EntscheidungsMacher „Wir können nicht mehr tun, als gute Zahlen zu liefern“

Enis Ersü, Vorstandschef von Isra Vision. Quelle: Presse

Isra Vision baut Augen für Roboter. Vorstandschef Enis Ersü formte aus der Firma einen Börsenkonzern. Das Unternehmen ist schuldenfrei – Grund genug für die WirtschaftsWoche, Ersü zum EntscheidungsMacher zu nominieren.

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Welche Manager handeln richtungsweisend? Dieser Frage widmen sich die WirtschaftsWoche und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in der Serie EntscheidungsMacher. Die Redaktion nominiert Kandidaten, eine Jury wählt die Gewinner. Die erste Auflage 2017 gewann Osram-Chef Olaf Berlien, in der zweiten Runde 2018 siegte TUI-CEO Friedrich Joussen. Nun geht der Wettbewerb in die dritte Runde.

Enis Ersü erinnert sich noch gut daran, wie er im Handelsraum stand und die Glocke läuten durfte, mit der neue Unternehmen an der Frankfurter Börse begrüßt werden. Ein bisschen unwohl habe er sich gefühlt, sagt der 66-Jährige. Es war das Jahr 2000, und der Internethype war auf dem Höhepunkt angekommen. Reihenweise brachten Unternehmer ihre Firmen an die Börse, teilweise mit nicht viel mehr als einer Idee in der Tasche.

„Links und rechts von mir standen Gründer, die waren erst Anfang 30 und träumten von astronomischen Börsengewinnen“, sagt Ersü. Er war da bereits 47 Jahre alt, ein bodenständiger Ingenieur, und seine Firma hatte auch schon etwas produziert. Isra Vision baut Augen für Roboter. Soll der Arm einer Maschine etwa ein Glas auf dem Tisch greifen, hilft seine Kamera ihm dabei, das Glas zu lokalisieren. Unternehmen setzen sie in der Produktion ein.

Die meisten Firmen, die am Neuen Markt gelistet wurden, gibt es heute nicht mehr. Isra Vision hat nicht nur überlebt: Seit dem Börsengang ist der Gewinn in jedem Jahr prozentual zweistellig gestiegen. Das Umsatzwachstum blieb nur in einem einzelnen Jahr einstellig. Das Unternehmen ist schuldenfrei – Grund genug für die WirtschaftsWoche, Ersü zum EntscheidungsMacher zu nominieren.

Im Börsenwert spiegelt sich die Erfolgsgeschichte nicht immer. Zwischen August 2018 und Dezember 2018 etwa fiel der Kurs um mehr als die Hälfte. „Wir können nicht mehr tun, als gute Zahlen zu liefern“, sagt Ersü. Investoren gibt er eigentlich keinen Grund zur Klage. Der Vorstand setzt sich alle paar Jahre neue Wachstumsziele, die er bislang auch erreicht hat. Isra Vision generiert keinen Umsatz auf Kosten des Gewinns. Das sei für Ingenieure häufig schwer, sagt Ersü. „Sie sind meist so in ihre Produkte verliebt, dass sie vergessen zu rechnen.“

Dabei ist Isra Vision nie stehen geblieben. 15 Prozent von 153 Millionen Euro Umsatz flossen im vergangenen Jahr in die Forschung.

Nur eines ist Ersü bislang nicht gelungen: einen Nachfolger zu finden. 2012 hatte er angekündigt, spätestens 2017 in Rente gehen zu wollen. Der 66-Jährige sucht seitdem einen Manager von außen, „damit das Unternehmen neue Impulse bekommt“. Laut Ersü muss ein Kandidat gefunden werden, „der sich vom Isra-Vision-Virus anstecken lässt“. Was er damit meint: „Wenn ein Kunde wie Daimler ein Problem eskaliert, mobilisiert sich das gesamte Team – vom Servicetechniker bis zum Vorstand.“ In Konzernen seien die Führungskräfte aber oft weit weg von der Basis. „Wir suchen jemanden, der technologisch bei Isra Vision mithalten kann und gleichzeitig unsere Leidenschaft lebt.“

Den Verdacht, dass er vielleicht einfach nur nicht loslassen kann, lächelt Ersü weg. Zwar sei er noch sehr fit. Für die Zukunft des Unternehmens sei es dennoch gut, wenn bald klar würde, wie es nach dem „alten Greis“ bei Isra Vision weitergehe. Ersü hat sich dafür noch mal ein neues Ultimatum gesetzt. Mit 70 Jahren will er definitiv aus dem operativen Geschäft ausscheiden.

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