Digitalisierung "Unternehmen brauchen keine digitalen Heilsbringer"

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Was soll ein Chef-Digitalisierer überhaupt tun?


"Immer mehr Unternehmen – auch im Mittelstand – haben erkannt, dass sie sich mit der Digitalisierung beschäftigen müssen. Und sobald diese Unternehmen das auch wirklich in Angriff nehmen wollen, kommt der Reflex, zu sagen: Wir suchen uns einen CDO und der macht das dann", sagt Uwe Gehrmann. Er ist Partner und Leiter der Praxisgruppen IT und Innovation bei der Managementberatung Atreus. "Die Gefahr ist immer, dass ein Unternehmen einen CDO einsetzt und dann denkt, damit ist alles erledigt. Doch so wird es nicht funktionieren."

Zwar gebe es Fälle, wo ein Hauptverantwortlicher, der den gesamten digitalen Prozess eines Unternehmens im Blick hat – Gehrmann spricht vom digitalen Projektleiter ist - sinnvoll sein könne. Er sagt jedoch ganz klar: "Meines Erachtens nach braucht es keinen CDO."

Umsetzer statt Impulsgeber

Viel wichtiger sei es, dass sich der CEO und der Vorstand gemeinsam überlegen, was Digitalisierung für ihr Unternehmen bedeutet - sowohl in der Gegenwart, als auch in der näheren Zukunft. "Daraus lässt sich eine konzeptionelle Ausgestaltung ableiten. Also: Was bedeutet das für die Produktion oder was bedeutet das für unseren Markt? Daraus entsteht eine digitale Roadmap."

So entwickeln Sie die richtige Digitalstrategie

Erst wenn es die gäbe, könne man nach einem CDO suchen, wenn man denn dann überhaupt noch einen benötigt. Sonst sei ja vorher gar nicht klar, was dieser digitale Superman tun soll. "Digitalisieren Sie mal" lässt sich schlecht in einer Zielvereinbarung festhalten, geschweige denn, dass Erfolge messbar sind. Gehrmann: "Ein CDO ist vielmehr Umsetzer als Impulsgeber."

Er gibt ein Beispiel: "Wenn wir als Beispiel ein Unternehmen betrachten, das rein im B2B-Geschäft tätig ist und uns hier einen Digitalisierungsansatz für B2C überlegen – also wie kommt das Unternehmen weg von dem zwei oder dreistufigen Vermarktungsansatz und direkt hin zum Kunden, ist das ein CEO-Thema, weil es eine direkte Veränderung des Geschäftsmodells zur Folge hätte und nicht nur das Marketing beträfe. Ein CDO könnte hier nur überlegen, welche Ansprüche ein Kunde hat und wie und wo er kaufen will."

Fünf Typen von CDO

Doch auch hier winkt Marketingprofi Dholakia ab. "Ich bin da sehr skeptisch. Die Idee an sich ist ja gut, nur die Ausführung ist meistens falsch", sagt er. "Statt einem externen Heilsbringer, der das Unternehmen überhaupt nicht richtig kennt, sollten CEOs lieber in ihrem eigenen Unternehmen nach Leuten suchen, die nahe am Kunden und mit dem Unternehmen verwurzelt sind. Das kann der Marketing-Chef sein oder der Leiter der Finanzabteilung – es können aber auch genauso gut mehrere Personen sein."

Ein häufiger Fehler der Unternehmen ist laut ihm, dass viele gar keine Vorstellung haben, was der Digitalisierungsexperte tun soll, wenn das Unternehmen nun auch mobil seine Produkte und Dienstleistungen anbietet. "Wenn man sich unbedingt einen CDO von außen holen will, sollte man den so schnell ins Unternehmen integrieren, wie man kann. Denn ein guter CDO macht sich binnen drei Jahren selbst überflüssig. Also sollte man ihn zwar als CDO holen, aber dann zum Marketingexperten oder was auch immer machen, damit er über die Transformation hinaus eine Funktion hat."

Sonst sitzt der teure CDO nach einem halben Jahr in seinem Büro mit Panoramablick und dreht Däumchen. Vorausgesetzt, er hatte vorher mehr zu tun. Denn oftmals ist nicht nur dem Vorstand gar nicht so recht klar, was der CDO eigentlich tun soll, sondern auch den Mitarbeitern nicht.

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