Diversity Management „Solange es eine Mehrheit gibt, setzt sie sich durch“

Diversity in Unternehmen Quelle: Getty Images

Die Telefónica-Personalvorständin Nicole Gerhardt erklärt, warum es so schwierig ist, vielfältige Teams zu führen, dass die Mischung aus Männern und Frauen nicht alles ist und welche Rolle der Mut der Minderheit spielt.

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Frau Gerhardt, Sie sind eine von zwei Frauen im Vorstand von Telefónica Deutschland. Macht das Gremium wegen dieser Mischung eine bessere Arbeit?
Nein, das liegt nicht an der Geschlechterverteilung. Die ganze Diversity-Debatte läuft ohnehin mittlerweile in eine einseitige Richtung.

Was meinen Sie damit?
Im Jahr 2007 gab es eine Studie, wonach Teams aus Männern und Frauen bessere Ergebnisse erzielen. Seitdem reduzieren wir die Debatte über Vielfalt auf das Geschlecht. Das ist ein Fehler. Gender Diversity ist nur ein Teil von notwendiger Diversität in Teams.

Woran machen Sie das fest?
Bei der täglichen Arbeit bemerke ich kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Die Lebensläufe und Karrieren unterscheiden sich kaum noch. Die Frauen bringen gleiche berufliche Erfahrungen mit, sei es aus Beratungsunternehmen oder anderen Konzernen und wissen, was sie tun müssen, um im Unternehmen wirksam zu werden.

Nicole Gerhardt ist seit August 2017 Personalvorständin bei Telefónica Deutschland. Die studierte Juristin hat zuvor unteranderem auch für ProSiebenSat1 und Vodafone gearbeitet. Quelle: Presse

Also sollen Unternehmen ihre Vorstände wieder mit alten, weißen Männern besetzen?
Nein, auf keinen Fall. Wir leben in einer sehr komplexen Welt, und diese Komplexität muss sich in den Teams widerspiegeln. Aber es muss um kognitive Diversität gehen.

Was verstehen Sie darunter?
Als ich vor fast einem Jahr bei Telefónica anfing, habe ich mir ein neues Führungsteam zusammengestellt. Das Team bringt ganz unterschiedliche Erfahrungen mit und jeder von ihnen hat einen anderen Schwerpunkt. So haben wir nun Erfahrungen, zum Beispiel aus dem Finanzbereich, aus der Strategieberatung, aus dem Steuern großer Unternehmensprogramme oder auch starkes Prozess-Know-How. Jeder hat diese Erfahrungen in unterschiedlichen Kontexten gesammelt. Damit ergeben sich ganz automatisch neue Sichtweisen auf Herausforderungen und mögliche Lösungen. Klar sind Männer und Frauen dabei, aber darum geht es gar nicht – es geht um die unterschiedlichen Denkweisen.

Und das führt zu besseren Entscheidungen?
Davon bin ich überzeugt. Aber man darf sich nichts vormachen, es ist harte Arbeit, ein solches Team zu führen. In dieser Konstellation zu Entscheidungen zu kommen, ist deutlich schwieriger als bei einer homogenen Gruppe.

Warum?
Wenn alle aus der gleichen Perspektive ein Problem betrachten, einigt man sich schnell auf eine Lösung. Niemand stellt deren Richtigkeit in Frage. In einer bunt gemischten Gruppe sieht das schon anders aus. Der Erste gibt seine Einschätzung ab, der Zweite hält seine eigenen Erfahrungen dagegen. Das führt auch zu Konflikten.

Wie lösen Sie die?
Indem wir viel kommunizieren und uns vor Augen führen, was gerade passiert. Unsere Meetings enden immer mit einer Retrospektive, in der wir uns überlegen, was wir beim nächsten Mal als Team besser machen wollen. Darüber hinaus benötigt es neue Kompetenzen, wie wir zum Beispiel konstruktiv mit Konflikten umgehen und anderen offen zuhören können und insbesondere, wie man nicht immer wieder nur seine Meinung vertritt. Wichtig ist auch, sich anderen Perspektiven zu öffnen, um dann zu dem bestmöglichen und gemeinsam getragenen Ergebnis zu kommen. Es ist also intensive Arbeit, ein diverses Team zu formen. Das erfordert Geduld.

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