Dividenden Liebe Autobosse, nehmt euch ein Beispiel am Mittelstand!

Volkswagen um Vorstandschef Herbert Diess erhöht seine Dividende auf 7,56 Euro. Quelle: dpa

Die deutschen Autobauer beglücken ihre Aktionäre mit üppigen Dividenden. Gleichzeitig schicken sie ihre Belegschaft auf Steuergeld in Kurzarbeit – und offenbaren so ihr mangelndes Verantwortungsgefühl. Ein Kommentar.

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Für seine Aktionäre hat der Autokonzern Mercedes-Benz gute Nachrichten mit zur Hauptversammlung an diesem Freitag gebracht: Fünf Euro Dividende gibt es in diesem Jahr pro Aktie. Vier Mal so viel wie noch im vergangenen Jahr. Und auch die Rivalen aus München und Wolfsburg geben sich dieses Mal besonders spendabel: BMW erhöht die Dividende auf 5,80 Euro, VW gar auf 7,56 Euro. Damit gehören die Autobauer unter den 40 Dax-Konzernen zu den großzügigsten Unternehmen. Nur bei den beiden Versicherungskonzernen liegt die Dividende noch höher.

Für die meisten Menschen im Land aber sind das eher schlechte Nachrichten: Sie finanzieren diesen Geldregen nämlich.

Denn alle drei Autokonzerne haben in den vergangenen Monaten nicht nur üppige Gewinne gemacht. Sie haben ihre Belegschaften an wechselnden Standorten auch immer wieder in Kurzarbeit geschickt. Kurz zur Erinnerung: Das Kurzarbeitergeld, das Angestellte in solchen Fällen erhalten, kommt zwar aus einem Topf, den Arbeitgeber wie Beschäftigte mit ihren Beiträgen füllen. Doch schon im ersten Jahr der Pandemie erwies er sich als zu klein. Der Bund gab sieben Milliarden Euro aus Steuergeld dazu. Im vergangenen Jahr, auf das sich auch die nun so großzügigen Dividenden der Autohersteller beziehen, kamen sogar 17 Milliarden Euro aus der Staatskasse.

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Nun ließe sich natürlich argumentieren, dass börsennotierte Konzerne in erster Linie ihren Aktionären verpflichtet sind. Aber passt das wirklich noch in die aktuelle Zeit, in der Klimawandel, Pandemie und Krieg uns Tag für Tag zeigen, dass es gesamtgesellschaftliche Anstrengungen braucht, um Krisen zu lösen? Und hat ein Konzern wirklich das Wohl seiner Aktionäre im Blick, wenn er die Gewinne nun in hohe Dividenden steckt – statt in die Stabilisierung seiner Lieferketten und die Entwicklung neuer Technologien, um so die eigene Zukunft und eben auch künftige Gewinne zu sichern?

Nein, die üppigen Dividenden der Autokonzerne sind kurzsichtig. Und sie nähren bei vielen die Zweifel an der sozialen Marktwirtschaft – und die Überzeugung, dass doch ohnehin nur die Gewinne privatisiert, Verluste hingegen sozialisiert werden. Das ist eine gefährliche Entwicklung in einer Zeit, in der unsere Gesellschaft immer weiter auseinanderdriftet.

Dass es durchaus auch anders geht, zeigen nicht nur viele familiengeführte Mittelständler, die in den vergangenen Monaten Verantwortung übernommen und aufs Kurzarbeitergeld verzichtet haben. Es zeigt auch der ebenfalls im Dax notierte und vom Lieferkettenchaos der vergangenen Monate nicht minder betroffene Konsumgüterhersteller Henkel. Er belässt die Dividende auf dem Niveau des Vorjahres. Hat dafür aber in der Coronakrise auf Staatshilfe verzichtet.

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