Entlassungswelle Schonend kündigen - geht das?

Weltweit setzen Unternehmen den Rotstift an: Die Deutsche Bank, HypoVereinsbank oder auch Bosch kündigen zigtausend Mitarbeitern. Das ist für beide Seiten nicht einfach. Für Manager gibt es da einige Regeln.

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Fujitsu streicht 400 Jobs
Fujitsu Der japanische Elektronikkonzern Fujitsu will einem Zeitungsbericht zufolge in Deutschland 400 bis 500 Arbeitsplätze abbauen. Eine endgültige Entscheidung solle nach Verhandlungen mit den Beschäftigten fallen, berichtete die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei". Insgesamt beschäftigt der Konzern hierzulande 12.000 Menschen. Die Stellenstreichungen beträfen hauptsächlich Entwicklung und Informationstechnik. Bereits am Dienstag hatte der Konzern bekanntgegeben, in Großbritannien 1800 Jobs zu streichen. Das entspricht 18 Prozent der Belegschaft dort. Insidern zufolge könnte sich Fujitsu künftig auf IT-Dienstleistungen konzentrieren. Mit dem weltgrößten Computer-Hersteller Lenovo verhandelt das Unternehmen offenbar über einen Verkauf des PC-Geschäfts von Fujitsu. Quelle: REUTERS
Lufthansa Technik Quelle: dpa
DAK Gesundheit Quelle: dpa
EnBWDer Energieversorger baut weiter Stellen ab: Die Energie Baden-Württemberg werde sich aus dem Strom- und Gasvertrieb an Großkunden der Industrie zurückziehen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Davon seien 400 Beschäftigte betroffen, denen ein Aufhebungsvertrag oder ein alternativer Arbeitsplatz im Konzern angeboten werde. Auch im Privatkundengeschäft, der Energieerzeugung und der Verwaltung steht demnach Stellenabbau bevor, der noch nicht beziffert wurde. In den vergangenen zwei Jahren waren bereits rund 1650 Stellen weggefallen. Quelle: dpa
Intel Quelle: REUTERS
Nokia Quelle: dpa
Der IT-Konzern IBM plant in Deutschland offenbar einen massiven Stellenabbau Quelle: dpa

Die italienische Großbank Unicredit entlässt bis 2018 rund 18.200 Mitarbeiter. Davon betroffen ist auch die deutsche Tochter HypoVereinsbank (HVB). Bei der Bosch-Tochter Bosch Rexroth sollen in den kommenden drei Jahren in Deutschland bis zu 1150 Mitarbeiter gehen, bei der Deutschen Bank wird konzernweit ein Viertel aller Stellen abgebaut.

Gemeinsam haben die Fälle eines: Die Entscheidung fällt ganz oben – immer aus nachvollziehbaren Gründen – und die Führungskräfte in den unteren Reihen müssen ihren Leute sagen, dass und bis wann sie ihre Schreibtische zu räumen haben.

So entschließt sich Unicredit-Vorstandschef Federico Ghizzoni, die Kosten seines Unternehmens um 1,6 Milliarden Euro zu senken. Und in den HVB-Zentralen in München und Hamburg muss nun irgendein vermutlich genauso überraschter Manager 1200 Mitarbeitern die Kündigung überreichen. Keine leichte Aufgabe. „Wer in einer Sandwich-Position ist, muss möglicherweise etwas transportieren, was ihm gar nicht gefällt oder ihn sogar selbst betrifft“, sagt Jörg Wirtgen, Gründer und Geschäftsführer der Berliner Managementberatung WM-Consult.

Tipps für das Kündigungsgespräch

Der Wirtschaftspsychologe berät Manager der ersten und zweiten Führungsebene. Im schlimmsten Fall kündigt sich der Überbringer der schlechten Nachrichten also gleich selbst. Doch auch wenn der Vorgesetzte selbst verschont bleibt, ist das kein leichter Job, wie Wirtgen weiß. „Entlassungen sind immer eine schwierige Situation für Führungskräfte: Sie müssen zum einen die Position ihres Unternehmens vertreten, sie vertreten außerdem sich selbst und sie haben die Verantwortung für ihre Mitarbeiter.“

Wie sage ich’s meinen Mitarbeitern?

Entsprechend haben viele Verantwortliche regelrecht Angst vor dem Gespräch mit ihrem Team. Wie soll man die Botschaft verpacken, wie reagieren die Mitarbeiter, wie geht man mit deren Reaktionen um? „Die größte Herausforderung, vor der Unternehmen in diesem Prozess stehen, ist die Emotionalität aller Beteiligten. Da sind viele überfordert“, bestätigt Anja Schauenburg. Sie ist Geschäftsführerin der Outplacementberatung „Die Personalumbauer“ und begleitet seit mehr als zwölf Jahren Umbauprojekte bei Mittelständlern und Konzernen wie Kodak oder auch der HSH Nordbank, die schmerzhafte Einschnitte vornehmen mussten.

Fünf wichtige Schritte nach der Kündigung
1. Schritt: Ruhe bewahrenKlingt banal, fällt aber vielen schwer. Jede Karriere hat ihre Höhen und Tiefen, und Brüche im Lebenslauf sind heute nicht mehr so problematisch. Als Führungskraft haben Sie immerhin nachweislich Erfolge erzielt. Jetzt müssen Sie diese sinnvoll vermarkten. Quelle: Fotolia
2. Schritt: Formalitäten klärenUnterschreiben Sie einen Aufhebungsvertrag, handeln Sie die Abfindung aus, fordern Sie ein Arbeitszeugnis. Vielleicht können Sie früher ausscheiden, wenn Sie eine neue Position gefunden haben. Bei den Formalitäten sollten Sie sich von einem Arbeitsrechtler begleiten lassen. Der klärt juristische Feinheiten und versachlicht die Diskussion. Quelle: Fotolia
3. Schritt: Trennung analysierenWelchen Anteil hatten Sie selbst an der Trennung? Hätten Sie etwas besser machen können? Wie können Sie sich künftig für solche Situationen wappnen? Die Antworten helfen Ihnen nicht nur dabei, sich vom alten Job zu lösen- sondern auch, sich auf eine neue Herausforderung einzulassen. Quelle: Fotolia
4. Schritt: Abschied kommunizierenMan sieht sich immer zweimal - daher sollten Sie sich vernünftig verabschieden. Etwa von Mitarbeitern oder wichtigen Kunden. Fordern Sie Rückmeldungen ein, fragen Sie nach Ihrer Wirkung - daraus können Sie Informationen für den nächsten Job ziehen. Quelle: Fotolia
5. Schritt: Job suchenSollten Führungskräfte jede Stelle annehmen oder auf den perfekten Job warten? Experten raten zum vorübergehenden "Downshifting". Allerdings sollte die Position Entwicklungschancen bieten. Der Schritt in die Selbstständigkeit sollte nie aus Verzweiflung geschehen, sondern um Zeit zu überbrücken - oder eben aus voller Überzeugung. Quelle: Fotolia

Schauenburg erzählt von einem Beispiel, bei dem ein Vorgesetzter vor sein Team trat und eine Karte mit dem Filialnetz zeigte. Die Filialen waren mit roten und grünen Punkten markiert. Ohne weitere Erklärung habe er den Mitarbeitern verkündet, dass es die Filialen, die mit einem roten Punkt markiert waren, ab sofort nicht mehr geben werde. Keine wirklich gute Vorgehensweise. aber so sollte man es nicht tun. Denn mit dem Jobverlust geht eine existenzielle Bedrohung einher. Für den Vorgesetzten ist die unangenehme Situation nach Verlassen des Raumes vorbei, die Mitarbeiter haben ein längerfristiges Problem.

Und: Anders als die, die entlassen werden, gibt es für die Führungskräfte Tipps, wie man richtig, also mitarbeiterschonend, kündigt. „Wer eine Entlassung verkündet, muss vermitteln, warum das notwendig ist: Geht es um die Zukunftsfähigkeit oder das Überleben des Unternehmens?“, so Wirtgen. „Es muss ganz klar sein, warum man das tut. Und die Botschaft muss echt, authentisch und empathisch sein. Man kann nicht nur einen Chart aufhängen und sagen: Wir müssen sparen.“

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