es bei Würth. So könne man gerade auch kleine Flughäfen in Kundennähe anfliegen.
Steuerliche Fakten zu Flügen mit dem Firmenjet
Manager können sich die Nutzung des Firmenjets für Wochenendheimflüge vertraglich zusagen lassen. „Die Kosten müssen Manager als Lohnbestandteil versteuern“, sagt Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer von der Kanzlei Gleiss. Das Unternehmen wiederum muss die Lohnsteuern für diesen geldwerten Vorteil ans Finanzamt abführen.
Räumt der Arbeitgeber dem Manager dieses Privileg ein, achten Betriebsprüfer darauf, ob das Unternehmen die Betriebsausgaben korrekt angegeben und angesetzt hat. Und ob die Firma die für den Manager darauf entfallende Lohnsteuer korrekt angemeldet und abgeführt hat.
Klarer Fall von Untreue und Steuerhinterziehung – „damit riskiert man die fristlose Kündigung“, sagt Steueranwalt Peter Fabry von der Kanzlei Luther. Außerdem muss der Aufsichtsrat Schadensersatz fordern. „Verzichtet er darauf, sind Lohnsteuern fällig“, sagt Steuerrechtsexperte Rolf Leuner von Rödel & Partner. Genehmigen sich Gesellschafter solche Privatflüge, gilt die Flugreise als verdeckte Gewinnausschüttung, und der Gesellschafter muss sie bei der Einkommensteuer angeben.
Ist das Flugzeug Firmeneigentum, richtet sich der geldwerte Vorteil des Managers nach den Kosten, die auf die Privatnutzung entfallen – inklusive der sonstigen anteiligen Kosten des Unternehmens für die Jetnutzung. Maßstab ist das Verhältnis zwischen privat und dienstlich bedingten Flugminuten laut Dokumentation im Bordbuch. Die Summe gilt außerdem als Nutzungsentnahme, für die Umsatzsteuer fällig wird.
Nimmt ein Entscheider auf einem Flug im Firmenjet zu eindeutig geschäftlich bedingten Terminen seine Familie mit und übernimmt das Unternehmen deren Kosten, muss der Manager diese genauso versteuern wie seinen Arbeitslohn. Ausnahme: „Übernimmt die mitfliegende Ehefrau auf der Reise Arbeiten für das Unternehmen wie Dolmetscheraufgaben“, sagt Steuerexperte Fabry, „fallen keine Lohnsteuern an.“
Fliegt der Manager an einem Freitag zu einem Geschäftstermin auf die Malediven und hängt zwei Wochen Ferien dran, müssen die Flugkosten aufgeteilt werden: 1/15 zahlt die Firma als normale Betriebsausgabe, 14/15 sind Privatnutzung, und für die sind Lohnsteuern fällig. Anders ist es nur dann, wenn der Manager in seinem Anstellungsvertrag eine sogenannte Nettolohnvereinbarung getroffen hat: Dann spendiert die Firma ihm die Lohnsteuern auch für den Urlaubstrip.
Solange der Flug fürs Unternehmen von Vorteil ist werden keine Steuern fällig. Etwa, wenn es für Unternehmen billiger ist, seinen Anwalt mit 1000 Euro Stundenhonorar im Firmenjet zu einem Verhandlungstermin nach New York fliegen zu lassen. „Nimmt der Jurist nämlich das Linienflugzeug und ist damit sechs Stunden länger unterwegs, die er der Firma berechnet, ist der Einsatz des Firmenjets preiswerter, und diese Kosten sind eine normale Betriebsausgabe“, sagt Rödel-Anwalt Leuner.
Ex-Thyssen-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hatte Berthold Beitz den Flieger für Flüge nach Sylt und Österreich überlassen. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt nun wegen Steuerhinterziehung – zwar nicht mehr gegen Beitz selbst, aber gegen das Unternehmen, ob es Lohnsteuern entrichtet hatte.
Zahlen muss den Flug das Unternehmen, das die Aufsichtsratssitzung veranstaltet – sie setzt ihn als Betriebsausgabe ab. Der Arbeitgeber des Managers rechnet in dessen Namen mit dem anderen Unternehmen ab. „Lohnsteuern fallen für den Manager da nicht an“, sagt Steuerberater Christoph Ackermann von Ernst & Young.
„Unternehmen mit schlecht angebundenen Produktionsstätten, die mit Linienflugzeugen nicht mal eben erreichbar sind, etwa in abgelegenen Orten in Rumänien oder Mexiko“, sagt Raoul Nacke, Deutschland-Geschäftsführer der Personalberatung Eric Salmon & Partners, „stellen sich vermehrt die Frage, ob ein Firmenjet, sich nicht lohnen könne.“ Denn ein Direktflug im eigenen oder gecharterten Businessflieger könne kostengünstiger sein als eine logistisch hochkomplexe und zeitaufwendige Reise.
Doch wer sich die Jets der Top-Manager wie fliegende Luxushotels mit goldenen Wasserhähnen und pompösen Interieur vorstellt, wird enttäuscht. „Das sind eher fliegende Jugendherbergen“, sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt. Nur die ganz großen Maschinen wie der Airbus A319 hätten Platz für ein Bett und ein separates Büro. „Meistens fliegt man in der First Class deutlich bequemer – vertrauliche Gespräche führen kann man dann aber nicht.“
Um seiner Führungsriege genau das zu ermöglichen, setzt SAP auf konzerneigene Flugzeuge. Der IT-Konzern aus dem Örtchen Walldorf besitzt drei Jets – einen Learjet 45XR mit Platz für bis zu acht Passagiere und zwei Challenger 300 vom Flugzeugbauer Bombardier. Einer der Flieger ist dauerhaft in den USA stationiert, die beiden anderen stehen am Flughafen in Mannheim. In den USA verfügt auch Bayer über zwei Learjets. Der Grund: Die 50 Standorte des Chemiekonzerns in den Vereinigten Staaten seien durch den Linienflugverkehr zum Teil schlecht miteinander verbunden.