"Man wird einsam da oben", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche kürzlich dem Magazin der "Süddeutschen Zeitung". Und diese Isolation wirkt sich auch auf die Entscheidungen aus. Darauf deuten zum Beispiel mehrere Versuche hin, die die Psychologin Priyanka Joshi von der University of Southern California vor wenigen Monaten veröffentlichte.
Für ihre Experimente teilte sie Hunderte von Freiwilligen in zwei Gruppen. Die Teilnehmer in Gruppe A schlüpften in die Rolle von Führungskräften oder erinnerten sich an ein Ereignis, bei dem sie Einfluss verspürt hatten. Die in Gruppe B versetzten sich in Untergebene oder dachten an eine Alltagssituation. Mit anderen Worten: Die eine Hälfte wurde gedanklich auf Macht gepolt, die andere nicht. Nun fragte Joshi alle Teilnehmer, ob sie lieber eine Summe sofort oder in einem Jahr einen noch größeren Betrag erhalten wollten.
Bisherige Studien hatten gezeigt: Die meisten Befragten wählen die schnelle Prämie. Doch Joshi bemerkte: Die Macht-Gruppe wählte wesentlich häufiger die größere Belohnung. Offenbar verleiht das Gefühl von Einfluss Sicherheit. Macht schwächt die Angst vor der ungewissen Zukunft. Deshalb verleitet sie dazu, auf den sprichwörtlichen Spatz in der Hand zu verzichten – und stattdessen lieber auf die Taube auf dem Dach zu warten.
Das heißt aber noch lange nicht, dass Mächtige stets bessere Entscheidungen treffen. Jene an der Spitze neigen häufig dazu, sich mit Ja-Sagern zu umgeben. Oder sie bezahlen für vermeintlich professionelle Entscheidungen. Unternehmensberater erstellen Konzepte für Sanierungen, Coaches helfen bei der Karriereplanung. Doch teurer Rat ist nicht zwangsläufig gut, ganz im Gegenteil. "Unsere Gedanken fokussieren sich auf das Geld, das wir für die Hilfe bezahlt haben", sagt zum Beispiel Francesca Gino von der Harvard Business School, "und nicht auf die Entscheidung an sich." Die Psychologin hat in zahlreichen Experimenten herausgefunden, dass sich Menschen von Ratschlägen vor allem dann blenden lassen, wenn sie dafür Geld ausgegeben haben. Der Grund: Je komplexer die Situation, desto schwächer unser Selbstbewusstsein.
Wenn Sie glauben, dass die Lösung einfach ist, hören Sie sich die Tipps von Kollegen und Angestellten trotzdem an. Falls Sie vor einem vermeintlich unlösbaren Problem stehen, seien Sie sich bewusst, dass Sie umso empfänglicher für Ratschläge sind – obwohl die nicht zwangsläufig zu einer besseren Entscheidung führen.