„Die Branchen sind teils weit voneinander entfernt, was die Digitalisierung angeht. Vorreiter sind der Handel und die IT- und Telekommunikationsindustrie – am wenigsten fortgeschritten ist der öffentliche Dienst“, sagt Hans-Werner Feick, Kienbaum-Geschäftsführer und Digitalexperte.
Stefanie Peters, Gründerin und Geschäftsführerin der Unternehmensberatung enable2grow, die auf das digitale Wachstum von Firmen spezialisiert ist, unterteilt die deutschen Betriebe in drei Kategorien: „Das eine Drittel hat verstanden, wie wichtig die digitale Transformation ist und hat auch verstanden, dass es sich um einen ganzheitlichen Prozess handelt und nicht nur ein neues IT-Projekt oder ein zusätzlicher Vertriebsweg ist.“ Das zweite Drittel wolle etwas tun, wisse aber nicht so recht, was, und versteige sich in blindem Aktionismus. „Das letzte Drittel schläft noch und ist der festen Überzeugung, von der Digitalisierung nicht betroffen zu sein. Dazu gehören Unternehmen aus der Baubranche, aus Chemie und Pharma und grundsätzlich aus dem B2B-Bereich mit physischen Gütern“, sagt Peters.
Vorreiter kommen aus den USA
Entsprechend selten taucht der Name eines deutschen Unternehmens in den Schlagzeilen auf, wenn es um digitale Trends und Projekte geht. In der Regel ist der Tenor eher "Jetzt ist auch Firma xyz aufgewacht". So zumindest das Ergebnis der Studie „Digitalisierung in den Medien 2015 - Auf der Suche nach den Digital Leadern“ von Unicepta, einer Gesellschaft für Medienanalyse. Google, Apple, Facebook und Amazon sind demnach die medial beachteten Vorreiter, gefolgt von Start-ups wie Uber oder AirBnB.
„Google und Apple gelten als mögliche neue Player in der Automobilindustrie. Amazon wandelt sich zum Logistikunternehmen, das Lieferwagen durch Drohnen ersetzen will“, heißt es in der Studie. Und weiter: „Die Wettbewerber in diesen Branchen sind altbekannte Großkonzerne aus der ersten Börsenliga: Daimler, BMW und VW. Daneben wird die Deutsche Telekom als klassischer Vertreter der deutschen Digitalbranche regelmäßig erwähnt.“ Andere Namen fallen nicht. Und auch die Medienanalysten sagen: Schuld sind die Unternehmen selbst. „Es fehlt an Vordenkern und Visionären.“ Kompetenzen seien nicht in einer Person gebündelt, sondern über verschiedene Stellen im Unternehmen verteilt.
Auch Peters sagt: „Wer Digitalisierungsexperten neu einstellt, muss sie zunächst zentralisieren: Es hilft nichts, an jedem Standort einen jungen Experten zu haben, der gegen die alten Strukturen kämpft. Sie gehören zentral in das crossfunktionale Digitalisierungsteam, damit die alten, gut vernetzten Hasen und die jungen 'digital natives' gemeinsam etwas bewegen können.“
Auf der Suche nach den Digital Natives
Aber wo bekommt man sie her, die Digital Natives mit den guten Ideen? Und die Frage nach dem Wo ist in diesem Fall deutlich wichtiger, als die nach dem Wie – jedenfalls, wenn IT-Experten gesucht werden. Und das werden sie laut der Staufenbiel-Studie „JobTrends 2016“: Demnach suchen die Unternehmen derzeit vor allem Wirtschaftswissenschaftler (mit 69 Prozent an erster Stelle) und Informatiker (52 Prozent der Nennungen) Stark steigend ist dabei vor allem der Bedarf an Wirtschaftswissenschaftlern in der IT-Branche. Gefragt sind auch Data Architekten, Security Spezialisten oder Cloud Manager.
Diese Tech-Jobs werden im Jahr 2020 gesucht
Der Business Analyst baut Brücken zwischen den Fachbereichen eines Unternehmens und dessen IT. Dazu untersucht er Geschäftsprozesse und Anforderungen der Fachbereiche und kommuniziert sie der IT-Abteilung, um die Umsetzung so reibungslos wie möglich zu gestalten. Dabei muss der Business Analyst über sehr gute kommunikative Fähigkeiten verfügen, da er sowohl die Perspektive des Unternehmens als auch die der Kunden verstehen und einbeziehen muss.
Cloud-Computing wird für IT-Unternehmen immer wichtiger. Daher steigt auch der Bedarf an Fachkräften die eine effektive Integration der Cloud fördern. Cloud-Architekten sind in der Lage sowohl die Unternehmensseite zu berücksichtigen, als auch die technischen Herausforderungen zu meistern.
Das Berufsfeld der Datenarchitekten gehört der IT-Architektur an. Der Data Architect identifiziert und beschreibt in Geschäftsprozessen zugehörige Daten und ihre Beziehungen. Zu den alltäglichen Aufgaben gehören Datenanalysen, Datenmodellierung, Datenintegration oder die Optimierung von Datenbanken. Der Bedarf an Datenarchitekten nimmt stetig zu.
Data Artists sind die Künstler in der Tech-Welt. Sie gestalten visuelle Hilfsmittel wie Graphen, Charts und Infografiken um komplexe Daten und Auswertungen für die anderen Unternehmensbereiche und Kunden verständlich zu machen. Erfolgreiche Data Artists vereinen Kenntnisse aus der Wissenschaft, Mathematik und Datenverarbeitung mit kreativen Fähigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit Gestaltungsprogrammen.
Mit den wachsenden Mengen an Daten steigt auch der Bedarf diese zu strukturieren. Damit befasst sich das Berufsfeld der Data Scientists, in Deutschland bekannt als Datenanalytsen. Mit Hilfe von Algorithmen extrahieren sie die für das Unternehmen nützlichen und verwertbaren Informationen aus den Datenmassen. In den USA ist die Ausbildung zum Data Scientist bereits sehr beliebt, in Deutschland steht sie noch relativ am Anfang. Datenanaylsten fühlen sich in der Mathematik und Statistik wohl. Sie arbeiten mit Datenbanken, Netzwerktechniken und Programmierungen.
Der Datenbankadministrator befassen sich mit den Datenbanksystemen eines Unternehmens. Dabei gilt es zum einem die Informationssysteme zu installieren, konfigurieren, betreiben, überwachen und pflegen. Zum anderen betreibt der Datenbankadministrator das sogenannte Changemanagement.
Auch der Information Broker, zu Deutsch Informationsvermittler befasst sich mit den entstehenden Datenmassen im Netz. Sein Berufsfeld ist aus der Verfügbarkeit von Online-Datenbanken entstanden. Für den Information Broker gibt es zwei mögliche Einsatzgebiete: zum einen kann er gegen ein Honorar die Recherche von Informationen übernehmen um Datenbanken zu "füttern", zum anderen kann er als Inhouse-Experte in einem Unternehmen tätig sein und die betrieblichen Datenbestände aufstocken. Ein professioneller Information Broker benötigt fundiertes fachliches und methodisches Wissen.
Hinter dem IT-Architekten verbirgt sich ein Informatiker mit speziellem Wissen. Er erarbeitet Planungs- und Orientierungsrahmen, anhand derer sich IT-Projekte erfolgreich realisieren lassen. Besonders wichtig ist der ständige Abgleich zwischen der Ist- und der Soll-Architektur eines Unternehmens.
Der IT-Auditor analysiert und bewertet IT-gestützte Geschäftsprozesse hinsichtlich ihrer Effizienz und Qualität, möglicher Risiken sowie der Einhaltung interner und externer Vorgaben. Er nutzt in seiner Arbeit Reports, um sicherzustellen, dass die Prüfungsziele effizient erreicht werden. Gleichzeitig beurteilt er die Risiken und Kontrollen des internen Kontrollsystems.
Das Berufsfeld des IT-Beraters ist weit gestreut. Im Allgemeinen beratet er Unternehmen im Bereich der Informationstechnik. Dies ist in der IT-Branche, in unterschiedlichen Wirtschaftsunternehmen oder in der öffentlichen Verwaltung, sowie bei Verbänden und Organisation möglich. Der IT-Berater benötigt Kenntnisse aus den Bereichen Informatik, Softwaretechnik und Betriebswirtschaft.
Größere Betriebe verfügen über Computeranlagen, mit denen Daten innerhalb des Unternehmens ausgetauscht werden können. Für deren Funktionsfähigkeit ist der Netzwerkadministrator zuständig. Er konfiguriert, betreibt, überwacht und pflegt Datennetze für Computer sowie integrierte Telekommunikationsnetze für Telefonie, Videokonferenzen oder Funknetze.
Der Requirements Engineer bewegt sich ähnlich wie der Business Analyst im Anforderungsmanagement. Sein Ziel ist es ein gemeinsames Verständnis zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber hinsichtlich des zu entwickelnden Systems zu erreichen.
Der SAP-Berater ermittelt die Anforderungen von Unternehmen an die betriebswirtschaftliche Software SAP und führt diese in Unternehmen ein. In einem weiteren Schritt bildet er die Angestellten in der Nutzung der Software aus. Dazu ist der Berater nicht bei SAP angestellt. Er arbeitet direkt beim Anwenderunternehmen, bei einem IT-Dienstleister, bei Unternehmen für Softwareentwicklung oder auf selbstständiger Basis.
Der Sicherheitsspezialist versucht Datenlecks zu vermeiden und eine Strategie zur IT-Sicherheit zu entwickeln. Security-Spezialisten werden in jedem Unternehmen benötigt, welches eine komplexe IT-Infrastruktur hat.
das Service-Level-Management, zu Deutsch Dienstgütemanagement befasst sich mit der Definition, Überwachung und Optimierung von Dienstleistungen in der IT-Branche. Der Service Level Manager ist verantwortlich die Leistungen der IT in Einklang mit den geschäftlichen Erwartungen zu bringen.
Der Software Engineering Specialist beschäftigen sich mit dem Design, der Entwicklung, der Instandhaltung und Evaluation von Software-Systemen.
Systemanalytiker, die im IT-Bereich arbeiten, modellieren Geschäftsprozesse und erstellen auf der Basis von Analysen die Anforderungen an IT-Systeme, die sie in Form von Anforderungsmodellen darstellen. Die Unterstützung eines Systemanalytikers ist vor allem dann von großer Bedeutung, wenn Prozessabläufe komplizierter werden. Die Hauptaufgaben eines Systemanalytikers bestehen darin, die Umsetzung und Installation von IT-Systemen fachlich zu begleiten sowie bereits bestehende anzupassen. Zudem müssen sie auch kommunikative Fähigkeiten bei Verhandlungen und Beratungen mit Kunden unter Beweis stellen.
Ein Testmanager prüft IT-Systeme, die sich noch in der Vorbereitungsphase befinden. Er ist für die Konzeption, Planung, Steuerung und Prüfung des Prozesses zuständig. Außerdem dirigiert er den Testprozess, indem er sowohl Vorgesetzte als auch Kunden stetig auf den neuesten Stand bringt, was Qualität und Fortschritte des Systems betrifft.
Webdesigner arbeiten in der Regel für Software- und Datenbankanbieter oder Multimediaagenturen. Ihre Aufgabe besteht darin, Internet-Auftritte zu betreuen. Während Webdesigner in kleineren Agenturen üblicherweise für Gestaltung, Aufbau und die Verwirklichung des Corporate Designs zuständig sind, übernehmen sie in größeren Betrieben oftmals vorwiegend die Pflege für Layout und Design der Webseiten. Bei weiterführenden Aufgaben stehen ihm dann weitere Sachkundige zur Verfügung.
„Es gibt durch die Digitalisierung eine riesige Nachfrage nach technischem Know-how. Heute ist jedes Unternehmen irgendwie auch eine Tech-Firma“, bestätigt Paul D’Arcy, Marketingleiter von Indeed USA. Und das Gute ist: Die Tech-Talente kommen nach Deutschland. Zahlen seines Unternehmens belegen, dass IT-Experten dem früheren Tech-Mekka London aufgrund der exorbitanten Lebenshaltungskosten den Rücken kehren und stattdessen nach München oder Berlin gehen.