Digitalisierung Machtorientierte Führung hat ausgedient

Seite 2/3

Selbstbestimmung durch Schatten-IT

Und bei dem Austausch von Informationen hat in den vergangenen Jahren tatsächlich eine kleine Revolution „von unten“ stattgefunden. Plötzlich brachten Mitarbeiter die nützlichen digitalen Tools aus ihrem Privatleben hinein ins Unternehmensumfeld, um sich angesichts von veralteten Technologien besser auszutauschen und produktiver zu werden.

Und weil dies in vielen Fällen unerlaubt und quasi im Schatten der Unternehmen passierte, sprachen viele von der sogenannten Schatten-IT. Dabei beschreibt der zunächst negativ konnotierte Begriff eine der spannendsten Episoden in der Technologiegeschichte, die den alten Führungsprinzipien den Spiegel vorgehalten hat.

So geht der Wandel garantiert in die Hose
Los, ändere dich!Die Unternehmen haben sich den digitalen Wandel auf die Fahnen geschrieben. Das ist auch gut so, denn Unternehmen und Organisationen müssen sich laufend verändern, wollen sie nicht untergehen.  Doch gut gemeint ist häufig das Gegenteil von gut gemacht, wie Sebastian Morgner, Nina Leffers, Thomas Perry und Robert Wreschniok. Sie sind die Autoren von „Der ganze normale Change-Wahnsinn “ (erschienen am 02. Februar 2016 bei Murmann Publishers). Einer der klassischen Fehler ist laut einem ihrer Interviewpartner, dass der notwendige Wandel so überpräsent ist, dass er von vielen als Stress und Belastung empfunden wird. Quelle: Murmann Verlag
Blinder Aktionismus Quelle: Fotolia
Keine klare Antwort auf die SinnfrageMenschen mögen keine Veränderungen – „es war doch bisher alles in Ordnung so“. Wenn die Mitarbeiter nun auf einmal völlig anders, vielleicht sogar deutlich länger arbeiten sollen, als vorher, stellt sich die Frage nach dem Warum.  Quelle: Fotolia
Abstrakt statt konkretGenauso häufig setzen Führungskräfte auf abstrakte Kennzahlen statt plastischer Beispiele. Das macht Eindruck und Zahlen sind etwas Verlässliches. Da sich der Mitarbeiter unter „Sie müssen ihre Effizienz um 13,5 Prozent steigern, damit wir die Benchmark erreichen“, aber nichts vorstellen kann, wird daraus nichts. Oder, wie es im Buch heißt: „Wer sich bei der Herleitung von Veränderungsprogrammen ausschließlich auf quantitative Analysen, den Vergleich von Benchmarks, die Auswertung von Key-Performance-Indikatoren und die Bewertung quantitativer Alternativszenarien beschränkt, der wird mit ziemlicher Sicherheit scheitern.“ Quelle: Fotolia
Veränderung ist Chefsache„Grundsätzlich sollten Veränderungsziele nicht den Strategiechef motivieren, sondern diejenigen, auf deren Einsatz das Change-Projekt angewiesen ist“, schreiben die Autoren. Doch in der Regel erstellten Manager ihre Konzepte in geheimen Runden: in ihrem Duktus und mit den Zielen, die sie gerne erfüllt sähen. Wenn man fragt, wie sich die geplanten Veränderungen auf die Mitarbeiter auswirken – müssen sie länger oder anders arbeiten? – und was der Kunde davon hat, ernte man häufig irritierte Blicke. Quelle: Fotolia
Fit4ChangeApropos eigene Sprache: Wer etwas Wichtiges zu sagen hat und etwas auf sich hält, sollte das unbedingt in Büro-Denglisch verpacken, damit nachher auch niemand mehr weiß, worum es geht, aber alle ganz begeistert sind von der Eloquenz der Change-Managers. So schreiben auch die Autoren: „Es scheint Mode zu sein, Change-Initiativen nichtssagende Buzzwords zu verpassen, zum Beispiel »Fit for Future«, »Drive for Excellence«, »@change« oder »Fit4change«. Quelle: Fotolia
Pauschale Appelle»Wir müssen besser im Vertrieb werden«, »Wir müssen kundenorientierter werden«, »Wir müssen Top-Leistung erbringen«, »Wir müssen mehr auf Qualität achten«. Solche und ähnliche, eher leer klingende Appelle sind in vielen Unternehmen an der Tagesordnung. Sie schaffen vor allem eines: Verunsicherung. Der Einzelne fragt sich ständig: »Was bedeutet das für mich? Welche Konsequenzen hat das für mich?« Solange sich diese Fragen für ihn nicht lösen, tendiert er zur Blockade. Quelle: Fotolia

Denn während sich die Mitarbeiter die neuen Freiheiten der digitalen Welt schnell zu Eigen machten, versuchten Management und IT-Verantwortliche diese sofort einzudämmen und zu reglementieren. Sie mussten schnell einsehen, dass das Prinzip Abschottung in diesem Fall wenig Aussicht auf Erfolg hatte, da für viele Mitarbeiter die Vorteile der neuen praktischen Helfer für ihre Arbeit überwogen.

Tatsächlich skizzieren die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), dass es sich für Unternehmen auszahlt, auf ihre Mitarbeiter zu hören. Denn Unternehmen, deren Mitarbeiter mit der IT-Ausstattung zufrieden sind, sind nicht nur wesentlich produktiver.

Was die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigert

Sie sind auch mit den sonstigen Arbeitsbedingungen zufriedener als Kollegen, denen die gewünschten IT-Tools verwehrt bleiben, so das Fraunhofer IAO.

Ergo: Je selbstbestimmter Mitarbeiter arbeiten können, je mehr Mitsprache ihre Führungspersonen ihnen gewähren, umso motivierter werden sie. Zudem fühlen sich diese Mitarbeiter dem Unternehmen stärker verbunden und sie haben das Gefühl, dass sie einen direkten und größeren Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens haben.


Vom Kommandanten zum Mitgestalter

Während Mitspracherechte bis dato allerdings oft als Kontrollverlust oder Manko von Führungsqualitäten aufgefasst wurde, hat die Digitalisierung in jeder Hinsicht ein Umdenken eingeleitet. Führungspersönlichkeiten treffen nun auf Mitarbeiter, die stärker in Teams arbeiten; auf Kunden, die das Produkt in der Crowd selbst gestalten; und auf Partner, die in Entwicklung und Marketing miteingebunden sind.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%