Digitalisierung Gabriels Digitalisierungsbefehl ist realitätsfremd

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Digitale Unternehmen sind Facebook, Apple, Google


„Die Branchen sind teils weit voneinander entfernt, was die Digitalisierung angeht. Vorreiter sind der Handel und die IT- und Telekommunikationsindustrie – am wenigsten fortgeschritten ist der öffentliche Dienst“, sagt Hans-Werner Feick, Kienbaum-Geschäftsführer und Digitalexperte.

Stefanie Peters, Gründerin und Geschäftsführerin der Unternehmensberatung enable2grow, die auf das digitale Wachstum von Firmen spezialisiert ist, unterteilt die deutschen Betriebe in drei Kategorien: „Das eine Drittel hat verstanden, wie wichtig die digitale Transformation ist und hat auch verstanden, dass es sich um einen ganzheitlichen Prozess handelt und nicht nur ein neues IT-Projekt oder ein zusätzlicher Vertriebsweg ist.“ Das zweite Drittel wolle etwas tun, wisse aber nicht so recht, was, und versteige sich in blindem Aktionismus. „Das letzte Drittel schläft noch und ist der festen Überzeugung, von der Digitalisierung nicht betroffen zu sein. Dazu gehören Unternehmen aus der Baubranche, aus Chemie und Pharma und grundsätzlich aus dem B2B-Bereich mit physischen Gütern“, sagt Peters.

Vorreiter kommen aus den USA

Entsprechend selten taucht der Name eines deutschen Unternehmens in den Schlagzeilen auf, wenn es um digitale Trends und Projekte geht. In der Regel ist der Tenor eher "Jetzt ist auch Firma xyz aufgewacht". So zumindest das Ergebnis der Studie „Digitalisierung in den Medien 2015 - Auf der Suche nach den Digital Leadern“ von Unicepta, einer Gesellschaft für Medienanalyse. Google, Apple, Facebook und Amazon sind demnach die medial beachteten Vorreiter, gefolgt von Start-ups wie Uber oder AirBnB.

„Google und Apple gelten als mögliche neue Player in der Automobilindustrie. Amazon wandelt sich zum Logistikunternehmen, das Lieferwagen durch Drohnen ersetzen will“, heißt es in der Studie. Und weiter: „Die Wettbewerber in diesen Branchen sind altbekannte Großkonzerne aus der ersten Börsenliga: Daimler, BMW und VW. Daneben wird die Deutsche Telekom als klassischer Vertreter der deutschen Digitalbranche regelmäßig erwähnt.“ Andere Namen fallen nicht. Und auch die Medienanalysten sagen: Schuld sind die Unternehmen selbst. „Es fehlt an Vordenkern und Visionären.“ Kompetenzen seien nicht in einer Person gebündelt, sondern über verschiedene Stellen im Unternehmen verteilt.

Auch Peters sagt: „Wer Digitalisierungsexperten neu einstellt, muss sie zunächst zentralisieren: Es hilft nichts, an jedem Standort einen jungen Experten zu haben, der gegen die alten Strukturen kämpft. Sie gehören zentral in das crossfunktionale Digitalisierungsteam, damit die alten, gut vernetzten Hasen und die jungen 'digital natives' gemeinsam etwas bewegen können.“

Auf der Suche nach den Digital Natives

Aber wo bekommt man sie her, die Digital Natives mit den guten Ideen? Und die Frage nach dem Wo ist in diesem Fall deutlich wichtiger, als die nach dem Wie – jedenfalls, wenn IT-Experten gesucht werden. Und das werden sie laut der Staufenbiel-Studie „JobTrends 2016“: Demnach suchen die Unternehmen derzeit vor allem Wirtschaftswissenschaftler (mit 69 Prozent an erster Stelle) und Informatiker (52 Prozent der Nennungen) Stark steigend ist dabei vor allem der Bedarf an Wirtschaftswissenschaftlern in der IT-Branche. Gefragt sind auch Data Architekten, Security Spezialisten oder Cloud Manager.

Diese Tech-Jobs werden im Jahr 2020 gesucht

„Es gibt durch die Digitalisierung eine riesige Nachfrage nach technischem Know-how. Heute ist jedes Unternehmen irgendwie auch eine Tech-Firma“, bestätigt Paul D’Arcy, Marketingleiter von Indeed USA. Und das Gute ist: Die Tech-Talente kommen nach Deutschland. Zahlen seines Unternehmens belegen, dass IT-Experten dem früheren Tech-Mekka London aufgrund der exorbitanten Lebenshaltungskosten den Rücken kehren und stattdessen nach München oder Berlin gehen.

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