Ehrfurchtseffekt Charismatische Chefs werden nicht kritisiert

Der Chef ist ein wichtiger Motivationsfaktor: Wer einen charismatischen Chef hat, geht gern zur Arbeit - und verkneift sich Kritik: Viele Mitarbeiter erstarren regelrecht in Ehrfurcht. Das kann dem Unternehmen schaden.

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Mitarbeiter charismatischer Chefs trauen sich oft nicht, Kritik zu üben. Quelle: Fotolia

Wie man es macht, man macht es verkehrt: Vorgesetzte sollen Charakterköpfe sein, Menschen mit Ecken und Kanten, die ihre Mitarbeiter begeistern und fair beurteilen können. Wenn sie das alles hinkriegen, sind die Angestellten glücklich und zufrieden - und vor allem motiviert. Und sie erstarren in Ehrfurcht vor ihrem Super-Chef und kritisieren ihn nicht. Das zeigt eine Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management. Demnach trauen sich Mitarbeiter besonders charismatischer Manager nicht, sich offen zu äußern. Das kann zu emotionaler Erschöpfung, weniger Zufriedenheit und unzureichendem Austausch an Informationen führen – und damit dem Unternehmen - zumindest auf lange Sicht - schaden.

"Obwohl die Ehrfurcht, die ihnen entgegen gebracht wird, die Position von Führungskräften stärkt, schadet Ehrfurcht der Zusammenarbeit und dem Ideenaustausch der Mitarbeiter innerhalb einer Arbeitsgruppe", fasst Jochen Menges von der WHU, Autor der Studie, die Ergebnisse zusammen.

Und weiter: "Das kann dazu führen, dass die Aussagen von charismatischen Führungskräfte nicht hinterfragt werden und die Mitarbeiter in ihrem moralischen Urteilsvermögen eingeschränkt sind."

Und was heißt das nun für Führungskräfte? Sollten die sich verstellen und lieber den unfähigen Unsympath rauskehren, damit keiner eingeschüchtert ist? Die Experten von der WHU raten Charismatikern dazu, sich in bestimmten Situationen bewusst zurücknehmen und verschiedene Betrachtungsweisen zu einem Thema anzubieten. Sie sollen ihren Mitarbeitern Raum geben, sich selbst auszuprobieren und auszudrücken. Bleibt nur die Frage, wie Manager herausfinden, ob ihre Mitarbeiter sie für charismatisch halten und sich nicht trauen, Kritik zu üben.

Da wäre es vermutlich sinnvoller, wenn sich die Mitarbeiter klar machen, dass auch der Super-Chef nur mit Wasser kocht.

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